sus
können mir nicht
schaden. Außerdem sind Sie kein richtiger Flic . Wenn
die kommen, von alleine oder auf Ihre Veranlassung, müssen sie sich schon
mächtig ins Zeug legen, um was aus mir rauszuholen... wenn ich keine Lust dazu
habe.“
„Mit anderen Worten, Sie
wollten mir einen Gefallen tun.“
„Ganz genau.“
„Weil Ihnen mein Gesicht
gefällt?“
„Oh nein! So gut gefällt mir
das gar nicht. Aber ich wüßte nicht, warum ich mir das Leben unnötig
schwermachen sollte.“
„Sie fühlen sich sehr sicher,
hm?“
„Ziemlich.“
„Wenn man bedenkt, was in Ihrem
Schrank liegt... oder besser gesagt, was drin lag. Sie haben ihn doch bestimmt
leergeräumt, hm? Jedenfalls waren Sie so nett, weil ich weiß, was dringelegen hat.“
Er fängt wieder an zu lachen.
„Sie kommen nicht davon los,
was?“
„Nur ganz schlecht.“
Er schüttelt sich vor Lachen.
„Hören Sie, M’sieur Burma. Ich weiß nicht, ob Sie ein guter oder ein schlechter Detektiv sind.
Wahrscheinlich wie alle: so halbe-halbe. Mit Ihrer Nase oder Ihrem Kopf stoßen
Sie manchmal auf bestimmte Dinge, aber manchmal kommt wohl nur Scheiße dabei
raus...“
Er steht auf. Ich auch. Man
kann nie wissen. Vielleicht hat er den Boxkampf von neulich noch nicht ganz
verdaut. Obwohl... Er wirkt nicht sehr streitsüchtig. Eher amüsiert. Er schiebt
seinen Sessel zur Seite und dreht den Schlüssel in der Schranktür.
„Höchste Zeit, daß ich Ihnen
Madame vorstelle.“
Er öffnet den Schrank.
Die Blonde ist immer noch da.
Aufrecht, aber angezogen. Ich geh näher ran... und höre nicht mehr auf zu
fluchen. Tchang-Pou hat jede asiatische Zurückhaltung
aufgegeben. Er kringelt sich buchstäblich vor Lachen. Ich weiß nicht, ob er
nicht doch irgendwann mal Angst vor mir gehabt hat. Aber meine Enttäuschung,
mein verdutztes Gesicht entschädigen ihn reichlich.
„ Himmeldonnerwetterarschundzwirn-verflixtundzugenäht !“
„Ja, ja“, säuselt der Chinese.
„Das ist gar keine Leiche. Wie sind Sie darauf gekommen, daß das eine Leiche
sein könnte? Sind Sie nekrophil oder was? Dies hier
ist eine Puppe, lieber Monsieur Burma. Ein Kunstgegenstand, eine Pariser
Rarität. Für ganz besondere Gäste. Hier ist die Filiale des Musée Grévin ... Das Hauptgebäude steht gleich nebenan. Ich
erzähle immer ‘n Haufen Lügenmärchen über diese Puppe, in denen das Museum eine
Rolle spielt. In Wirklichkeit stammt die Puppe natürlich nicht aus dem Musée Grévin . Das ist mehr was für
Kinder. Dieses Stück hier ist was für Erwachsene. Keine einfache Wachspuppe,
nein! Nehmen Sie’s in die Hand, Monsieur! Fühlt sich an wie richtige Haut. Aber
sie wird älter, die Kleine. Wird ganz fleckig. Deswegen entkleide ich sie immer
seltener.“
Ich fang wieder an zu fluchen.
„Es würde zu lange dauern“,
fährt er fort, „Ihnen zu erklären, woher ich sie habe. Wozu auch. Sie müssen
wissen, die Passage de l’Opéra — seit mehr als
fünfundzwanzig Jahren war sie durch die Straßenarbeiten für den Boulevard
Haussmann zerstört, hat man mir erzählt; ich war damals nicht hier — daß in
dieser Passage die merkwürdigsten Dinge ausgebrütet wurden. Könnte man die
.Geheimnisse von Paris’ nennen. Und in einem obskuren Hinterzimmer der Passage
stellte ein erfinderischer Mann diese erstaunliche Kuriosität her und verkaufte
sie.“
„Verflixt und zugenäht!“
Ich balle die Fäuste. Vor Wut,
Enttäuschung, Verachtung (für mich selbst!) und allem, was es sonst noch so
gibt. Wem soll ich die Fresse polieren? Der obszönen Attrappe? Diesem noch
obszöneren Tchang-Pou ? Oder mir selbst?
Eine künstliche Leiche! Jetzt
stolpere ich schon über künstliche Leichen! Großer Gott! Wofür hält man mich
eigentlich? Oh, diese Chinesen! Sie wissen, wie man’s anstellt, damit andere
das Gesicht verlieren!
11
Wutschnaubend fahr ich zurück
in die Agentur. Hélène liegt auf dem Sofa. Erholt sich von ihrer aufregenden Nacht
bei der aufgeregten Russin. Ich laß sie schnarchen und gieß mir was ein. Ration
für einen Möbelpacker. Das beruhigt mich etwas. Dann zünde ich mir eine Pfeife
an, laß mich in einen Sessel fallen und versuche, Luftschlösser zu bauen. Zeit
zum Essen. Hab aber keinen Hunger. Ich schnapp mir das Telefonbuch und notiere
die Nummer des Fachgeschäftes am Boulevard Haussmann. Dann warte ich. Zwei Uhr.
Meine Anwesenheit hat Hélène im Schlaf gestört. Sie reckt sich.
„Ah!“ gähnt sie. „Zurück?“
„Wie Sie sehen.“
„Und?“
Ich
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