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Survive

Survive

Titel: Survive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Morel
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wir noch nicht mal mehr unsere Klokabine als Zuflucht haben. Ein kalter Wind bläst mir ins Gesicht, und ich drehe mich um und lehne mich an Pauls Brust, um mich zu schützen.
    »Flipp jetzt bitte nicht aus«, flüstert mir Paul ins Ohr.
    »Keine Sorge.« Ich setze mich wieder auf. »Es ist der Wind, er hat mich überrascht.«
    Paul richtet sich auf, legt beide Arme um mich, zieht mich fest an sich und küsst mich auf den Kopf.
    »Das Schlimmste haben wir jetzt hinter uns«, sagt er. »Schau.«
    Ich schaue aber nicht, denn ich weiß, dass das Zurückblicken schon an sich etwas Bedrückendes ist.
    Ich habe es die Steilwand hinaufgeschafft, und das macht mich froh, aber ich habe immer noch schreckliche Angst vor dem, was uns bevorsteht. Wenn ich mich jetzt auch noch damit auseinandersetzen muss, dass mich diese halsbrecherische Klettertour fast das Leben gekostet hätte, werde ich mich unweigerlich in ein völlig aufgelöstes Nervenbündel verwandeln.
    »Ich habe Angst«, sage ich aufrichtig.
    »Ich habe mir da unten fast in die Hosen geschissen. Es ist okay, Angst zu haben.«
    »Genau das sagen sie mir immer.«
    »Wer ist ›sie‹?«, fragt Paul.
    »Leute.«
    »Du meinst Ärzte?«
    »Ja, Ärzte, Eltern, Freunde und neuerdings komische Typen, die ich auf Berggipfeln kennenlerne. Aber alle sagen sie mir auch, ich solle herumspazieren, als gäbe es nichts, wovor ich mich fürchten muss. Und dann fallen sie tot um oder irgend so etwas.«
    »Ich entschuldige mich für meine Stichelei von wegen Daddys Mädchen.«
    »Konntest du ja nicht wissen.«
    »Es ist komisch, wie Leute eines Tages einfach tot umfallen. Meine Mum starb, als ich zehn war. Ich erinnere mich an den Duft ihres Haares. Erdbeeren. Das ist mir von ihr am deutlichsten im Gedächtnis geblieben.«
    »Mein Dad hat sich in den Kopf geschossen. Ich sehe nur Blut, wenn ich an ihn denke. Er hat ›Old Spice‹-Aftershave benutzt. Blut und Old Spice. Das ist es, woran ich mich erinnere.«
    Wir stehen für eine Weile einfach so da, und jeder denkt über die Erlebnisse des anderen nach. Wir sind so verschieden und uns doch so ähnlich, denke ich. Wir haben beide ein Elternteil verloren.
    Er bricht das Schweigen. »Meinst du, sie halten uns für tot?«
    »Keine Ahnung. Aber ich glaube, meine Mutter würde sich darüber freuen, dass ich endlich einen Jungen kennengelernt habe.«
    Paul lacht laut auf.
    »Du hast einen Jungen für dich gefunden, Solis? Schön zu wissen.«

Kapitel 24
    Keine Stunde später entdecken wir inmitten einer Gruppe von Steinplatten eine kleine Höhle. Im Inneren ist der Boden trocken, und der Wind fegt nicht hinein. Die Höhle ist kurz und verjüngt sich nach hinten, daher müssen wir die Köpfe Richtung Eingang legen.
    »Etwas Besseres finden wir nicht«, meint Paul, nachdem er die Höhle untersucht hat.
    Ich kann die kalte Luft spüren, die um die Höhlenöffnung zirkuliert, und befürchte, dass wir zu sehr Wind und Wetter ausgesetzt sein könnten.
    »Reicht das denn für uns beide?«, frage ich.
    »Es muss reichen. Es ist alles, was wir haben.«
    Wir rollen unsere Schlafsäcke aus und legen sie nebeneinander. Unser Unterschlupf ist recht beengt, und selbst am höchsten Punkt dürfte die Decke nicht mehr als einen Meter zwanzig hoch sein.
    »Zieh deine Stiefel, Socken und Handschuhe aus«, sagt Paul. »Die Socken in den Schlafsack, die Stiefel darunter. Zieh das trockene Paar Socken an, wir werden jeden Tag wechseln, wenn wir können.«
    Ich nicke zustimmend.
    »Wir legen uns in meinen Schlafsack und ziehen den anderen dann über unsere Köpfe. So ist es wärmer. Öffne die Jacke, damit unsere Körper einander besser wärmen.«
    Meine Verlegenheit macht sich fast gar nicht bemerkbar. Ich tue alles, worum er mich gebeten hat, und rutsche in den Schlafsack. Er hat seine Jacke geöffnet, und ich kann die Wärme seiner Brust spüren. Er greift hinter sich und zieht die beiden Plastikflaschen hervor, die er den ganzen Tag unter seiner Jacke hatte.
    »Ist der Schnee geschmolzen?«
    »Größtenteils, ja.«
    Ich nehme einen langen Zug aus der ersten Flasche. Und dann nippe ich noch einmal kurz. Ich gebe ihm die Flasche zurück, denn ich weiß, dass er ebenfalls höllischen Durst haben muss.
    »Tut mir leid, ich habe gar nicht gemerkt, wie durstig ich war.«
    »Macht nichts, aber trink nicht zu schnell – wenn du so durstig bist, kann es sein, dass es dir wieder hochkommt. Das wäre nicht gut.«
    Er nimmt selbst einen großen Schluck und reicht mir die

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