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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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nachdem
wir angedockt haben.«
    Franz sah auf den Bildschirm und widerstand dem Drang, die
Handflächen an der Hose abzuwischen. »Sie wollen, dass ich
hier zurückbleibe, mit den Gefangenen?«
    »Nicht nur das: Ich möchte auch, dass Sie deren
Präparierung beaufsichtigen.« Sie starrte ihn an, musterte
sein Gesicht peinlich genau. »Falls Sie sich gut machen, nehme
ich es als Zeichen dafür, dass sich die Zusammenarbeit mit Ihnen
auch weiterhin lohnt. Es hat mich beeindruckt, wie Sie die Sache mit
dem Clown gehandhabt haben, Franz. Wenn Sie mich auch zukünftig
zufrieden stellen, wird sich das für Sie auszahlen. Auf meine
willigen Helfer warten große Belohnungen.« Ihr
Lächeln schwand, was auf düstere Gedanken hindeutete.
»Und jetzt ist es an der Zeit, dass Sie das Mädchen
aufscheuchen.«

 
    Die Evakuierungszone von Deck B befand sich nahe am Rand des
Schiffs. Von diesem Punkt aus führte ein Korridor als Achse zu
einer Notschleuse, die die innere Hülle des Schiffes durchbrach.
Die Passagiere, die hier zusammenströmten, wirkten beunruhigt.
Einige hatten Taschen mit dem Nötigsten dabei, andere waren mit
leeren Händen gekommen. Vereinzelte Stewards, die ebenso gehetzt
und beunruhigt wie die Passagiere wirkten, drängten die Menschen
vorwärts. Rachel hatte Wednesday im Schlepptau, die ein bisschen
herumtrödelte, ohne dass es auffiel. »Was, glaubst du,
haben die vor, Mom?«, fragte sie. Mom? Wem willst du was
vormachen?, fragte sie sich voller Selbstironie. Jedes Mal, wenn
sie dieses Wort in den Mund nahm, spürte sie einen winzigen
Stich, als verrate sie damit die eigene Mutter, obwohl dies Rachel
gegenüber nicht gerecht war. Die Frau von der Erde hatte weit
mehr für sie getan, als sie jemals hätte erwarten
dürfen.
    »Ich bin mir nicht sicher.« Rachel wirkte besorgt.
»Kann sein, dass es seit dieser Panne, bei der die
Brückenmannschaft verletzt wurde, gewisse Probleme mit den
Bordsystemen gibt…« Zweimaliges Zwinkern.
    Wednesday nickte, zog eine Grimasse und seufzte theatralisch. Wirke ich angemessen gelangweilt? Sie sah sich um. Es waren
nicht besonders viele Passagiere versammelt. Die meisten waren
Reisende der ersten Klasse, reiche Geschäftsleute und
Angehörige des niederen Adels aus Welten, in denen es noch
Adelstitel gab. Wo ist Frank?, fragte sie sich und hielt
verzweifelt nach ihm Ausschau, wobei sie versuchte, sich nichts
anmerken zu lassen. Falls ich ihn da hineingeritten
habe…!
    »Entschuldigen Sie, wo gehen wir eigentlich hin?«,
fragte ein besorgt blickender Mann Rachel und fasste sie am Arm.
»Wissen Sie, niemand hat uns irgendetwas
erzählt…«
    »Machen Sie sich keine Sorgen.« Rachel brachte ein
verkrampftes Lächeln zustande. »Wir gehen bloß zur
Evakuierungszone. Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme und
heißt nicht, dass wir tatsächlich evakuiert
werden.«
    »Ach so, gut.« Immer noch beunruhigt, schlurfte er
weiter und ließ sie auf einer Insel der Stille zurück.
    »Nervös?« Bei Martins leiser Frage fuhr Wednesday
zusammen.
    »Nervös?« Sie funkelte ihn wütend an.
»Falls die Frank was…« Sie bogen um die Kurve und
gingen an den rot gestrichenen, in die Wand eingelassenen
Sicherungstüren vorbei, die den Zugang zur Luftschleuse
versperrten. Die Evakuierungszone bestand aus einer kreisrunden
offenen Fläche, deren Durchmesser etwa acht Meter betrug. Hier
drängten sich die Menschen und waren so nervös wie bei
einem Cocktailempfang von Diplomaten, bei dem der Botschafter gerade
seinen Rücktritt erklärt hat.
    Der Platz reichte nur zum Stehen. Für den Fall, dass einigen
der ängstlicheren Passagiere aus irgendeinem Grund einfiel, die
Schleuse zu stürmen, blockierten zwei gestresst wirkende
Stewards deren Eingang mit den Armen.
    »Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten?« Ein
großer Blonder mit Ringen unter den Augen meldete sich von
einer Seite des Raums. »Würden Sie bitte von den inneren
Sicherungstüren zurücktreten? Gut so. Wenn Sie weiter in
den Raum vorrücken, können wir diese Sache reibungslos
über die Bühne bringen.«
    Oh, Scheiße! Wednesday spannte sich an und fuhr mit
dem rechten Daumen über den Frack, in den sich ihre intelligente
Schutzjacke verwandelt hatte. Sie hatte sie so programmiert, dass
daraus ein türkiser Gehrock geworden war, der sich steif und
schwer, aber gleichzeitig auch dünn und empfindlich
anfühlte. Die Jacke hatte sich dabei so gedehnt, dass sie keinem
Druck mehr standhalten und bei einem kritischen Druckabfall

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