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Supervision - Grundlagen, Techniken, Perspektiven

Supervision - Grundlagen, Techniken, Perspektiven

Titel: Supervision - Grundlagen, Techniken, Perspektiven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Leid, das von den Heranwachsenden „in“ die Erzieher gelangte, „aufzunehmen“ und buchstäblich „mitzunehmen“, um die Erzieher zu entlasten
.
    Idealerweise sollten Supervisoren in solchen Fällen wie ein emotionaler „Container“ wirken, der Bedürfnisse aufnimmt und sie befriedigt. Dabei kann der supervisorische Dialog auch eine „tröstende“ Funktion haben: etwa indem einfach vermittelt wird, dass „gute Arbeit“ geleistet worden ist.
    Das Schicksal des Haftinsassen, der sich trotz persönlicher Betreuung das Leben nimmt; der junge AIDS-Kranke, der gerade gestorben ist, oder andere „Grenzsituationen“ können die helfenden Sozialarbeiter auch an die „Grenze“ ihrer Kraft bringen und große Bedürftigkeit und Pessimismus deutlich werden lassen
.
    Zur „Container-Funktion“ der Supervision gehört es auch, diese tiefen Sinnfragen, Bedürftigkeiten und existenziellen Grenzen zu verstehen, anzusprechen und sozusagen „mitzunehmen“, um die Supervisanden zu entlasten (Lazar 1994). In der Supervision ist es dann wichtig, das einfach „auszuhalten“. Wenn die unmittelbar Betroffenen ihre „Geschichten“ in der Supervision „loswerden“ können, sind diese eigentlich „weg“, auch wenn das ursprüngliche Problem nicht gelöst ist. Denn das ist möglicherweise unlösbar. Allerdings kann die Belastung durch Zuhören des Mitgeteilten verringert werden.
3.22 Supervision ermöglicht Psychohygiene
    Schon im Jahre 1975 hat die inzwischen historische „Psychiatrie-Enquete“ festgestellt: „Etwa jeder dritte Bundesbürger hat bereits einmal in seinem Leben irgendeine psychiatrische Krankheit durchgemacht oder leidet noch daran“ (Deutscher Bundestag 1975, S. 7). Mehrere Folgeuntersuchungen bestätigten diesen Sachverhalt. Beispielsweise hat eine Befragung des Max-Planck-Instituts der T. U. Dresden im Jahre 2000 ergeben, dass 20 % der 18–65-jährigen Deutschen unter psychischen Störungen leiden, die behandelt werden sollten. Das bedeutet bezogen auf die Arbeitsfähigkeit, dass die Betroffenen aufgrund psychischer Probleme im Durchschnitt ein bis zwei Tage vom Arbeitsplatz fernbleiben (Frankfurter Rundschau, 18.11.2000).
    Fünf Prozent der Bevölkerung sind dringend behandlungsbedürftig. Aber nur 0,2 % erhalten tatsächlich psychotherapeutische bzw. psychiatrische Hilfe, teilweise erst nach einer siebenjährigen „Patientenkarriere“ (Meyer u.a. 1991, S. 17). Diese Angaben verdeutlichen, wie notwendig Psychohygiene ist. Psychohygiene (
mental health
) meint allgemein Maßnahmen zur Erhaltung seelischer, geistiger und körperlicher Gesundheit der Bevölkerung. In jüngster Zeit wird dieser Begriff auch auf präventive und fördernde Maßnahmen für berufliche Zusammenhänge angewendet. Zur Psychohygiene gehören demnach Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, wechselseitige Unterstützung, stabile Beziehungen im privaten Bereich, Entlastung durch sinnvolle Freizeitaktivitäten, Weiterbildung – und auch Supervision.
    Untersuchen wir diese Ergebnisse einmal bezüglich einer speziellen Berufsgruppe. Wie steht es um die Psychohygiene der Lehrer?
    Je nach Untersuchung gehen
    â€¢ 5–30 % der Lehrer mit 65 Jahren in Pension,
    â€¢ 31–56 % scheiden vorher wegen Dienstunfähigkeit aus,
    â€¢ die Übrigen gehen mit 63 Jahren vorzeitig in den Ruhestand.
    Welche Merkmale haben psychisch labile oder psychisch erkrankte Lehrer? Sie sind
    â€¢ häufiger geschieden,
    â€¢ öfter allein lebend,
    â€¢ hatten zu Berufsbeginn vermehrt idealistische Motive
    (Psychologie heute 2/2000, S. 9).

IV. Supervision als Prozess
    Gegenstand dieses Kapitels ist ein idealtypischer Supervisionsprozess, der sich vom Erstkontakt bis zum Abschlussgespräch erstreckt. Dabei gilt die Darstellung sowohl für den Profit- als auch für den Non-Profit-Bereich. Als Erstes müssen Besonderheiten des Beratungsverständnisses bei der Supervision geklärt werden.
1. Welchen Beratungsansatz hat die Supervision?
    Bevor man mit einer Beratung beginnt, sollte man sich über sein Menschenbild und seine ethischen Grundsätze sowie die davon abgeleiteten Überlegungen und Strategien im Klaren sein. Denn daraus entwickeln sich, mehr oder weniger unausgesprochen, die jeweiligen Vorstellungen

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