Supernova
Suite irgendwann während der Nacht auf
die eigenen, unabhängigen Versorgungssysteme umgestellt (und das
schloss auch die Luftzufuhr ein), was Martin zutiefst
beunruhigte.
Wednesday hatte gerade das Badezimmer in Beschlag genommen –
sie versuchte, dem behelfsmäßigen Wasserklärsystem
etwas mehr als einen dürftigen Strahl zu entlocken –, als
der Fußboden leicht erbebte und das Kommunikationssystem sich
mit einem Läuten meldete. Martin blickte instinktiv auf.
»Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit. In etwa einer Stunde
legen wir dort an, wo wir unsere Notreparaturen durchführen
können. Aufgrund technischer Bedingungen, die wir nicht
beeinflussen können, müssen wir alle Passagiere bitten,
sich vor dem Andocken in den vorgesehenen Evakuierungsbereichen zu
versammeln. Es handelt sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme,
nach der Ankunft dürfen Sie in Ihre Kabinen zurückkehren.
Bitte bereiten Sie sich darauf vor, die Kabinen in fünfzehn
Minuten zu verlassen.«
Die Badezimmertür sprang auf und gab den Blick auf etwas
Dampf und eine noch nicht hergerichtete Wednesday frei. »Was ist
da los?«, fragte sie besorgt.
»Wahrscheinlich gar nichts.« Rachel sah sie an und
zwinkerte schnell – ein Zeichen, das sie dafür ausgemacht
hatten, dass sie etwas besonders betonen oder das genaue Gegenteil
der verbalen Äußerung andeuten wollten. »Ich glaube,
die wollen uns nur dort haben, wo sie uns im Auge behalten
können.«
»Oh, also ist es fast vorbei«, sagte Wednesday mit
schwerer Stimme. »Meinst du, wir sollten da hingehen?«
»Ich finde, wir sollten alle unsere Rollen erfüllen,
Anita«, erwiderte Rachel mit Nachdruck. »Wäre
vielleicht eine gute Idee, sich anzuziehen. Vielleicht wollen sie,
dass wir an Land gehen« – zweimaliges Zwinkern –, »also müssen wir uns darauf einrichten.«
»Ist ja super«, Wednesday zog eine Grimasse. »Ist
bestimmt eiskalt da. Ich ziehe meine Jacke und Hosen an.« Sie
verschwand wieder im Badezimmer.
»Glaubst du, sie kommt damit klar?«, fragte Martin.
Rachel nickte bedächtig. »Bis jetzt hält sie sich
gut.« Hastig schrieb sie etwas auf ihren Block:
KOMMUNIKATIONSZENTRUM? KAUSALKANÄLE? R-BOMBEN?
»Na ja, wir sollten wohl nachsehen gehen, was die wollen,
nicht wahr?«, fragte er. »Lass mich nur noch schnell die
Schuhe anziehen.«
sicherungen
»Wisst ihr, das ist schon komisch. Jahrelang hatte ich diesen
immer wiederkehrenden Traum, Albraum, was auch immer: Ich lebe mein
ganz normales Leben, und dann tauchen sie plötzlich auf. Im
Hintergrund, sie erledigen einfach… nur irgendwelche Dinge.
Meine Arbeit läuft wie immer. Und ich mache mir vor Angst in die
Hosen, gehe zum Hafen und kaufe eine Fahrkarte – egal wohin. Und
als ich an Bord gehe, sind sie auch schon da, und alle
Besatzungsmitglieder gehören zu ihnen. Und wenn ich an
irgendeinem Hafen ankomme, wo das Schiff anlegt, genau dasselbe. Sie
sind überall in meinem Umfeld und sie, sie…«
Franks lautloser Monolog geriet ins Stocken. Es war das Einzige,
womit er sich zurzeit beschäftigen konnte. Nachdem dieser Kerl
von den Übermenschen mit den unheimlichen Augen ihm mitgeteilt
hatte, was er wollte, hatte er die Blockade wieder aktiviert. Franks
Gurgel und die Kehle fühlten sich betäubt an, die Zunge
hing riesig und schlaff im Mund. Bei der Fesselung seiner Arme und
Beine waren sie noch weitaus brutaler vorgegangen, seine Hände
waren wegen der verminderten Blutzirkulation kalt und schmerzten.
Wenn er damals, in den Lagern, nicht schon Schlimmeres gesehen und
erlebt hätte, wäre er vor Angst wie gelähmt gewesen.
Aber bei dieser Lage der Dinge war das, was sein Empfinden
beherrschte, schreckliche Resignation und ein Gefühl des
Bedauerns.
Wednesday, ich hätte dich so schnell wie möglich von
der Romanow schaffen sollen. Kannst du mir verzeihen? Immer wieder kreisten seine Gedanken um die Fehler, die er
gemacht hatte, vor allem den Fehler, dass er ihre Verfolger so lange
unterschätzt hatte. Selbst nach der Bombenexplosion beim
Botschaftsempfang hatte er sich eingeredet, an Bord eines
Linienschiffes, das unter neutraler Flagge segelte, könne ihr
nichts passieren. Außerdem… wollte er mit ihr
zusammenbleiben. Er mochte sie; sie war wie ein frischer Luftzug, der
in ein Leben hineinwehte, das in jüngster Zeit nur noch aus
lauter wortreichen Leitartikeln bestanden hatte. Als sie ihn gebeten
hatte, bei ihr vorbeizuschauen, und über ihn hergefallen war,
sobald er die Tür geschlossen hatte,
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