Superhirn Sammelband
Vinaigre-Vergne-Küche zu hängen.«
»Gut«, erwiderte das Mädchen. »Aber ich denke nicht, daß ihr am Tage gefährdet seid. Legt euch draußen in den Schatten! Kein Gangster wird bei dieser Hitze den Kopf rausstrecken, besonders, wenn er in der Nacht durchgeschuftet hat!«
– 9 –
Wie auf einem Sklavenschiff – oder die Hölle der roten Augen
Tati strampelte davon. Die Jungen folgten ihrem Rat und suchten sich ein schattiges Plätzchen im Garten. Superhirn war bald fest eingeschlafen …
Als ein Donnerschlag ihn weckte, hatte er keine Ahnung, wie spät es war. Zwei Pappeln bogen sich vor ihm wie rasend gewordene Scherenschnitte im Winde. Schwarze, tiefliegende Wolken bedeckten den Himmel.
»He!« rief Superhirn. Er rannte ins Haus, weil er glaubte, die Freunde hätten sich vor dem Sturm in Sicherheit gebracht. »Und mich laßt ihr einfach liegen!« schimpfte er. Ein neuer, flacher, lang anhaltender Donnerschlag erschütterte die Luft. Aber es kam kein Tropfen von oben. Und die Freunde – die Freunde waren nicht im Haus …!
Superhirn zog sich die Wetterjacke an, hängte sein Fernglas um und rannte über die buckligen, verlassenen Wiesen westwärts, der Küste zu. Es war erst 18 Uhr, doch es herrschte eine Finsternis, wie sie so plötzlich nur an der See oder im Hochgebirge eintreten kann. Superhirn folgte eher einer Ahnung als einem bestimmten Verdacht.
Die Essigfabrik lag jetzt landeinwärts. Vor sich sah er den flachen Strand der Todeszunge, gespickt mit Warn-und Verbotsschildern, zwischen den Klippen war Sperrgebiet für die Fischerei-und Sportschifffahrt. Weit draußen, auf den Betonsockeln, hatte die Sensorenschaltung die automatischen Warnlichter aufleuchten lassen. Die Tide war gekentert, die Flut wieder im Kommen. Kreischend flogen die Möwen landeinwärts. Aber noch immer wollte es nicht regnen, der Donner wurde schwächer. Nur die Dunkelheit blieb.
Superhirn sah die Gerippe der Tankerplattform mit den vielen Duckdalben. Und am Horizont – einmal darüber, einmal darunter – stand die geisterhafte Erscheinung des großen Frachtschiffs, das da offenbar wartete. An einer ausgebaggerten Stelle, dem Ufer ziemlich nahe, lagen zwei kleinere Schiffe mit den Schornsteinzeichen VV im Schutze einer Betonmole: Das eine war ganz augenscheinlich ein sogenanntes »Frischwasserboot«, das andere ein Fabrik-und Transportschiff, wie Form und Aufbauten verrieten. Die »Essigschiffe« hatten sicher das Recht, hier zu sein, vorausgesetzt, sie taten das, was sie zu tun vorgaben. Das fremde – weit draußen – war ein Zubringer: Der wartete wieder auf die tiefe Nacht. Seinen Schatten hatte Superhirn schon ziemlich nahe gesehen. Der Junge sah die Pipeline aus dem Schlick ins Land hineinragen, eine schwarze, pralle Schlange auf teils bleigrauem, teils schmutzig-braunem Untergrund. Und schon bemerkte er auch die Freunde. Keuchend stapfte er auf sie zu:
»Seid ihr wahnsinnig.. .?«
Gérard, Prosper, Micha – sogar der sonst meist besonnenere Henri – klopften an der Pipeline herum, Micha hatte einen Hammer in der Hand, Prosper ei »Es sind zwei Pipelines in dieser großen verkündete Micha stolz. »Und es gluckert tüchtig!«
»Bei euch gluckert's auch!« rief Superhirn. »Schnell, weg hier …!«
»Halt!« ertönte eine unangenehm klingende Stimme. »Ihr sollt das Gluckern noch etwas deutlicher hören!«
»Das meine ich auch!« schloß sich eine zweite, ebenso unangenehme Stimme an. Superhirn hörte den Akzent. Er begriff: Das mußten die holländischen Brüder van Horn von der angeblichen Sportfirma in St. Trojan sein. So bestätigte Prosper auch gleich:
»D-d-die Herren van Horn …!«
Doch die Gefährten hatten es nicht nur mit den sauberen Brüdern, sondern mit zwei weiteren Männern zu tun. Diese Burschen führten zwar offensichtlich keine Waffen, dafür aber sehr ungemütliche Doggen mit sich, die sie an kurzen Leinen hielten.
»Marsch!« befahl der eine van Horn, von den Kumpanen »Edgar« genannt. Die Freunde wurden in eine Pinasse gestoßen, und es dauerte keine zehn Minuten, als sie sich im Inneren des Fabrikschiffs wiederfanden.
»Oh – oh – oh!« hörte man es da drinnen ständig wimmern, »Oh – oh – oh!«
»Wenn Sie es nicht glauben«, dröhnte nun eine nur zu bekannte Stimme, »dann lassen Sie das Zeug doch noch mal auslaufen!«
»Guten Tag, Herzog von Alba!« rief Superhirn höhnisch. »So also sehen wir uns wieder!«
»Alle Wetter!« entfuhr es dem rothaarigen Mann im weißen
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