Supervision - Grundlagen, Techniken, Perspektiven
oder statt einer Teamsupervision eine Organisationsberatung (S. 97ff.). Auch kann das Ergebnis dieses Erstgesprächs sein, dass statt der Supervision eine Weiterbildung, ein Kommunikationstraining, eine Projektbegleitung oder ein Moderatorentraining (S. 56) stattfindet.
Dem Kontakt folgt beim Erstgespräch idealerweise ein klarer
Kontrakt
(Belardi 1998, S. 200â201). Dieser enthält unter anderem in schriftlicher Form die Anzahl der Sitzungen, Kommunikationsregeln (S. 78ff.) sowie die Zusicherung von Anonymität; Rahmenverletzungen (Zuspätkommen, Ausfall von Sitzungen, Nichteinhalten von Vereinbarungen) sind zu thematisieren. Oft handelt es sich um (begründete oder verständliche) Widerstände, die nach einer Klärung fruchtbar sein können.
5. Dreiecksverhandlungen
Bei der Supervision in Organisationen haben wir es meistens mit einem âDreieckskontraktâ zu tun: Supervisor, Team, Geschäftsleitung. Dabei kann es zu Erfolgs- oder Misserfolgswünschen, verborgenen Zielen und âgeheimen Aufträgenâ kommen. Wenn Supervisoren diese verstehen und es vermeiden, sich auf âeine Seiteâ ziehen zu lassen, es ihnen gleichzeitig gelingt, diese Einflussfaktoren in den Prozess zurückzuspeisen, dann haben sie die Chance, etwas zu bewegen. In jedem Falle sind die Modalitäten von Terminen und Finanzen mit der Geschäftsleitung zu klären. Auch die Geschäftsleitung ist darüber zu informieren, dass aus Gründen des Datenschutzes der Supervisor keine Einzelheiten aus der Supervision mitteilendarf. Allerdings hat die Geschäftsleitung das Recht zu erfahren, ob die Supervision stattgefunden und wer daran teilgenommen hat. Auch kann man sie ganz allgemein über die Themen informieren. Im Ãbrigen empfiehlt es sich, dass der Supervisor bei allen künftigen Gesprächen mit der Geschäftsleitung vorher die Teilnehmer der Supervision informiert oder gar ein Mitglied des Teams daran beteiligt.
6. Der idealtypische Supervisionsprozess
Im Rahmen dieses Buches kann kein umfassender Einblick in den Supervisionsprozess geleistet werden. Allerdings möchte ich einige idealtypische Schwerpunkte benennen.
In der Regel beginnt eine Gruppen- oder Teamsupervisionssitzung mit einer kurzen
Aushandlungsphase
darüber, wer zuerst über was berichtet. In manchen Einrichtungen haben sich die Teilnehmer schon vor Sitzungsbeginn darauf verständigt. Ansonsten fragt der Supervisor und legt eventuell im Einverständnis mit den Teilnehmern eine Reihenfolge der zu besprechenden Themen fest.
In dieser
Aushandlungsphase
kommen häufig offene und verdeckte Anliegen zur Sprache. Zwei, drei oder mehr Themen werden kurz benannt, finden aber vielleicht keinen Anklang. Meistens bildet sich dann in einem kreativen Gruppenprozess aus mehreren diffusen ÃuÃerungen und Anliegen plötzlich ein
Kernprozess
heraus. Dieser findet dann spontan das Interesse und die aktive Beteiligung der Gruppenmehrheit. Die Erfahrung zeigt, dass es sich in diesen Fällen um typische gemeinsame und eher unbewusste Themenfindungen einer Gruppe, eines Teams oder einer Institution handelt. Latent vorhandene Spannungen, Bedürfnisse oder Konflikte werden auf diese Weise manifest. Das funktioniert allerdings nur, wenn es dem Supervisor gelingt, den Gruppenprozess nicht zu sehr zu steuern, um gerade durch die Unstrukturiertheit einen Raum für die Artikulation vorbewusster oder unbewusster Anliegen zu schaffen. Jede übermäÃige Formalisierung des Supervisionsprozesses behindert die Kreativität. Der Gefühlsbereich würdedann vernachlässigt werden: Man kann nicht mehr âhörenâ, was gefühlt oder gedacht, nicht aber gesagt wurde.
Die Fallabläufe werden in der Fachliteratur unabhängig von der jeweiligen Supervisionsrichtung ähnlich beschrieben. Aus diesem Grunde will ich sie hier nur kurz benennen. Nach der
Aushandlungsphase
sowie der Entscheidung für einen Fall kommt es dann zur
Falldarstellung
durch den
Falleinbringer
. Die übrigen Gruppen- oder Teammitglieder sollten dabei nur kurze Verständnisfragen stellen. Das ist deswegen wichtig, damit diese nicht ihre âeigene Geschichteâ an diesen Fall âdranhängenâ und auf diese Weise die Kommunikation verwirren. Darüber zu wachen, ist vor allem die Aufgabe des Supervisors. Aus diesem Grunde hält er sich mit Stellungnahmen zurück. Der Supervisor nimmt eine
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