Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
geschrieben
stand. »Wo sollen wir hingehen?«
    »Folgen Sie mir.« Die Frau öffnete die
Seitentür und winkte sie hindurch. Auf der anderen Seite wartete
ein Freund von ihr, ein großer Bursche, der sein Gewehr offen
zur Schau trug und sie mit gelangweiltem Blick beobachtete.
»Hier entlang.«
    Sie führte sie eine kurze Treppe hinauf und in einen breiten
Frachttunnel. Während sie hindurchgingen, wurde die Luft
kühler und kühler. Rachel zitterte. Für den Ausflug in
ein Tiefkühllager war sie nicht richtig angezogen. »Wo sind
wir?«
    »Sparen Sie sich Ihre Fragen für die Chefin
auf.«
    »Wenn Sie es sagen.« Rachel bemühte sich, einen
lockeren Ton zu bewahren, als handelte es sich nur um eine von der
Besatzung vorbereitete Abenteuerexpedition, die gelangweilte
Passagiere bei Laune halten sollte. Sie bogen um die Ecke, betraten
einen breiteren Andocktunnel und stiegen danach eine Rampe hinauf,
die zu einer weitläufigen Fläche führte, in der
Zwielicht herrschte. Hoch oben funkelten Luftströme, weil die
Schwerkraft hier schockierend plötzlich abnahm und im Abstand
weniger Meter auf ein Zehntel des Normalen sank. »Wir sind nicht
mehr auf dem Schiff«, gab sie Martin durch die Handzeichen zu
verstehen. Er nickte.
    Nicht zum ersten Mal wünschte sie, sie könnte es wagen,
über die eigenen Implantate mit ihm zu kommunizieren. Doch das
Risiko, dass man die Informationen abfangen würde, war zu
groß; sie verfügten schließlich nicht über
einen abhörsicheren Kausalkanal. Wenn ich nur wüsste, ob
sie uns wirklich lückenlos überwachen können. Wenn. Sie zitterte heftig und sah, wie ihr Atem vor dem Gesicht
Wölkchen bildete. »Ist es noch weit?«
    Die blonde Frau winkte sie zu einem Eingang am anderen Ende der
Andockanlage hinüber, aus dem warmes Licht nach außen
drang. »Scheiße, ist das kalt hier draußen«,
murmelte Martin. Ihre Aufseher mussten sie nicht vorwärts
drängen, sie beeilten sich schon von sich aus.
    »Stehen bleiben.« Als sie sich dem Eingang
näherten, streckte der Mann mit dem Gewehr die Hand hoch.
»Mathilde?«
    »Jaaa.« Die blonde Frau holte ein unförmiges
Funktelefon heraus und sprach hinein. »Hier Mathilde. Die
zwei… Diplomaten. Draußen, am Kontrollpunkt. Ich schicke
sie hinein.« Sie drehte sich um, musterte Rachel und Martin mit
finsterem Blick und deutete zur Tür. »Da entlang.«
    »Wohin sonst?« Während Rachel den Raum betrat, sah
sie sich darin um. Er war hell erleuchtet, und ein Ächzen an der
Decke deutete darauf hin, dass die Raumventilation einen vergeblichen
Kampf gegen die Kälte führte. Der Bewaffnete blieb hinter
ihnen stehen. Als Rachel merkte, dass der Raum fast leer war, hatte
sie einen Augenblick lang das grässliche Gefühl, er habe
vielleicht den Auftrag, sie zu töten und ihre Leichen hier zu
lassen. Doch gleich darauf glitt die Tür in der Wand
gegenüber auf.
    »Gehen Sie hinein.« Der Bewaffnete winkte sie
vorwärts. »Es ist ein Aufzug.«
    »Okay, ich geh ja schon.« Gefolgt von Martin, trat
Rachel hinein; der Bewaffnete bildete das Schlusslicht. Nachdem sich
die Türen geschlossen hatten, machte sich der Fahrstuhl
ächzend auf den Weg nach unten, zu den Ebenen der Raumstation,
die mit hoher Schwerkraft ausgerüstet waren. Die lange nicht
benutzten Räder protestierten, als sie sich in die
Führungen der ausgekühlten Zahnradbahn gruben, deren
Betriebstemperatur normalerweise viel höher war. Niemand sprach
während der Fahrt. Rachel lehnte sich gegen Martin. Sie standen
so weit wie möglich von dem Wachmann entfernt, der die ganze
Zeit über die Waffe auf sie gerichtet hielt und sich offenbar
durch nichts ablenken ließ.
    Schwankend kam der Aufzug zum Stehen. Als sich die Türen
öffneten, fanden sie sich auf einem gut beleuchteten Gang
wieder. Auch hier war die Klimaanlage eingeschaltet, wie nicht zu
überhören war, da sie wegen der Überlastung brummte
und knirschte. Aber wenigstens spendete sie ein wenig Wärme. Als
der Wachmann sie zu einer offenen Tür am anderen Ende des Ganges
hinüberwinkte, fiel Rachel auf, dass ihr Atem keine
Wölkchen mehr bildete. »Wo sind wir?«, fragte sie.
    »Wir warten auf die Chefin. Gehen Sie gleich rein.« Der
Bewaffnete wirkte gelangweilt und schlecht gelaunt, aber nicht so,
als wollte er unmittelbar Gewalt anwenden. Rachel spannte sich an,
nickte und machte sich auf den Weg. Im Vorübergehen registrierte
sie das Schild an der offenen Tür: BÜRO DES
STATIONSLEITERS. Welche Überraschung, dachte sie
müde und

Weitere Kostenlose Bücher