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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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murmelte Max böse.
»Frag mich, wen sie heute verfüttern?«
    »Wenn wir Glück haben, den Chef des
Unterhaltungsprogramms. Gesotten und gebraten.« Ohne die Miene
zu verziehen, starrte Steffi stur geradeaus, als sie auf den
Speisesaal zugingen. »Blödes Ritual.«
    »Na, na.« Höflich nickte Max einer drallen
Matrone zu, deren formelles Kostüm schon mindestens hundert
Jahre aus der Mode war und ihr Aussehen – das einer
Dreißigjährigen – Lügen strafte. »Guten
Abend, Mrs. Borosowski! Wie geht’s Ihnen heute?«
    »Sehr gut, Mr. Fromm!« Sie schwankte leicht, als
hätte sie schon ein paar Martinis genossen. »Und wer ist
Ihre kleine Freundin? Ein neuer Stift, wenn ich mich nicht
sehr irre?«
    »Ähm, ich möchte Ihnen Flughauptmann Stephanie
Grace vorstellen, Flugoffizierin in der Ausbildung und erst seit
kurzem bei uns. Entschuldigen Sie bitte, aber außerhalb der
Kadettenschule gilt es als unhöflich, Auszubildende als Stifte zubezeichnen; außerdem hat Flughauptmann Grace
Universitätsabschlüsse in Relativistischer Dynamik und
Ingenieurwesen.«
    »Oh, das tut mir wirklich Leid!« Man musste der Dame
zugute halten, dass sie leicht errötete.
    »Das macht doch nichts.« Steffi zwang sich zu einem
Lächeln und seufzte erleichtert auf, als Max ausscherte, um Mrs.
Borosowski zu einem der Tische zu geleiten. Nein, macht mir doch
nicht das Geringste aus, von reichen Schmarotzern herablassend
behandelt zu werden, Mrs. Borosowski. – Also, wo ist der Tisch
mit meiner Schafherde?
    Aus Steffis Sicht war das ganze Ritual nur eine Farce. Jeder, der
in der Business-Klasse und höher reiste, konnte sich selbst
versorgen. Es bestand überhaupt keine Notwendigkeit dafür,
verdammt noch mal, sich aus einer Zentralküche versorgen zu
lassen, ein auf bestimmte Speisen beschränktes Menü zu
servieren und die wertvolle Zeit echter Köche aus Fleisch und
Blut zu vergeuden; ganz zu schweigen von der Zeit der
Schiffsoffiziere, deren Anwesenheit vorgeschrieben war und die
Galauniformen tragen und sich wie Gastgeber irgendwelcher
Dinnerpartys verhalten mussten.
    Andererseits war zu berücksichtigen, wie Kommodore Martindale
ihnen auf der Kadettenschule eingetrichtert hatte, dass zwischen den
Passagieren, die den Flug im Kälteschlaf auf dem Zwischendeck
hinter sich brachten, und den Passagieren in ihren Luxussuiten ein
Riesenunterschied bestand. Letztere zahlten rund zweitausend ECU mehr
pro Transittag und hatten somit Anspruch auf Reiseerlebnisse. Jeder
Bauer konnte es sich leisten, im Kälteschlaf zu reisen, aber um
die eigenen Ausgaben nicht nur auszugleichen, sondern auch einen
soliden Profit zu machen, musste WhiteStar die reichen Idioten und
Hochzeitsreisenden verhätscheln. Darauf verwendete jede
Passagierlinie, die den Namen verdiente, erheblichen
Einfallsreichtum. Bis dahin, dass die Ingenieure einen Kurs in
Umgangsformen absolvieren mussten, und die Angestellten, die
normalerweise an ihren Computern arbeiteten, in
maßgeschneiderte Galauniformen gesteckt wurden. Und anderes
mehr. Und das alles nur zu dem Zweck, eine langweilige Reise für
die Oberschicht in ein einzigartiges, denkwürdiges Erlebnis zu
verwandeln. Was insbesondere bedeutete, keine Kosten für
das erste Abendessen an Bord und die folgenden wöchentlichen
Banketts zu scheuen. Wenigstens sind sie nicht so schlimm wie die
Hausaffen, mit denen Sven sich abgeben muss, dachte sie
sarkastisch. Müsste ich seinen Teil der Arbeit erledigen,
würde ich bestimmt ausrasten…
    Wenigstens beschränkten sich die Hochzeitsreisenden meistens
darauf, Speisen und Getränke beim Zimmerservice oder bei den
Automaten in ihren Suiten zu ordern. Was zur Folge hatte, dass sie
jetzt ganz allein am Kopfende eines Tisches Platz nehmen musste, an
dem zwölf außerordentlich betuchte Passagiere saßen
– schätzungsweise brachten sie WhiteStar
vierundzwanzigtausend zusätzliche ECU pro Tag ein –, um zu
lächeln, höflich zu nicken, die Gäste einander
vorzustellen, ihre geistlosen Fragen zu beantworten und den Portwein
herumzureichen.
    Ein winziger Computer, der diskret am Ärmelaufschlag ihrer
Brokatjacke befestigt war, lenkte sie zu dem Tisch, für den sie
zuständig war. Eine Hand voll Passagiere war bereits
eingetroffen, besaß aber genügend Anstand, sich bei ihrer
Ankunft zu erheben. »Bitte bleiben Sie sitzen«, sagte sie
locker lächelnd und nickte den Gästen zu, während ihr
Sessel nach außen glitt und seine Lehnen für sie
ausbreitete.
    Ein oder zwei erwiderten ihr

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