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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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sagenden Eilmitteilung, die der
persönliche Assistent des Rekrutierungsoffiziers verfasst hatte.
MacDougals Diagnose wirkte bereits beunruhigend plausibel, als Rachel
auf die Dokumente stieß, die sich mit seiner lebenslangen
Obsession befassten. Sie sah auch die alten Fotos und die Rechnungen
des schäbigen Ladens. Idi – nachdem er sich von seiner
trostlosen Familiengeschichte losgesagt hatte, sein offizieller Name
– hatte alle spärlichen Auszahlungen seiner Versicherung
auf Injektionen verwendet. »Treponema pallidum – ach, du
heilige Scheiße. Er hat dafür bezahlt, mit Syphilis
infiziert zu werden.«
    »Tja, und nicht nur mit irgendeiner. Er wollte den ganzen
Spaß, die Syphilis im dritten Stadium. Die Art, bei der die
Knochenerweichung einsetzt, das Gesicht zerfällt und man unter
Demenz und Tobsuchtsanfällen leidet. Mit den Jahrzehnten
dazwischen, in denen einem Eiter aus den Genitalien sickert, wollte
sich unser Idi gar nicht erst abgeben.«
    »Er ist wahnsinnig.« Rachel schüttelte den
Kopf.
    »Das hab ich Ihnen ja gesagt. Was ich wissen möchte:
Können Sie mit ihm fertig werden?«
    »Hm.« Sie machte eine geistige Bestandsaufnahme.
»Er ist ein großer, schwerer Kerl. Ist er ein so harter
Brocken, wie er aussieht?«
    »Nein.« Das kam von Schwartz. »Ich hätte ihn
leicht überwältigen können, selbst ohne
Körperpanzer. Nur hatte er eine Waffe. Er ist krank, hat sich
selbst krank gemacht.«
    »Na dann.« Rachel kam zu einem Entschluss. »Wir
haben noch… wie viel Zeit? Vierundvierzig Minuten? Wenn Sie alle
draußen haben, werde ich wohl hineingehen müssen, um mit
ihm von Angesicht zu Angesicht zu reden. Halten Sie die Waffen
außer Sichtweite, aber falls Sie einen Schuss direkt durch die
Decke feuern können, der…«
    »Keine Geschosse«, widersprach MacDougal. »Wir
wissen nicht, wie er mit dem Abzug verdrahtet ist, und können es
uns nicht leisten, irgendein Risiko einzugehen. Allerdings haben wir
das hier.« Sie streckte eine kleine Schachtel hoch.
»Robo-Drohnen, die mit Schlafmittel geladen sind; sie haben
Fernbedienung. Ein Stich, und er ist innerhalb von zehn Sekunden
außer Gefecht gesetzt. Prekär ist nur die Zeit dazwischen,
die Spanne zwischen dem Punkt, an dem er merkt, dass er umfällt,
und dem Punkt, an dem bei ihm die Lichter ausgehen. Jemand muss ihn
davon abhalten, einen Zündungsbefehl zu brüllen, den Abzug
zu bedienen oder sonst wie die Sache ins Rollen zu bringen.«
    »Okay.« Rachel nickte nachdenklich und versuchte, das
mulmige Gefühl in ihrem Magen und den instinktiven Drang
aufzuspringen und wegzulaufen nicht weiter zu beachten. Am liebsten
wäre sie geflüchtet – egal, wohin, solange es weit
genug weg war von diesem kranken Schwachkopf mit dem
Osama-Bin-Laden-Komplex und der Atombombe oben in seiner Wohnung.
»Also koppeln Sie sich an meine Sensoren an, damit Sie alles
mitbekommen. Ich gehe rein, rede mit ihm und entscheide je nach
Situation, was zu tun ist. Wir brauchen zwei Code-Sätze. Ich
muss niesen heißt, dass ich versuchen werde, ihn
eigenhändig aus dem Verkehr zu ziehen. Und… äh… Das riecht aber seltsam bedeutet, dass Sie mit allem, was
Ihnen zur Verfügung steht, reinkommen sollen. Falls Sie die
Gelegenheit zu einem Kopfschuss haben, schießen Sie ihn auf
ihn, selbst wenn Sie durch mich hindurchfeuern müssen. Nur
versuchen Sie, mein Stammgehirn zu verschonen, falls es dazu kommt.
Nach diesen Regeln wird gespielt. Allerdings wären Drohnen
besser. Ich werde versuchen, Sie nur dann zu rufen, wenn ich mir
sicher bin, dass ich ihn selbst vorher außer Gefecht setzen
kann. Oder aber, wenn ich Gewissheit habe, dass er gleich auf den
Knopf drücken wird.« Sie zitterte und spürte den
vertrauten Schub nervöser Energie.
    »Sind Sie in diesem Punkt sicher?«, fragte Schwartz
skeptisch.
    Rachel starrte ihn an. »Dieser Schwachkopf wird
möglicherweise Dutzende oder Hunderte von Menschen umbringen,
wenn wir ihn nicht auf der Stelle überwältigen«,
erwiderte sie. »Was glauben Sie denn?«
    Schwartz schluckte, während MacDougal den Kopf
schüttelte. »Womit verdienen Sie gleich wieder Ihren
Lebensunterhalt?«
    »Ich greife auf die Stellen zu, die die normalen
Abrüstungsinspektoren nicht mal mit der Kneifzange anfassen
würden.« Rachel grinste, um der eigenen Angst die
Zähne zu zeigen. Gleich darauf stand sie auf. »Also, lassen
Sie uns gehen und nachsehen, was er treibt.«

 
außer gefecht gesetzt
     
    Aus dem Orbit gesehen, war die Erde im 24.

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