Superhirn Sammelband
arbeitet?« flüsterte Henri, Kopf an Kopf mit Superhirn am Telefonhörer. »Und wie besessen? Frag mal, woran sie arbeitet!«
»An Kinderkleidern!« war die prompte Antwort. »Sie hat einen Großauftrag von einem Institut…«
»Institut?« rief Superhirn. Beinahe verlor er die Beherrschung. Doch schon tönte Michas Stimme verwundert und erklärend zugleich:
»Wieso denn nicht? Ein Kinderheim – mit Größeren, die immer kleiner werden.
»Waaas werden die?«
»Na, es sind eben größere und kleinere Kinder!« erwiderte Micha ungeduldig. »Wie die Orgelpfeifen. Was ist dabei? Es sind wohl auch 'n paar Babys darunter! Jedenfalls arbeitet Madame Dingdong mit ihrem Mann an zwei Nähmaschinen – und ich darf helfen. ich schneide Hosen kürzer, Ärmel – ach ja, und ich sortiere Schuhchen!«
»Schuhchen?« betonte Superhirn, als habe er nicht recht gehört.
»Das macht Spaß!« versicherte Micha. »Mal was anderes! Und ich darf so viel Kompott und Kuchen essen, wie ich will! Wirklich – ich bin prima versorgt! Morgen bringt mich Madame wieder zu euch!«
»Grüße sie schön, hörst du?« sagte Superhirn eindringlich. »Und wenn du was Tolles beobachtest – paß genau auf: Wenn dir irgendwas unheimlich vorkommt, dann laß dir nichts anmerken! Wiederhole jetzt nichts und, frag auch nicht weiter: Sobald du merkst, da dreht einer durch, dann mach dich davon!«
»Hier dreht keiner durch!« antwortete Micha, die Mahnung mißachtend, nichts zu wiederholen.
»Ich fühle mich pudelwohl!«
»Zwecklos«, sagte Superhirn, als er den Hörer eingehängt hatte. »Die beiden Dingdongs spinnen: Sie schnipseln da wie die Blöden Kinderkleider zurecht, gleich an zwei Nähmaschinen - und Micha sortiert Kinderschuhe und fühlt sich pudelwohl.«
»Unser Pudel fühlt sich nicht so wohl.« bemerkte Tati mit Galgenhumor.
»Ich ha-ha-habe meine Taschenlampe gefunden.«, ließ sich Prosper vernehmen.
»Seid mal still!« rief Henri. »Hört ihr nichts? Da draußen quäkt eine Sirene, ein AmbulanzSignal!« Er spähte durch eins der kleinen, tiefgemauerten Gitterfenster: »Vor dem Turm steht ein Auto mit Drehlicht. ich sehe zwei Schatten. Zwei Gestalten! Sie wollen in unseren Turm!«
Superhirn tastete wie ein Wilder die Wand neben dem Telefonkasten ab: »Gott sei Dank«, murmelte er, »ich hab den Stabscheinwerfer!« Er schaltete ihn ein. Sofort durchschnitt ein scharfer, breiter Lichtkegel den Raum.
Gefolgt von Loulou, der sich wie rasend gebärdete, eilten die vier jugendlichen in den Vorraum. Ehe sie den schweren Riegel zurückschoben, brüllte Henri:
»Wer ist da?«
»Der Chef!« antwortete eine bekannte Männerstimme. »Professor Kyber! Superhirns Onkel!
Macht rasch auf, es ist wichtig. Lebenswichtig…!«
– 3 –
Der Chef schrumpft – und eine Todesuhr läuft
Der Leiter des Instituts stürmte mit seinem Begleiter herein. Professor Victor Kyber war eher zierlich und nicht besonders groß. Stets gab er sich freundlich und zurückhaltend, doch man sagte von ihm, er sei unerschütterlich wie ein Fels.
»Alles in Ordnung?« fragte er, in Superhirns Handscheinwerfer blinzelnd. Er wies auf seinen Begleiter: »Der Kantinenchef, Monsieur Roller!«
War es schon seltsam, daß Kyber bei diesem Sturm einen Besuch im Gästequartier machte, so verblüffte die Anwesenheit des Kantinenwirts erst recht.
»Was will der denn?« flüsterte Tati Prosper zu.
»Ich wünschte, Onkel Victor, du hättest einen Elektriker mit«, sagte Superhirn. »Wir feiern hier so 'ne Art ,italienische Nacht'!«
Sie traten in den von drei Kerzen notdürftig erhellten Eßraum.
»Stromausfall herrscht in ganz Brossac«, erwiderte Kyber, dem von der vielgerühmten Unerschütterlichkeit nicht viel anzumerken war. Er trug kein Wetter zeug und keinen Schutzhelm, sondern einen Laborkittel. Der Kantinenwirt hatte sogar seine Küchen schürze um!
Beide Männer waren durchnäßt, ihre Haare trieften vom Regen.
»Bei uns läuft nur ein Aggregat in den medizinischtechnischen Labors«, fuhr der Professor fort. Dringlich wiederholte er: »Bei euch alles in Ordnung? Seid ihr jetzt vollzählig?«
»Gérard hat sich noch nicht gemeldet«, antwortete Henri. »Und Micha übernachtet bei Madame Dingdong.«
Kyber wandte sich auf der Stelle um und starrte zu Henri, dessen Schatten im Kerzenschein schwankte: »Bei der Putzfrau? In ihrem Haus …?«
»Er ist dort untergekrochen«, sagte Tati.
»ich versuchte dich anzurufen, Onkel Victor«, meldete sich Superhirn. »Einmal
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