Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
wahrscheinlich noch hier. Hab ich recht, Gregor?»
Hölderling nickte. Lobenthal bekam einen Schluckauf, und Gretchen rief, offensichtlich von einer Erkenntnis geradezu überrannt: «Und wer beschützt uns jetzt? Etwa du, Gregor?» Sie schaute sich in der Runde um. «Meinst du wirklich, es ist einer von uns gewesen? Hey! War es einer von euch?!»
Das Krähenfüßchen schüttelte den Kopf und flüsterte: «O mein Gott … Wir werden alle sterben.»
«Wir müssen hier raus – das halt ich nicht aus», sagte Sigrid, die mittlerweile Traudel fest umklammert hielt. «Wir, wir … müssen Schnee schaufeln. Wir müssen hier raus! Conrad, sag du doch auch endlich mal was. Das ist schließlich dein Haus!»
Conrad Faust griff in Antons Hosentasche, holte den gerollten Hunderter heraus und stieß Hanno von der Theke weg. Dann zog er sich die Line Koks in die Nase, die Hanno zu verbergen versucht hatte. Er wischte sich mit dem Handrücken die Nase, tupfte die letzten Krümel mit dem Zeigefinger auf und rieb sich das Koks aufs Zahnfleisch.
«Traudel hat dich was gefragt», sagte Jürgen.
«Und ich hab keine Antwort», sagte Conrad und warf beide Arme in die Luft. «Ein Mörder ist in meinem Haus! Ja, und? Soll ich ihm Hausverbot erteilen? Dafür müsste man erst mal wissen, wer es ist. Vielleicht können wir hier eine Abkürzung nehmen?! Könnte der Bösewicht bitte aufzeigen, damit ich ihm meinen verbindlichsten Dank aussprechen kann. Rein privat, versteht sich. Und das Krähenfüßchen kann ihn ja dann ins Klassenbuch eintragen? Oder was?»
«Red doch nicht so ’n Scheiß», sagte Lobenthal und hickste. «Willst du etwa damit sagen, dass es dich freut, dass Marielle tot ist?»
«Ich habe gar nichts gesagt. Und spiel hier nicht den Moralapostel. Das steht dir nicht. Und nur fürs Protokoll – das Koks hier hat Otto mitgebracht. Echtes Klinik-Koks. Na, ist das nichts für die Polizei?», sagte Conrad.
Lobenthal ging auf Faust zu, und es sah so aus, als wolle er eine Rauferei anfangen. Hölderling griff sich einen Barhocker und knallte ihn auf den Fußboden. «Ich geb euch fünf Minuten. Dann tritt jeder im Küchentrakt bei Annelies an und lässt sich die Fingerabdrücke abnehmen. Alle! Und danach geht jeder auf sein Zimmer und hält die Klappe, bis ich zum Frühstück läute. Ist das klar?» Hölderling konnte, wenn er wollte. Und jetzt wollte er. Er drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Partykeller.
Nach nicht einmal zwei Minuten kamen alle, angeführt von Viktor, aus der Disko. Aus den Gesichtern war die Aufmüpfigkeit gewichen. Durch die Bank sahen sie aus wie blasse Käserinde.
«Ich geh dann mal vor», sagte Hölderling, und die kleine Bagage folgte schweigend. Traudel musste gestützt werden, und Gretchen versuchte, im Laufen eine Zigarette anzuzünden, was ihr nicht gelang. Als Hölderling mit der Truppe bei Annelies ankam, hatte er die Nase voll. Von seinen Mitschülern, diesem Tag und vor allem von demjenigen, der Marielle ermordet und ihm damit das Desaster eingebrockt hatte. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Fast vier. Hier gab es für ihn nichts mehr zu tun. Alle waren zu betrunken oder sonst wie zugedröhnt. Eine Befragung hatte keinen Zweck. Annelies kam aus dem Kühlhaus, sah das elende Häuflein und befahl: «Setzt euch in eine Reihe. Falls ihr dazu noch in der Lage seid.»
Alle gehorchten schweigend.
«Und du, Conrad, von dir hätte ich was anderes erwartet», setzte sie nach und wischte die letzten Krümel Koks von seiner Nase. «Und überhaupt, was fällt euch eigentlich ein? Hattet ihr vor, Marielle zu gedenken, oder was? Unsere Freundin ist tot, und ihr besauft euch und feiert, als gäb’s kein Morgen.»
«Gibt’s ja wahrscheinlich auch nicht», greinte das Krähenfüßchen. «Der Mörder ist noch hier! Macht dir das gar keine Angst?»
Annelies schüttelte den Kopf. «Nein, tut es nicht. Du kannst gern in meinem Zimmer schlafen, wenn dich das beruhigt.»
Hölderling wunderte sich. Annelies brachte menschlichen Regungen bestenfalls ein Achselzucken entgegen, und nun bot sie Petra Spieß an, bei ihr zu nächtigen?
«Wer sind Sie, und was haben Sie mit Annelies Seydelbast gemacht?», sagte Gretchen prompt. Sigrid kicherte. «Der Kühlschrank wird menschlich … hört, hört.»
«Eben noch den Arsch voll Angst und jetzt schon wieder aufmüpfig», sagte Annelies und machte sich an die Arbeit.
«Brauchst du mich noch?», fragte Hölderling. Annelies schüttelte den
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