Superhirn Sammelband
Kittel. »Wo kommt ihr denn her? Ihr habt mir gerade noch gefehlt.«
»Beruht auf Gegenseitigkeit, Herr Professor!« rief Gérard. »Sieh einer an! Der Herr Vizechef vom Brossacer Institut als Weißer Riese'! Hatte ich mir doch beinahe gedacht!«
»Vorwärts!« befahl Edgar van Horn. »Morgen früh dürft ihr wieder an Land! Aber dann sind wir sowieso hier fertig! Inzwischen wird es euch freuen, uns ein wenig zu helfen. Wo ist das Mädchen?«
»Zu Hause«, log Henri. »Wir haben sie in die Bahn gesetzt. Ihr feiner Chef hat uns doch gefeuert[ Wissen Sie das nicht?«
»Ab zum Heck! Ihr schleppt Säcke zur Destillation!« schrie der andere van Horn, der Bruder Lothar.
»Keine Müdigkeit vorschützen!«
Die jungen tappten durch den abgeblendeten Fabrikraum im Schiffsinnern. Dort lief ein HitzeGenerator. Man sah viele Rohre, die in Kessel hinein und wieder aus ihnen herausführten, In Kontrollgläser tröpfelte rote, gelbe und braune Flüssigkeit. Alle Räume beherrschte das monotone Keuchen und Klicken von Pumpen. Am schlimmsten aber war der Anblick der Männer, die an den Schalthebeln und an den Sichtzylindern standen. Sie wirkten hoffnungslos – wie Sträflinge einer vergangenen Epoche, denen man nur vorübergehend die Ketten genommen hatte. ihre Haare waren weiß, ihre Bärte wie Watte, ihre traurigen Augen – rot!
In der Ladeluke stand ein Monstrum von Mensch in mehlig-bestäubten Fetzen. Er hatte eine Glatze, und auch sein Gesicht war fahl. Aus rubinroten Augen blickte er den Gefährten entgegen:
»Oh – oh – oh … !«
»Schwarzbacke!« schrie Micha. »Was hat man mit ihnen gemacht?«
»Still! Nehmt euch einen Sack und schleppt ihn nach vorn!« tönte es den Freunden ausdruckslos entgegen. »Oh – oh – oh … !«
»Der hat Prügel gekriegt«, wisperte Superhirn.
Schwarzbacke schlurfte mit seiner Last an ihnen vorbei, und die Jungen blickten auf die Unmenge von Plastiksäcken im Bunker. Viele waren geplatzt und enthüllten ihren Inhalt: ein weißliches, gespenstisch glasiges Pulver.
»Ist das Haschisch?* raunte Micha.
»Nee«, flüsterte Superhirn. »Auf keinen Fall. Wenn das, was da liegt, und das, was die hier schon verflüssigt haben, alles Hasch wäre, käme die ganze thailändische Jahresernte zusammen!«
Er bückte sich und schleppte mit Prosper den ersten Sack zum Fülltrichter, an dem Schwarzbacke jetzt stand. Der Unglücksmann kippte den rnhalt in den Metallschlund. Zwei weitere »Weißmänner« mit Säcken schlossen sich schweigend an. Danach kamen Gérard, Henri und Micha gekeucht. Micha zerrte eine halbvolle, beschädigte Pulvertüte hinter sich her.
»Ekelhaft anzufassen, dieses komische Kartoffelmehl!« knurrte Gérard. »Es riecht nach nichts!«
»Hopp, hopp! Arbeiten!« brüllte Edgar van Horn. Er verschwand sofort wieder im Destillationsraum. Man hörte seine Kommandos: »Schieber A schließen! Schieber B auf!« Das Pumpgeräusch änderte sich merklich.
Als Schwarzbacke wieder am Fülltrichter stand, näherten sich Superhirn und Henri. Sie stellten sich so tolpatschig wie möglich an. Superhirn raunte Schwarzbacke zu:
»Was für Pulver ist denn das? Und was wird damit gebraut …?«
Zitternd erwiderte der glatzköpfige, seines Bartes beraubte Mann: »Das Pulver ist Abfall, Chemierückstand! Es wird unter Druck und Hitze mit Duftwasser zu Sirup verarbeitet: Konzentrate für falschen Cognac, falschen Rotwein und künstliche Limo! In anderen Ländern wird das Zeug dann eins zu zwanzig verdünnt!«
Drohend rief Edgar van Horn durch ein Schott:
»Dich bei der Mückenbande anzuschmieren, nützt dir nichts mehr! Du hast nicht nur deinen Bart verwirkt, Alter! Du weißt ja, weshalb!«
»Frechheit – uns eine Mückenhande zu nennen!« schnaufte Gérard.
»Still!« warnte Superhirn.
Mit einer Reihe rotäugiger, teilnahmsloser Männer arbeiteten sie weiter. Erst nach einer halben Stunde fand Superhirn Gelegenheit, wieder ein paar Worte mit Schwarzbacke zu wechseln:
»Werden alle Leute weiß, die öfter mit dem Pulver arbeiten?« fragte er. Zu seinem Erstaunen antwortete Schwarzbacke:
»Nein! Das Pulver tut einem nichts. Auch nicht das gepanschte flüssige Zeug! Nur: bei der Verbindung mit Aromastoffen und Weinfarben sind hohe Temperaturen nötig. Dabei platzt schon mal ein Behälter. Wer die Dämpfe einatmet, wird weiß und kriegt rote Augen. Die Dämpfe sind's!«
»Du mußt es ja wissen!« höhnte hinter ihnen Lothar van Horn. »Schön, schön, daß du deinen kleinen
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