Superhirn Sammelband
also« sagte er knapp.
Gérard hob die Hände, als hätte seine Fußballmannschaft 1:10 verloren. Sein Seufzen deutete an: Mußte das sein? Mußtest du das zugeben …?
Doch Superhirn stand keineswegs wie ein reuiger Sünder da. Er schnellte vor, nahm Professor Flohr die Bilder aus der Hand und legte sie auf den Tisch. indem er auf das Bild mit dem Birnbaum deutete, fragte er den Rentner scharf:
»Wie lange sind die Blätter schon weiß?«
»Fünf oder sechs Tage …« erwiderte Monsieur Ligny unsicher. »Ich weiß das nicht so genau. Ich sehe nicht gut, und von Baie kommt auch immer Staub herüber, weißer Chemiestaub. Erst, als meine Frau von der Reise zurückkam, sagte sie: Mit dem Birnbaum ist was los, der ist krank, die Birnen werden wieder nicht. Diesmal sehen sie aus wie Waschpulver! Ja, da hab ich mir das genauer angeguckt. Auch der Stamm war wie von einem weißen Schimmelpilz überzogen.«
»Es war keine gute Birnensorte, nicht wahr?« fragte Superhirn. »Ihre Frau erinnerte indirekt an die vorigen Ernten. Stimmt's?«
Der Rentner Ligny machte ein Gesicht, als bereue er es längst, die ganze Sache ins Rollen gebracht zu haben.
»Trotzdem«, murrte er. »Als ich dich mit der Birne wegrennen sah …«
»… haben Sie Ihre Frau angeschwindelt, der Baum hätte sich nur durch systematische Vergiftung schlecht entwickelt. und endlich haben Sie sich das selber eingeredet, weil ja auch ein Stück der Hecke weiß war!«
»Das Weiße ist aber erst seit einigen Tagen da!« beteuerte Ligny. »Und was hattest du bei meinem Garten zu suchen? Ich hatte wirklich Angst um meine Pflanzen!«
»Ich auch!« sagte Superhirn ernst. »Ich bin mit dem Rad öfter die Abkürzung von Brassac-Baie nach Brossac-Centre gefahren. Ihr Garten liegt einsam, und er ist recht hübsch. Da fiel mir aber der Baum auf – und das Stück gespenstisch weißer Hecke. Ich machte ein Foto, kam dann aber noch einmal zurück, um am Zaunrand etwas Erde zu entnehmen. Das haben Sie geknipst! Ich hatte mir vom Hafenkapitän einen Plastikeimer und eine kleine Handschaufel geborgt. Ich wollte die Erde und die Birne untersuchen lassen. Leider hat der Hafenkapitän den Humus versehentlich weggeschüttet, als ich den Eimer dort untergestellt hatte. ich mußte noch etwas anderes erledigen. mir blieb also nur die Birne – und das Foto bei Monsieur Bouline, auf das ich gewartet habe!«
»Da sehen Sie's!« rief Madame Dingdong. »Der Junge macht sich Sorgen um fremdes Eigentum! Das ist für ihn typisch, sehr typisch! Er hat mich auch schon einmal aus einer bösen Klemme befreit!«
Das blieb nicht ohne Eindruck. Madame Dingdong hatte sich aber gehütet, Admiral Schwarzbackes Haar-und Bartentfärbung zu erwähnen – und seinen kläglichen Versuch, dem Rätsel mit schwarzem Lackspray zu begegnen. wenn es darauf ankam, besaß sie den sechsten Sinn. Professor Flohr meinte jedoch unbeirrt: »Wie auch immer: Die Sache ist faul. Ich sehe mir Herrn Lignys Birnbaum gleich einmal an!«
»Das geht nicht«, räusperte sich das Männchen verlegen, »Ich hab den Baum gestern zersägt und mit allem Blatt-und Wurzelwerk verbrannt. Auch die Hecke. Es macht sowieso zuviel Arbeit, sie zu beschneiden. Und meine Frau wollte schon längst anstelle des Birnbaums ein Zierbecken mit einem kleinen Springbrunnen haben. Sie freut sich ja über das Unglück, denn nun bekommt sie ihren Willen.«
Professor Flohr sah auf Ligny herab, als wollte er ihn mit Blicken durchbohren. Doch so leicht gab er sich nicht geschlagen:
»Es ist doch merkwürdig, Superhirn«, begann er, »daß du ausgerechnet Dinge wahrnimmst, die sogar dem Briefträger entgehen! Und daß ihr euch … », er wandte sich an Tati und die anderen jungen, »auf der Insel Oléron einen Obststand aussucht, dessen Melonen gerade erst die Farbe verloren haben!«
»Merkwürdiger ist«, konterte Superhirn, »daß Sie diese Erscheinungen für Kinderstreiche halten! Ich wollte nur noch einige Beweise haben, um ihr Institut zu alarmieren. Nun, jetzt sind Sie alarmiert!
Und was tun Sie? Sie legen sich mit uns an, statt sich an die zu halten, die für Streiche diesen Kalibers in Frage kommen.«
Bevor Professor Flohr antworten konnte, schrie Tati auf. Loulou hatte sich an den Erwachsenen vorbeigeschlängelt und hopste auf sie zu.
Das Fell des kleinen Hundes war normalerweise von tiefer, gleichmäßiger Naturschwärze. Doch jetzt war es weiß, schneeweiß, von einem schaurigbleichen Weiß . . . Micha bückte sich, wobei sein Kopf
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