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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Lächeln oder
begrüßten sie sogar mit einem »Hallo« oder
ähnlichen Worten. Sie war nicht ganz sicher, was dieses
mürrisch blickende Mädchen im bewusst geschlitzten
Spitzen-Top betraf. Ihre Haare sahen so aus, als hätten ihre
Finger Kontakt mit einer Steckdose gehabt. Die drei umgänglichen
Typen, die allesamt ähnliche grüne Hemden trugen –
zwei hellblonde Männer und eine strohblonde Frau –, wirkten
so, als wollten sie gleich aufspringen und salutieren. Die dicke
Frau, die vermutlich eine Handelsbank oder Ähnliches
repräsentierte, und ihr Begleiter, eine magersüchtige
Bohnenstange, ignorierten sie einfach; wahrscheinlich waren sie
beleidigt, dass sie nicht wenigstens den Rang eines
Fregattenkapitäns vorzuweisen hatte. Und der verwelkte alte
Versicherungsmathematiker aus Turku schien sie gar nicht zu bemerken,
aber was sollte man auch anderes von ihm erwarten. Seniler alter
Kretin, dachte Steffi und schrieb ihn innerlich ab. Jeder alte
Sack, der nicht das Geld für eine Telomerisations- und
Verjüngungsbehandlung berappen wollte, wenn sein Haar weiß
wurde, war die Aufmerksamkeit nicht wert. Die Cellistin aus Nippon,
eine Dame mittleren Alters, wirkte durchaus freundlich, wenn auch ein
wenig verwirrt: Ihr Übersetzungsgerät konnte der
Unterhaltung nicht folgen. Fehlte nur noch das Paar auf
Hochzeitsreise, das es, wie bereits angenommen, vorgezogen hatte, auf
dem Zimmer zu speisen.
    »Ich bin Flughauptmann Steffi Grace und möchte Sie im
Namen von WhiteStar herzlich zum ersten Abendbankett auf der Reise
nach Neu-Dresden begrüßen. Wenn Sie sich die Speisekarte
ansehen möchten: Ich bin sicher, dass Ihre Stewards Ihre
Wünsche gleich entgegennehmen. In der Zwischenzeit möchte
ich besonders den« – sie warf einen Blick auf ihren
Ärmelaufschlag – »Venus Cabernet Sauvignon Blanc zur
Lachsvorspeise empfehlen.« Zu astronomischen Kosten von den
Weinbergen Ishtar Planitias importiert – dort reifte der Wein
unter Glaskuppeln –, um den vierundzwanzigtausend ECU schweren
Gästen die Egos zu streicheln.
    Am Anfang lief alles recht gut. Wohlweislich nahm Steffi mit dem
ersten Schluck Wein die Kapsel gegen Trunkenheit ein. Der Jahrgang
war in Ordnung, wenn man darüber hinwegsehen konnte, dass es
Wein war. Denn wenn damit keine Gelegenheit zu einem kleinen Schwips
verbunden war, stellte Wein im Grunde nur gegorenen Traubensaft dar.
»Darf ich fragen, woher Sie kommen?«, fragte sie die Blonde
mit dem kantigen Kinn, als sie ihr Wein einschenkte. »Ich habe
Sie hier schon gesehen, glaube ich, aber wir hatten noch nicht
Gelegenheit zu einem Gespräch.«
    »Ich bin Mathilde vom Stamm Todt, sechste Division. Das sind
meine Stammesangehörigen Peter und Hans.« Mit der
fleischigen Hand deutete sie auf die strammen Jungs links und rechts
von ihr. Sind sie noch jung?, fragte sich Steffi. Sie wirkten
schrecklich selbstsicher und selbstbeherrscht. Normalerweise sah man
diese Art von instinktiver Würde nicht bei Leuten unter sechzig,
es sei denn, sie waren in der Kunst der Selbstverteidigung
geübt. Die meisten Menschen erwarben irgendwann die
Fähigkeit, mit ihren Bewegungen hauszuhalten, sofern ihre
Körper sie nicht schon im mittleren Alter im Stich ließen
und vergreisten, ohne dass sie Zeit zum Reifen gehabt hätten.
Aber das hier sah eher nach dem Ergebnis eines harten Trainings aus,
wenn nicht sogar nach Unterstützung durch Anabolika. »Wir
fliegen nach Newpeace und befinden uns auf einer Aufklärungs-
und Bildungsfahrt für Jugendliche.« Die Blonde
lächelte herablassend. »Das heißt, wir sollen die
anderen Welten kennen lernen, die die Vorzüge der Entwicklung zu
Übermenschen erkannt haben, und für Harmonie unter ihnen
sorgen.«
    »Aha. Und was bedeutet es, ein Übermensch zu
sein, wenn ich fragen darf? Ist das eine Art Club?«, bohrte
Steffi weiter. Schließlich waren solche Leute ihre
Brötchengeber, deshalb wollte sie unbedingt mehr über sie
herausfinden.
    »Es bedeutet alles im Leben«, sagte Mathilde
schwärmerisch, riss sich aber gleich wieder zusammen. »Es
ist eine bestimmte Lebensweise.« Jetzt klang sie ein wenig scheu
und zurückhaltend, als hätte sie schon zu viel
preisgegeben. »Es ist ein sehr erfülltes Leben.«
    »Ja, aber…« Steffi merkte, dass sie vor
Konzentration die Stirn runzelte. Warum hab ich das Gefühl,
dass Sie auf mich herabsehen?, fragte sie sich. Ach, egal. »Und Sie?«, fragte sie das Mädchen mit dem
schwarzen Haar. Falls es überhaupt noch ein Mädchen

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