Susan Mallery - Buchanan - 01
Lauchstange.
Penny schenkte den üblichen gegenseitigen Beschimpfungen der Männer, ihrem Hickhack und Imponiergehabe keine Beachtung. Ihre Küchen-Crew war erst dabei, sich an die Zusammenarbeit zu gewöhnen. Mit der Zeit würden sie ein perfekt eingespieltes Team sein, das die Gerichte blitzschnell zubereitete und gleichzeitig auf Geschmack und Qualität achtete. Aber an den ersten Abenden würde es jede Menge Pannen geben.
Keine große Sache, dachte Penny. Sie vertraute darauf, dass das Schicksal ihr freundlich gesinnt war. Eine Cocktailparty für vierhundert Leute war nur eine Aufwärmübung. Morgen würden sie echte Menüs servieren.
Edouard, ihr Souschef, rührte mehr Sauce für die Cornflakes an. „Der Lachs ist meiner“, sagte er, während er kalt gepresstes Olivenöl unterrührte. Er machte sich nicht die Mühe aufzuschauen. „Finger weg, ihr Memmen.“
Die Küche eines Restaurants war größtenteils eine Männerdomäne. Penny hatte auf der Kochfachschule gelernt, damit umzugehen. Anfangs war sie von den Beleidigungen und Schimpfwörtern, die selbst einem hartgesottenen Seemann die Schamröte ins Gesicht treiben konnten, geschockt gewesen, doch mit der Zeit hatte sie gelernt, sie als das zu nehmen, was sie waren: als den speziellen Umgangston in einer Küche. Für gewöhnlich beteiligte sie sich nicht daran, aber wenn es nötig war, konnte sie jedem Einzelnen ihrer Crew mit entsprechend derben Worten Paroli bieten und ihn ganz schnell zum Schweigen bringen. Immer noch scheute sie keine Konfrontation.
Jemand stellte ein Tablett mit in Honigsauce gegrillten Shrimps auf die Arbeitsplatte. Sofort machte Naomi sich daran, die Teller zu dekorieren. Als Erstes träufelte sie etwas Sauce darauf, dann legte sie ein paar Kräuter und gehackte grüne Zwiebeln dazu. Es gab zwei kleine Schüsseln mit Hummercremesuppe, kunstvoll arrangierte Pommes frites in Waffelform, die mit kleinen gebackenen Fischstücken garniert waren, gebratenen Lachs auf Cornflakes und eine Auswahl an Desserts.
Penny konnte wegen des Zischens des Dampfkochtopfs, des surrenden Grills und der Rufe der Mitarbeiter kaum etwas hören. Aber ein Blick auf ihre Armbanduhr sagte ihr, dass die Cocktailparty schon mindestens dreißig Minuten im Gang war.
„Ich muss gehen“, murmelte sie und knöpfte auf dem Weg in ihr Büro ihre Kochjacke auf.
„Ja“, rief Edouard ihr nach. „Wenn du jetzt nicht gehst, bekommen wir überhaupt nichts vom Lob ab. Geh. Misch dich unter die Leute. Komm zurück und sag uns, dass wir fantastisch waren.“
„Wird gemacht“, sagte Penny und ging in ihr Büro. Sie schloss die Tür hinter sich und schlüpfte aus ihrer Jacke.
Darunter trug sie einen tief ausgeschnittenen Seidenpullover und eine zu ihren Hosen passende schwarze Jacke. Sie tauschte die Holzpantoffeln gegen hochhackige Stiefel. Ihr langes Haar fiel ihr jetzt offen über die Schultern. In der Küche wäre das eine völlige Katastrophe, aber ihr Job drehte sich heute Abend nicht ums Kochen, sondern darum, denen zu gefallen, die nach Cals Definition die Reichen und Schönen von Seattle waren.
Sie überprüfte ihr Make-up im Spiegel. Als sich die Tür öffnete, wich sie zurück. Naomi steckte ihren Kopf herein.
„Es gibt zwei Kellner, die ich in Erwägung ziehe“, sagte ihre Freundin. „Ich brauche bei der Auswahl deine Hilfe. Ich werde sie dir zeigen, und du lässt mich wissen, was du von ihnen hältst.“
„Okay.“
Naomi lächelte. „Du wirkst nervös. Du hast keinen Grund, es läuft großartig.“
„Du warst in der Küche. Du kannst es ebenso wenig wissen wie ich.“
„Ich habe es im Gefühl.“ Sie hielt inne. „War das nicht ein Lied aus dem Film ‚Flashdance‘?“ Sie summte kurz mit. „Oder ist es ‚What a Feeling‘? Ich werde alt, nicht wahr? Würde es etwas bringen, wenn ich sage, dass ich zwölf war, als ich den Film gesehen habe?“
„Warst du das?“
„Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern.“
Naomi war vergangenen Dezember vierzig geworden und hatte es mit einem verlängerten Wochenende in Mexiko und ein paar knackigen Jünglingen gefeiert. Penny hatte die Begabung ihrer Freundin, sich zu amüsieren, immer bewundert.
„Netter Pullover.“ Naomi deutete auf den smaragdgrünen Stoff.
„Ich sollte mit meinem Dekolleté angeben, solange ich noch eines habe.“
„Guter Plan. Du hast noch fast keinen Bauch, und die Jacke versteckt das bisschen, das vorhanden ist. Komm, du kannst nicht ewig hier stehen
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