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Survive

Survive

Titel: Survive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Morel
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draufgetreten und habe es dann mit dem Pflock aufgespießt, den du mir gemacht hast.«
    Ich reiße einen zweiten Schenkel ab und reiche ihn Paul. Er beißt in das Fleisch und schlingt es schnell hinunter. Wir fallen über das restliche Fleisch her und vertilgen das meiste von dem, was vom Kaninchen übrig ist. Als wir fertig sind, starren wir einander einfach nur an. Und dann lacht Paul.
    »Du bist eine Wilde, Solis.«
    »Ich glaube auch«, sage ich mit einem Lächeln. Er scheint wieder mehr der Alte zu sein, als sei der Zorn von gestern mit seinem Sturz verflogen.
    Paul greift sich an die Stirn, und getrocknetes Blut bröselt auf seine Jacke. Er sieht mich an und versucht anscheinend, die Erinnerungsbruchstücke zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Er ist noch ein wenig benommen, und seine Augen sind glasig.
    »Was ist mit mir passiert?«
    »Du bist gefallen und hast dir den Kopf angeschlagen. Und den Arm gebrochen«, antworte ich.
    »Meine Brust fühlt sich an, als hätte sie auch mächtig was abbekommen.«
    Er sieht mich an und zeigt dann aufs Feuer.
    »Wahnsinn«, sagt er. »Wie hast du das Feuer angekriegt?«
    »Ich habe Papier aus dem Notizbuch deines Bruders benutzt. Das musste ich. Tut mir leid.«
    Pauls Gesicht verfinstert sich für einen Moment, und dann stützt er den Kopf in seine unversehrte Hand. Er denkt darüber nach, was er tun oder sagen soll – vermutlich, ob ich umarmt oder verstoßen werden sollte. Er schaut auf, und seine Augen sind trübe und wässrig. Dann ergreift er das Wort.
    »Du hast uns warm gehalten. Du hast uns Essen gemacht, das uns vielleicht das Leben rettet. Das ist wichtiger als eine Erinnerung.«
    Ich nicke.
    »Du hast ihn gelesen – ich erinnere mich, dass du den Brief gelesen hast«, sagt er leise.
    »Es tut mir leid«, erwidere ich.
    Paul schaut mir in die Augen. Dann schiebt er sich näher ans Feuer heran. Er zuckt bei jeder kleinen Bewegung zusammen. Ich hebe seinen Schlafsack auf, breite ihn über ihm aus, und wir kuscheln uns zusammen dicht ans Feuer. Ich reiße das letzte Stück Bein aus dem Kaninchen und drücke es ihm in seine gesunde Hand. Er beißt hinein und stöhnt vor Wonne.
    »Will und ich haben sechzehn Jahre im selben Zimmer geschlafen«, beginnt er. »Er hat immer alle möglichen verrückten Sachen geschrieben. Er war ein Schriftsteller, wie mein Dad. Als er dann starb, hat Dad mich, glaube ich, dafür gehasst, dass ich am Leben war. Das klingt zwar verrückt, aber ich denke, es ist wahr.«
    »Ja, sie können einen dafür hassen, dass man lebt. Ich weiß, dass das wahr ist«, sage ich und spüre die überwältigende Wahrheit meiner Worte, obwohl ich es bisher nie wirklich so betrachtet habe. So sehr meine Mutter mich liebt, sie verübelt es mir, dass ich hier bin und er fort ist. Ich habe bisher noch nie zugelassen, dass dieser Gedanke in meinem Bewusstsein feste Form annimmt, aber nun ist er da, so klar und deutlich wie jede Wahrheit der Welt.
    Er schließt die Augen und legt den Kopf an meine Schulter.
    »Will ist an Krebs gestorben, nicht wahr?«
    Paul dreht den Kopf zu mir. Ich sehe Tränen in seinen Augen aufsteigen.
    »Es ist okay, wenn du nicht darüber reden willst.«
    »Scheißleukämie. Ich sitze manchmal da und warte, dass sie sich auch in mir auszubreiten beginnt.« Er macht eine Pause und fährt fort. »Es ging schnell, nicht länger als sechs Monate. In dem einen Moment waren wir noch am Strand und lasen – nun ja, er hat gelesen, ich habe wahrscheinlich gesurft. Und als der Winter kam, war er tot.«
    »Das tut mir leid«, sage ich. »Je schneller sie sterben, umso schlimmer ist es, glaube ich. Wenn es lange dauert, hat man wenigstens Zeit, sich darauf vorzubereiten.«
    Paul greift nach meiner Hand. Ich lege meine andere Hand auf seine und bette den Kopf dann sanft in seinen Schoß.
    Ein eisiger Wind kommt auf und fährt uns schneidend ins Gesicht.
    » Verdammt , ist das kalt«, murmelt Paul.
    Ich schaue zu dem Berg vor uns auf. Er ist nicht sehr hoch, hat aber einen steilen Gipfel, und ich frage mich, ob Paul überhaupt hinaufklettern kann. Es beginnt wieder zu schneien, und die aufziehenden Wolken verkünden, dass uns neues schlechtes Wetter bevorsteht.
    »Kannst du klettern?«, frage ich.
    »Ja. Ich könnte noch ohne Arme und Beine klettern.«
    »Gut.«
    Er richtet sich auf, greift dann in seine Tasche und zieht das Päckchen Zigaretten heraus, das er dem toten Piloten abgeknöpft hat.
    »Es geht doch nichts über eine Zigarette nach dem

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