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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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hatten Sie in ihrer
Gewalt. Also ist sie mit denen mitgegangen.«
    »Scheiße!« Er wirkte schrecklich resigniert, als
er ihren Blick erwiderte. »Sie wissen, was das
heißt.«
    Kaum merklich deutete Rachel mit dem Kinn zu den Wachposten
hinüber. »Sprechen Sie’s nicht aus.«
    »Sie dürfen alles sagen, was Sie möchten«,
rief Mathilde herüber und grinste ihn boshaft an. »Bei uns
herrscht völlige Redefreiheit: Sie dürfen alles sagen, und
wir hören bei allem, was Sie sagen, zu.«
    »Scheren Sie sich zum Teufel!« Frank sah sie finster
an.
    »Maul halten.« Der Bewaffnete richtete seine
Maschinenpistole auf Frank. Einen Moment lang spannte sich Rachel an,
weil sie sicher war, Frank würde irgendetwas sagen. Während
Frank und der Revolverheld einander ein Blickduell lieferten, dehnten
sich die Sekunden ins Endlose. Schließlich sackte Frank wieder
auf seinem Stuhl zusammen.
    »Ist schon okay, kann’s auch lassen.« Frank sah
Rachel an und gähnte so, dass seine Kiefermuskeln knackten.
»Ich bin daran gewöhnt – war daran gewöhnt.«
Er rieb sich die Hände und machte dabei kleine kreisende
Bewegungen. Rachel versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass ihr
seine hektischen Bewegungen aufgefallen waren: Er drehte an seinen
Ringen. Da hat jemand eine E-Mail auf Lager. Oder aber ihm jucken
die Finger.
    Sie saßen ein paar Minuten schweigend da, bis ein summendes
Geräusch auf dem Gang die Ankunft eines weiteren Aufzugs
ankündigte. Automatisch sah Rachel sich um. Sie hörte, wie
der Fahrstuhl aufging und sich Schritte mehrerer Personen auf das
Büro zu bewegten. Bedingt durch die nur teilweise
wiederhergestellte Schwerkraft, klang ihr Rhythmus seltsam gebrochen.
Der Erste, der eintrat, war ein magerer, nervös wirkender Mann,
gefolgt von einer nicht mehr ganz jungen Frau mit kalten Augen, deren
Miene Genugtuung verriet. Hinter ihr ging Wednesday. Das Schlusslicht
bildete ein langhaariger Bursche mit Pferdeschwanz, der eine
Nahkampfwaffe umklammert hielt. Als Wednesdays Blick auf Frank fiel,
der wie ein übernächtigtes Wrack aussah, verzog sie
wütend das Gesicht.
    »Rachel Mansour von den Vereinten Nationen, nehme ich
an?« Die Frau ging zum Schreibtisch des Stationsleiters
hinüber, drehte den Stuhl herum und nahm Platz. »Freut mich
sehr, Sie kennen zu lernen.« Sie lächelte, während sie
in eine Außentasche griff und eine kompakte Pistole vor sich
auf den Schreibtisch legte, deren Lauf auf Rachel zielte. »Ich
weiß, dass Sie unsere junge Ausreißerin bereits kennen.
Das wird die Dinge sehr vereinfachen. Es fehlt nur noch eine Person,
dann können wir, glaube ich, anfangen.«

 
unwiderruflich
     
    Sie hatten seine Hände losgebunden. Ohne den Wächter zu
beachten, hatte sich Frank zurückgelehnt, an seinen Ringen
gedreht und die optischen Implantate sowie die winzigen Mikros in den
Ohren eingeschaltet, um alles wahllos aufzuzeichnen. Warum sollte er
irgendetwas, das Nachrichtenwert hatte, ignorieren – auch wenn
es hier um die eigene Hinrichtung ging?!
    BING. Er fuhr leicht zusammen, als die Fahne auftauchte,
die eine neue Mail anzeigte, irgendetwas von Wednesday. Aber der
Wächter hatte nichts bemerkt, keiner von ihnen hatte etwas
bemerkt. Dies waren nur die typischen Fußsoldaten der
Übermenschen, gehorsam und bereit zu töten. Als er die
Nachricht las, merkte er, wie seine Handflächen feucht wurden.
Er war froh, dass er bereits saß. Also schickt mir jetzt
Wednesdays unsichtbarer Freund E-Mails? Muss sie aber über
Wednesday übermitteln, weil sie die Einzige von uns ist, deren
Systeme kompatibel mit denen dieser Raumstation sind? Mist.
    Trübsinnig dachte Frank darüber nach, dass er Bandbreite
brauchte. Falls es eine Möglichkeit gibt, diesen Bericht nach
draußen zu schicken, wo immer wir auch sein mögen…
Wir können doch nicht alle einfach so verschwinden, oder? Ihre wahre Lage war alles andere als beruhigend. Tatsächlich
kam es hin und wieder vor, dass Linienschiffe einfach verschwanden.
Wenn es sich hier wirklich um Luftpiraterie der Übermenschen
handelte, bestand keine Chance, dass jemals irgendetwas davon nach
außen dringen würde. Und es sah ganz danach aus: Alle
Anzeichen sprachen für eine raffinierte Geheimoperation der
Übermenschen, einschließlich der Tatsache, dass sie eine
vorgebliche Krisensituation hinterhältig für sich
ausgenutzt hatten.
    BING. Eine weitere Mail von Wednesday war eingetroffen, die
sie gleichzeitig an Rachel und Martin übermittelt hatte. Was war
das?

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