Supervision - Grundlagen, Techniken, Perspektiven
neuen Herausforderungen in der Arbeit, sondern auch für die Familie; etwa um Ehekrisen zu vermeiden oder die Anpassung der Kinder an ein neues Schulsystem zu erleichtern. Dabei handelt es sich um eine inzwischen über Internet und Fachverbände von Psychologen und Supervisoren global angebotene Form der (präventiven) Krisensupervision
.
3.16 Gefahr der Emotionalisierung von Arbeit
Arbeit hat für unsere psychische und soziale Identität und damit für unsere Selbstwertgefühle eine enorme Bedeutung. Arbeit darf jedoch nicht âüberwertigâ sein. Wenn man alle Selbstwertgefühle aus dem Beruf bezieht und im privaten Bereich über zu wenig Ressourcen verfügt, so wird man leicht anfällig für Zumutungen und Krisen in der Arbeit.
Auf der anderen Seite ist eine
hohe emotionale Besetzung
der Arbeit natürlich gerade in einer Dienstleistungsgesellschaft wichtig, weil nur mit Identifikation und Engagement gute Ergebnisse zustande kommen. Gleichzeitig erhöht diese Haltung jedoch auch die Anfälligkeit und emotionale Verwundbarkeit des Einzelnen durch diese Arbeit. Ein sachliches und zweckrationales Verhältnis zur Arbeit, die lebenswichtige Trennung von Beruf und Privatleben, sind dann schwer möglich. Das ist vor allem der Fall, wenn die privaten Beziehungen unterentwickelt sind und wenn das Selbstwertgefühl zu sehr auf (äuÃere) Erfolge in der Arbeit ausgerichtet ist.
In den Medien wird oft â auch auf dem Hintergrund von wissenschaftlichen Untersuchungen â berichtet, dass Mitarbeiter und Führungskräfte von Organisationen aufgrund von Stress, Konkurrenz und Existenzproblemen am Arbeitsplatz erhebliche Ãngste entwickeln. Diese Menschen fürchten um ihren Arbeitsplatz, um ihre Privilegien. Sie haben Angst davor, umgesetzt zu werden oder umziehen zu müssen (Schreyögg 2000). Auch hier können verschiedene mit der Supervision verbundene Beratungsverfahren hilfreich sein. Dazu gehören Weiterbildung, Personalentwicklung, Coaching, Outplacing,Mobilitätsberatung oder Krisenmanagement. Diese MaÃnahmen helfen eventuell, das gefährdete Gleichgewicht zwischen starkem persönlichen Engagement und Ãberforderung bei der Arbeit in der richtigen Balance zu halten.
3.17 Burn-out vermeiden
Oftmals jedoch misslingt diese Balance; dann kommt es zu Krisen. Eine spezielle Form der Krise ist das
Burn-out
, also ein berufliches âAusbrennenâ. Schon im Jahre 1974 prägte der amerikanische Psychoanalytiker Freudenberger diesen Begriff; damit meint er:
⢠Ãberforderung,
⢠zu hohe Ansprüche,
⢠zu geringe Anerkennung,
⢠zu wenig Ausgleich im Privatleben und/oder
⢠Ãberbewertung der Arbeit.
In den Folgejahren hat man diesen Begriff im deutschen Sprachraum übernommen und auf Angehörige pädagogischer, sozialer, gesundheitlicher und pflegerischer Berufe ausgeweitet. Inzwischen haben wir es mit einer unüberschaubaren Anzahl von Publikationen auf diesem Sektor zu tun.
Beim
Burn-out
kann es zu einer phasenartigen Entwicklung kommen:
1. Anfangsphase (besonders bei Berufsanfängern): hohes Engagement, Idealismus;
2. reduziertes Engagement für Betroffene, Klienten, Kunden, Kolleginnen sowie die Arbeit insgesamt;
3. Pragmatismus, Stagnation und Ãberdruss den Betroffenen, Klienten oder Kunden gegenüber;
4. emotionale Reaktionen wie Schuldzuweisung, Depression, Aggression;
5. Abbau körperlicher und geistiger Kräfte; Apathie und Verzweiflung;
6. weitere Verflachung der Gefühle;
7. psychosomatische Reaktionen;
8. Verzweiflung, Krise, Zusammenbruch
(Bermejo/Muthny 1994, S. 27).
Dieser absteigende Verlauf muss natürlich nicht schematisch vonstatten gehen. Während man bei
allen
Berufstätigen annimmt, dass mindestens ein Zehntel in diesem Sinne âberufsmüdeâ ist, so gilt als sicher, dass in den helfenden Berufen diese Quote noch höher liegt, da man auch in der Arbeit als Person mit seinen Beziehungen und Gefühlen stärker gefordert wird. Dem
Burn-out
kann man nach Meinung einer Forschergruppe in
zweierlei Hinsicht
vorbeugen: Man muss das richtige Verhältnis von
Nähe und Distanz
finden und die Interessen klarstellen sowie die Rückzugskultur überwinden, um eine möglichst
angstfreie Kommunikation
zu schaffen (Marquard u.a. 1993, S. 230).
Welche praktischen Schritte sind möglich, um auf Burn-out-Syndrome angemessen zu
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