Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
sind. Sogar jeder auf seiner eigenen Insel. Und dass das gar nicht gut für eine Beziehung ist.»
«Und du glaubst den Quatsch? Was ist gegen eine Insellage einzuwenden? Die Briten sind sehr erfolgreich damit. Die haben auf die Art die ganze Welt erobert.»
«Aber hat man sie gemocht? Auf der ganzen Welt? Und was ist jetzt mit den Briten? Geht’s denen gut? Glaube nicht, das sagen zu können, mein Lieber.»
Hölderling verstand immer weniger von dem, was seine Exgattin von sich gab. Was hatte dieser Thomas Struck für einen Einfluss auf seine herrlich skurrile, blaustrümpfige Inselbewohnerin Annelies? Natürlich war er nicht so wie jeder andere und seine Expartnerin schon gar nicht wie jede andere. Aber das war ja schließlich ein Teil des Betons, aus dem das Fundament ihrer Beziehung gegossen war. Er liebte seine Inselfrau genau so, wie sie war. Er hatte aus ihr nie ein kommunikatives, allgemeinverträgliches Weibchen machen wollen. Und Annelies hatte auch nie erwähnt, dass sie anders hätte sein wollen oder ihn anders hätte haben wollen … Aber irgendwas musste ja doch nicht gestimmt haben, sonst hätte sie ihn nicht verlassen.
«Wolltest du von deiner Insel runter?», fragte er und ließ die Schultern hängen. «Und wenn ja, warum hast du mir das nie gesagt?»
Annelies drehte sich im Laufen zu ihm um und sagte: «Nein, ich dachte nur, es wäre schön, wenn du öfters mal auf meine Insel kämest, aber immer, wenn ich meine Fahne geschwenkt habe, war mein Robinson Crusoe grad beschäftigt.»
«Du aber auch … Freitag.»
«Tja, vielleicht hätten wir die Inselöffnungszeiten besser abstimmen sollen, aber …» Weiter kam Annelies nicht, denn sie bemerkte, dass sie beobachtet wurden.
«Ich störe nur ungern – aber könnten Sie Ihre Beziehungsprobleme bitte woanders ausdiskutieren?», sagte Ferdinand Bundt.
«Wir haben nicht …», sagte Hölderling und geriet ins Stottern, denn er wusste nicht, wie lange Bundt ihnen schon zugehört hatte. Er stand vor seiner Wohnungstür, in Schlappen und dunkelblau kariertem Schlafanzug und zog ein missmutiges Gesicht.
«Wir wollten zu Ihnen», sagte Annelies ohne Umschweife. Sobald es um die Arbeit ging, wurde von ihrer Insel scharf geschossen, und für die üblichen Höflichkeitsfloskeln blieb keine Zeit.
«Die Küche, wir müssen in die Küche, und Sie müssen mit. Ich hab da ein paar Fragen.»
«Bitte», schob Hölderling hinterher. So würde das mit seiner Idee, die Küche und das Vertrauen von Ferdinand Bundt zu erobern, schon mal gar nichts werden. Der Koch griff neben sich, nahm den Schlüssel vom Haken, dann zog er die Tür zu und grummelte: «Von wegen, die will nur spielen … komische Auffassung von spielen.»
Hölderling zuckte die Schultern. Der Koch verdrehte die Augen.
Annelies marschierte voraus und dozierte über das Rascheln ihres Abendkleides hinweg: «Herr Bundt, wir haben es mit einem Mord zu tun. Die Tatwaffe stammt vermutlich aus Ihrer Küche. Wie viele Schaschlikspieße haben Sie in der Schublade?»
Hölderling betrachtete Annelies’ Hinterteil und dachte: Apfelpopo an Seide …
Ferdi Bundt dagegen sah schweren Zeiten entgegen und konnte der delikaten Rückenansicht von Dr. Annelies Seydelbast rein gar nichts mehr abgewinnen. Da konnte sie mit ihrem Popo rumwackeln, soviel sie wollte. Dass Marielle sich das gewünscht hätte, dieser Furie mit starkem Hang zur Leichenfledderei ausgeliefert zu sein, bezweifelte er stark. Wie konnte man mit so was befreundet sein? Und vor allem, wie konnte dieser arme Mann, dieser Hölderling, ihr auch noch nachweinen? Der Koch beobachtete den Kommissar aus den Augenwinkeln und entschied, dass der Kerl neben ihm dringend einer Stärkung bedurfte; und er wunderte sich, warum er plötzlich Sympathie für einen Polizisten empfand, den er vor ein paar Stunden noch gar nicht gekannt hatte. Na ja, Leidensgenossen. Hölderling hatte bereits verloren, was er liebte, und er, Ferdinand Bundt, würde in absehbarer Zeit sein kleines Königreich an diese Usurpatorin abtreten müssen. Was er aus dem Fernsehen wusste, war, dass diese Leute alles beschlagnahmen, absperren und versiegeln würden, bis weiß gewandete Männer, die sie im TV immer «die Spusi» nannten, wie kleine Maden herumwimmeln würden, um seine Küche auf den Kopf zu stellen und auch das allerletzte Molekül, das zur Aufklärung des Mordes führen konnte, einzufangen, einzutüten und in irgendein Labor zu schicken.
Als die kleine Truppe vor der
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