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Surf

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Titel: Surf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Duane
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isoliert als Fett, wasserdicht ist und ihnen Auftrieb gibt. Und sie sind leise, bellen und brüllen nicht wie Seelöwen oder Robben. Der Otter treibt einfach allein im Wasser, taucht nach Essbarem, bleibt in seinem Heimatrevier, pflegt seinen Garten und hält sich einen guten Futterplatz, um Weibchen den Hof zu machen. Es heißt, Otter schliefen eingerollt auf dem Sand, die Pfoten über die Nase gelegt, aber dieser hier döste höchstens mal zwischen schleimigen grünen Fetzen Seetang an der Wasseroberfläche (es sei denn, er ging woanders an Land, an irgendeinem Kliff, das nicht genug Strand für Sonnenhungrige und keine Wellen für Surfer bot). Er benahm sich wie ein nervöser, verärgerter Wichtigtuer, hatte nicht die träge Neugier der Robbe. Aber bleiben wir fair: Um seine Körpertemperatur konstant zu halten, muss er täglich Nahrung zu sich nehmen, die einem Drittel seines Körpergewichts entspricht.
    Dann zog sich der Nebel zurück, und eine Zeit lang glich das Meer einer winterlichen Sturmlandschaft, während es zum Land hin in hellen Blau- und Grüntönen glitzerte und die spätmorgendliche Wärme über dem klarsten Wasser lag, das ich je gesehen habe. In drei Metern Tiefe wedelte das Seegras inmitten von Rotalgen und Seeigeln, und das Wasser schmeckte sauber nach Seetang. Als ein anderer Surfer herausgepaddelt kam, ließ sich Vince ganz davontreiben – vielleicht war er schüchtern oder nicht gesellig genug, seine Zeit mit Aufmerksamkeit zu vergeuden. Der Neuankömmling wirkte ziemlich nordeuropäisch: «Aus Holland», antwortete er, als ich ihn ein wenig abrupt fragte, woher er komme, «aber aufgewachsen bin ich in Liberia.» Er war froh, mit jemandem reden zu können. Sein Vater, so erzählte er, arbeite in der Entwicklungshilfe und lebe noch immer in Afrika. Als er einmal in der Zeitschrift einer Fluggesellschaft ein Foto von einem Surfer sah, habe er sich vorgenommen, so etwas auch einmal mit seinen drei Jungs auszuprobieren; während eines kurzen Aufenthalts in Spanien hatte er dann ein paar gebrauchte Surfbretter gekauft. Plötzlich drehte sich der holländische Surfer um und paddelte davon – eine gute, schulterhohe Welle. Er startete spät, geriet in den vordersten Rand der herabbrechenden Welle und stürzte. Lächelnd kam er wieder hoch und paddelte erneut hinaus. «Na ja», sagte er, während er auf seinem Brett lag, «wir haben nie ein Video gesehen, von richtigem Surfen ganz zu schweigen. Wir wussten nur, dass man irgendwie eine Welle erwischt und am Ende wie die Typen auf den Fotos aufrecht dasteht. Es war absurd.» Durch einen Steward der Pan Am, den sein Flugplan auch nach Kalifornien brachte, hatten sie sich dann bessere Bretter und eine Ausgabe des Surfer besorgt; sie hatten ihn zufällig in einem Café in Monrovia getroffen, ihre Bestellung aufgegeben und gewartet. Drei Monate später machte der Steward sein Versprechen wahr. «Und dann war da noch dieser alte Liberianer», sagte er, «ein Fischer, der direkt am Wasser wohnte und den Swell voraussagen konnte. Nicht die großen Sturmdünungen, sondern die vor Ort. Er hat immer gesagt: ‹Morgen wird's Wellen geben› – und er hatte Recht.» So hatten die Brüder samt Vater also das Surf-Rad neu erfunden, allein in Westafrika. Inzwischen lebten sie über den ganzen Globus verstreut und trafen sich einmal im Jahr – in diesem Jahr an einem Spot in Tansania. Der Bruder, mit dem ich jetzt sprach, lebte mit seiner amerikanischen Frau in San Francisco und wollte wissen, ob ich verheiratet sei. Als ich meine Quasi-Freundin, die Grafikerin, erwähnte, die inzwischen in San Francisco lebte, fragte er, ob sie surfe.
    Ich lachte nur – sie hätte auch gelacht.
    «Weißt du», sagte er ganz ernsthaft, «wenn sie es mal ausprobieren möchte – ich besitze ein nagelneues, nie benutztes Board und einen Anzug, der ihr passen würde.»
    «Noch nie benutzt?»
    «Nein.»
    «Von deiner Frau?»
    «Wie hast du das erraten?»
    Eine Stunde später – der holländische Surfer war gegangen, und Vince stand am Strand und zog sich um – paddelte ich an Land. Als ich dem Otter zu nahe kam, hob er seinen Kopf mit den weißen Tupfen aus dem Wasser, um sich umzuschauen, dann klemmte er sich den Stein unter die Achsel und tauchte ab. Während ich mich am Strand anzog, war mir klar, dass meine Zehen in diesem Nieselregen nie trocken werden würden; sogar mein T-Shirt war feucht. Als Vince sich nach vorn beugte, um die Hose anzuziehen, fiel mir eine Tätowierung

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