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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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nichts
mehr nützen würde. Allein schon die Vorstellung, in eine
Luftschleuse hineinzuspazieren, während die üblen Typen das
Schiff besetzt hielten, kam Wednesday wie der Gipfel von Dummheit
vor, auch wenn sie unter ihren weißen Pluderhosen aus Spitze
Leggings und Stiefel trug, die jedem Raumanzug zur Ehre gereicht
hätten…
    Doch die Menschen hinter ihr drängten vorwärts, und die
Türen, die zurück zum Gang führten, glitten langsam
herunter, sodass ihr der Rückweg zu den Kabinen versperrt war.
»Was ist…«, begann sie, aber Martin fasste nach ihrer
Hand.
    »Warte«, sagte er angespannt.
    »Wir haben eine Ansage zu machen«, rief der Blonde.
»Wenn ich um Ruhe bitten dürfte – ja, das ist
schon besser.« Er bedachte die Menschen mit einem verkniffenen
Lächeln. »In etwa fünfzehn Minuten docken wir zum
Reparaturstopp an. Wenn es so weit ist, wird man Sie eventuell
bitten, das Schiff ordnungsgemäß zu verlassen und sich in
den Ring des Anlaufhafens zu begeben. Bis wir angedockt haben, wissen
wir nicht genau, ob das nötig sein wird oder ob Sie zu Ihren
Kabinen zurückkehren können. Falls Sie evakuiert werden,
versuchen Sie bitte, dabei Ruhe und Ordnung zu bewahren – kein
Rempeln, lassen Sie jedem Bewegungsraum und gehen Sie weiter, sobald
Sie die Raumstation betreten haben, bis Sie die vorgesehene
Versammlungszone erreichen. Denken Sie daran, dass es sich hierbei
nicht um eine Evakuierung wegen eines kritischen Druckabfalls
handelt. Es besteht keine Gefahr, dass Sie irgendwann luftleerem Raum
ausgesetzt sind, Sie brauchen also nicht zu rennen.«
    Er sah sich um. Als die Leute ihre Bemerkungen dazu machten, gab
es ein kurzes Gemurmel, doch niemand erhob Einwände.
    »Und jetzt zu einer anderen Sache. Ich habe eine besondere
Nachricht für Victoria Strowger, die sich, wie ich annehme, in diesem Raum befindet.« Als Wednesday unwillkürlich
zusammenfuhr, spürte sie, wie sich Martins Finger in ihr
Handgelenk gruben. »Ihr Freund Frank befindet sich unten auf
Deck F. Er lässt Sie grüßen. In der Regel versuchen
wir, alle Leute in den für sie vorgesehenen Evakuierungszonen
zusammenzuhalten, aber wenn Sie Ihren Freund wieder sehen
möchten, können Sie jetzt vortreten, dann bringe ich Sie zu
ihm.« Er lächelte noch breiter. »Das ist, fürchte
ich, die letzte Gelegenheit für Sie. Wenn wir erst einmal
angelegt haben, wird es zu spät sein.«
    Wednesday blickte hektisch zwischen Rachel und Martin hin und her. Was mache ich jetzt?, hätte sie am liebsten
gebrüllt. Martin wirkte verwirrt, doch Rachels Gesicht war
deutlich anzumerken, dass ihr Entsetzliches dämmerte. Der Mann
da vorn redete immer noch, sagte irgendetwas über die Prozeduren
der Evakuierung. Er hatte die Nachricht für sie so raffiniert
eingeflochten, dass sie fast bezweifelte, sie überhaupt
gehört zu haben.
    »Geh«, wisperte Rachel ihr zu und kritzelte schnell
etwas auf ihren Schreibblock: HAST WERT FÜR DIE – SPIEL AUF
ZEIT.
    »Aber…« Wednesday sah wieder zu Martin, der
mittlerweile eindeutig beunruhigt war. Die haben Frank, dachte
sie verzweifelt. Die haben Frank! Schon als sie in diesen Raum
gegangen war, hatte sie Angst gehabt, es könnte eine Falle sein,
nur hatte sie nicht gewusst, welcher Art sie sein würde.
    Rachel schrieb immer noch: ALT NF = DEINE SPIELWIESE. Gleich
darauf dämmerte Wednesday, was Rachel damit meinte. Mit einem
üblen Gefühl in der Magengrube nickte sie:
»Okay.« Ehe sie ihre Meinung ändern konnte,
drängte sie sich durch die Menschenmenge nach vorn, wo der
Erpresser auf sie wartete.

 
    »Also, wer, zum Teufel, sind Sie?«, fragte Wednesday
streitlustig. »Und was wollen Sie?«
    Die Frau, die bei den Luftpiraten das Kommando führte,
lächelte nachsichtig. »Sie können mich Portia nennen,
meine Liebe. Und ich möchte nur ein bisschen reden.«
    Wednesday musterte sie argwöhnisch. Der blonde Kerl stand
hinter ihr und blockierte den Eingang; außerdem waren hier zwei
Wachleute postiert – die Frau bediente das
Kommunikationsterminal, der Mann beobachtete sie von seinem Standort
hinter der Kommandeurin aus –, aber sie hatten keine Anstalten
gemacht, sie zu durchsuchen, ihr Fesseln anzulegen oder
Ähnliches. Auch diese Kommandeurin, Portia, entsprach keineswegs
dem, was Wednesday erwartet hatte. Sie war weder wütend noch
schlecht gelaunt oder sonst irgendwie aggressiv. Außerdem trug
sie im Unterschied zu den anderen auch keinen einteiligen Raumanzug.
Eigentlich wirkte sie sogar freundlich und

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