Supernova
Ausstattung ging er nirgendwo
hin.
»Wie schlimm war es denn?«, fragte er leise.
»Schlimm?« Sie zuckte die Achseln. »Wenn man eine
Skala von eins bis zehn zugrunde legt, auf der die Neue Republik
Stufe acht oder neun einnimmt, hat diese Sache etwa Stufe elf. Ein
Teil davon ist die Anweisung, besser zu sterben, als irgendetwas
preiszugeben, aber ich schätze, es macht nichts aus, wenn ich
dich in das einweihe, was sowieso schon öffentlich bekannt ist.
Und das allein ist schlimm genug.« Sie schüttelte den Kopf.
»Wie spät ist es?«
»Mhm, etwa 15.00 Uhr Bordzeit. Es gab übrigens eine
Ankündigung: Wir sollen heute Nacht die Uhren
vorstellen.«
»Alles klar.« Geistesabwesend trommelte sie mit den
Fingerspitzen auf den lackierten Beistelltisch. »Ich glaube, ich
komme jetzt doch auf dein Angebot mit dem Drink zurück; solange
für den Fall der Fälle irgendetwas da ist, das mich wieder
nüchtern macht.«
»Pf…« Martin drehte an einem seiner Ringe.
»Bitte zwei eisgekühlte Margaritas aufs
Promenadendeck.« Er musterte sie eingehend. »Ist mein
früherer Arbeitgeber in die Sache verwickelt?«
»Hm, ich glaube nicht.« Rachel berührte seine
Schulter. »Du hast doch nichts dergleichen gehört,
oder?«
»Ich bin doch auf Strandurlaub, soweit ich weiß.«
Seine Wange zuckte. »Und habe derzeit noch keinen neuen Vertrag,
also gibt es keinen Interessenkonflikt.«
»Gut.« Sie griff nach seiner freien Hand. »Gut.«
»Du klingst nicht sonderlich glücklich.«
»Das liegt daran, dass…« Sie schüttelte den
Kopf. »Warum, zum Teufel, sind die Menschen nur so
dumm?«
»Dumm? Was meinst du damit?« Er hob ihre Hand leicht an
und inspizierte eingehend das Handgelenk.
»Menschen!« Es kam wie ein Fluch heraus. »Wie
dieses Arschloch in Genf. Wie sich jetzt herausstellt, war da ein,
ein…« Ehe sie fortfahren konnte, läutete der stumme
Diener neben dem Tisch, um auf sich aufmerksam zu machen. »Und
diese Hexe in der Unterhaltungsabteilung. Übrigens habe ich
Nachforschungen veranlasst, hab ein paar Fäden gezogen. Wenn wir
nach Hause kommen, müsste ich den ganzen Dreck zusammenhaben,
mit dem ich sie belasten kann.« Als sie sich umdrehte und den
stummen Diener öffnete, fand sie innen ein Tablett. »Das
ging aber schnell.« Sie holte zwei Gläser heraus und
reichte eines an Martin weiter.
»Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei den dummen,
böswilligen, destruktiven Arschlöchern. Vor etwa fünf
Jahren gab es nahe bei den Septagon-Sternen diese Supernova, die ein
System namens Moskau erwischt hat. Wie sich jetzt herausstellt, war
das alles andere als eine Naturkatastrophe. Irgendjemand hat den
Stern mit Eisen bombardiert. Genauer gesagt mit einer Waffe, die die
Kausalität verletzt, so illegal, wie eine Waffe nur sein kann
– und außerdem, wie es aussieht, schon bei der
Konstruktion instabil und teuflisch gefährlich. Ich würde
ja gern wissen, warum diese Waffe nicht die Aufmerksamkeit einer
gewissen ortsansässigen Gottheit auf sich gezogen hat.
Jedenfalls verfügte die Moskauer Republik über eine
bescheidene Abschreckflotte, die in der Oort-Wolke stationiert war,
weit genug draußen, um die Explosion gerade noch zu
überleben. Außerdem befand sich Moskau zu diesem Zeitpunkt
mitten in einem Handelsdisput. Also sind die Bomber gestartet. Und
jetzt versuchen wir den verbliebenen Diplomatischen Stab Moskaus dazu
zu überreden, die Bomber zurückzurufen, damit sie keinen
Vergeltungsschlag auf einen Planeten mit fast einer Milliarde
Einwohnern ausüben. Dabei sind wir uns recht sicher, dass diese
Einwohner mit dem Kriegsverbrechen überhaupt nichts zu tun
hatten.«
»Klingt schlimm.« Sie sah zu, wie er mit
zurückhaltender Miene sein Glas hob.
»Was uns Kopfschmerzen bereitet, ist die Tatsache, dass das
Angriffsziel der Bomber – Neu-Dresden – nicht gerade eine
weiße Weste hat. Im Laufe des letzten Jahrhunderts gab es dort
eine ganze Reihe wirklich blutiger Bürgerkriege. Was den Leuten
geblieben ist, mag zwar stabil sein, aber nicht unbedingt so
beschaffen, dass man Freudenschreie ausstoßen wollte. Und was
das Schicksal von Moskau betrifft – verdammt!« Sie stellte
ihr Glas ab. »Offenbar sind Welten mit einer einzigen
planetarischen Regierung nicht dazu ausersehen, nach außen hin
offen und in Frieden zu leben und bürgerliche Rechte zu
garantieren. Wenn ich mitbekomme, dass ein Planet nur eine einzige
Regierung hat, halte ich nach den Massengräbern Ausschau.
Offenbar ist es so etwas wie
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