Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Surf

Surf

Titel: Surf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Duane
Vom Netzwerk:
erwies sich, dass Skinny einfach nur nach Hause wollte und den ganzen Weg per Anhalter zurückfuhr, während die Welt in einem Schweif grünblauen Lichts an ihm vorüberflog.
    Skinny war ein Berufs-Surfer und Taugenichts, der immer breit grinste. Er sprach mich einige Tage nach meinem Umzug nach Santa Cruz auf der Straße an. Er habe sein Jahreseinkommen von sieben Riesen, sagte er, bei einem Team verdient, das in Oregon Wanderungen veranstaltete, als die Wellen in Kalifornien klein waren, dann ein paar Monate in Costa Rica mit perfektem Surfen totgeschlagen und sei jetzt über den Winter zurückgekommen. Seinen Trailer hatte er für einen Hunderter im Monat auf einem Campingplatz geparkt. Die meiste Zeit sah er sich Basketballspiele im Fernsehen an, aß Müsli und rauchte Gras. Außerdem hörte er von morgens bis abends Radio, verfolgte die Wetterberichte und hielt sich beim Seewetteramt auf dem Laufenden. An jenem Tag, als wir uns zufällig in der Stadt trafen, erzählte er mir, dass ein Hochdruckgebiet vor Washington nach Idaho ziehen und uns ablandige Winde bescheren könnte. Er bot mir an, mit mir bei Morgengrauen die Spots abzuchecken, was mich durchaus reizte, da ich mich in der Gegend noch nicht gut auskannte und am Pleasure Point bereits eine Menge miese zweistündige Surfsessions mit nicht mehr als zwei Wellen erlebt hatte. Also fuhr ich am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang los, um Skinny abzuholen. Während sich der Nachthimmel über Sahnas rot verfärbte, bog ich von einer schmalen Straße in Santa Cruz mit unauffälligen Bungalows und hohen Redwoodbäumen auf seinen geschotterten Abstellplatz ein und schaltete die Scheinwerfer aus. Skinny kam heraus, schloss rasch die Tür des Wohnwagens und verbot mir, einen Blick hineinzuwerfen. Niemand dürfe dort hinein, sagte er, nicht einmal seine Freundin, eine Lehrerin. Und er wollte auch nicht, dass sie ihn dort abholte, fand es einfach zu schwierig, ihr das Ganze zu erklären. Am besten war, dass sich alles bei ihr abspielte.
    Ich lud mein Board und meinen Anzug auf die gepolsterte Ladefläche seines aufgemotzten, verdreckten 4WD-Toyota-Pick-ups, den er mit Stickern von Surfshops – Biotribe, Unitryb, World Jungle, Hunters and Gatherers – voll geklebt hatte. Sofort bekam ich gute Laune, denn jetzt saß ich mit einem Surfkumpel im Auto, mit einem, der sich in der Gegend auskannte. Nachdem wir kurz auf ein paar labbrige Blaubeer-Muffins und dünnen Kaffee gehalten hatten, fuhren wir noch etwas in der Stadt herum und redeten über die Schulzeit und seinen und meinen Umzug an die Küste. Skinny besaß einen wachen, schalkhaften Humor. An das Grateful-Dead-Konzert erinnerte er sich hauptsächlich wegen der Erdnussbutter, die er verdrückt hatte, damit die Pilze überhaupt genießbar waren. Während wir an der Steilküste entlangfuhren, vorbei an pittoresken, stuckverzierten Steinhäusern, sagte er, ihm gefalle der Wind auf dem Wasser nicht, und wahrscheinlich würden sich sowieso schon bald zu viele Typen an den Spots in der Stadt tummeln. Also verließen wir die Stadt Richtung Norden, auf einem Highway mit verdörrten Hügeln zur Rechten und bewirtschafteten Feldern zur Linken, während der Nebel sich vor der Küste hob. Wir kamen an mehreren Gruppen von Pick-ups vorbei, die offensichtlich an Surfspots parkten, aber Skinny hatte jedes Mal Bedenken anzumelden: zu viele Autos, Richtung der Dünung falsch, Wind verkehrt. Ich wurde langsam hippelig und fragte, was er von dem Spot ohne Autos halte, an dem ich schon einmal mit dem Sensenmann flüchtig Bekanntschaft gemacht hatte.
    «Der heißt Point», antwortete Skinny, als er direkt daran vorbeisauste. «Ist echt scheiße.»
    «Aber dort ist niemand.»
    «Der Spot ist doch pipifax», sagte er grinsend. «Nichts für mich.»
    Weil das vermutlich heißen sollte, dass die Wellen nicht seinem Standard entsprachen, beschloss ich, ihm die Geschichte, wie ich fast ums Leben gekommen war, ein andermal zu erzählen. Doch als wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, bis zur nördlichen Grenze des County gefahren waren und immer noch keinen geeigneten Spot gefunden hatten, teilte ich ihm mit, ich würde gern mal kurz ins Wasser, wenn er nichts dagegen habe. Ich sei nicht darauf aus, etwas Perfektes zu finden, hätte einfach nur Lust, ein bisschen zu surfen. Da beschloss er, dem Point eine zweite Chance zu geben. In der Nähe eines Eukalyptuswäldchens und einiger verlassener Farmarbeiterbaracken mit zerbrochenen

Weitere Kostenlose Bücher