Susan Mallery - Buchanan
...“
„Mir ist bewusst, dass es für uns alle nicht einfach ist. Sie haben selbst gesagt, dass Oliver sehr gut in die Klassengemeinschaft integriert ist. Er stört nicht und ist alles andere als ein Problemschüler. Es gibt also keinen Grund, ihn aus der Klasse zu nehmen. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam Ziele finden werden, die sowohl uns selbst fordern als auch in Olivers Sinn sind.“
Die Direktorin beugte sich zu Miss Doyle und sagte etwas, das Katherine nicht hören konnte. Sie hatte derlei Besprechungen schon so oft erlebt, dass sie wusste, dass man auch diesmal einen Kompromiss finden würde.
Es war ja nicht so, dass die Schule Oliver keine gute Bildung vermitteln wollte. Katherine wusste, dass die Lehrer das Beste für die Kinder im Sinn hatten. Allerdings stellten behinderte Kinder eine finanzielle Belastung für alle Schulbezirke dar. Obwohl der Staat die sonderpädagogischen Programme förderte, mussten die einzelnen Bezirke Eigenressourcen aufbringen. Es war immer ein finanzieller Balanceakt.
Drei Stunden später war die Besprechung zu Ende und Katherine unterwegs zu einem gemeinsamen Lunch mit Fiona. Ihre ehemalige Schwiegertochter hatte sie gestern angerufen und um ein Treffen gebeten. Obwohl Katherine momentan nicht wirklich die Nerven hatte, sich mit Fiona und ihren Problemen zu beschäftigen, hatte sie Verständnis. Fiona machte gerade eine schwere Zeit durch. Kurz ging Katherine durch den Kopf, ob irgendjemand wohl daran denken würde, dass sie selbst ebenfalls eine schwere Zeit hatte, doch dann schob sie den Gedanken als egoistisch und wenig produktiv beiseite. Sie war so erzogen worden, sich für andere einzusetzen und ihre eigenen Befindlichkeiten ganz nach hinten zu stellen, egal, wie sie sich gerade fühlte. Mit dem Reichtum, den die Familie besaß, gingen Verantwortlichkeiten einher. Doch manchmal wünschte sie, sie könnte sich wenigstens ein einziges Mal eine Auszeit nehmen und sich im Bett verkriechen. Mit einem spannenden Buch und einer Riesenportion Eiscreme.
Sie traf Fiona in jenem Restaurant, das vor seinem Verkauf das Four Seasons Hotel gewesen war. Das Essen und der Service waren hervorragend. Da hier hauptsächlich Geschäftsleute zu Mittag aßen, war es unwahrscheinlich, jemanden zu treffen, den sie kannten. In Anbetracht der Tatsache, dass sie wahrscheinlich über Alex reden würden, kein unwesentlicher Aspekt, dachte Katherine, während sie ihre Autoschlüssel einem Mitarbeiter des Restaurants reichte, der ihren Wagen einparken würde.
Fiona wartete in der Lobby. Sie war wie immer wunderschön gekleidet und sah insgesamt so perfekt aus, dass Katherine sofort das Gefühl bekam, sie müsste rasch ihr eigenes Make-up einem kritischen Blick unterziehen.
„Wartest du schon lange?“, fragte Katherine. „Ich war in Olivers Schule wegen der alljährlichen Planung seiner Lernziele. Es hat sich komplizierter gestaltet, als ich dachte.
Fiona lächelte und gab ihr zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange. „So ist es doch jedes Jahr, nicht wahr?“
„Du hast recht. Ich kämpfe und kämpfe – in der Hoffnung, dass es etwas bringt. Nun lass uns aber essen gehen – ich bin am Verhungern.“
Fiona hakte sich bei Katherine unter. Während sie gemeinsam zu einem freien Tisch gingen, redete Fiona von einer Bluse, die sie bei „Nordstrom“ gekauft hatte und davon, dass sie beide demnächst unbedingt gemeinsam einkaufen gehen sollten.
Allein die Vorstellung eines Shopping-Tages ermüdete Katherine. Mark hatte ihr schon oft gesagt, dass sie noch jemanden einstellen sollte, der ihr manche Aufgaben abnahm. Wahrscheinlich hatte er recht. Doch welche Dinge sollte sie an einen Fremden delegieren? Ihre Nachmittage mit den Kindern? Die Abende mit Mark? Ihre Charity-Arbeit? Was sie brauchte, wäre ein Klon ihrer selbst. Bei dem Gedanken musste sie lächeln.
„Du bist gut gelaunt“, stellte Fiona fest. „Also ist die Besprechung in der Schule doch ganz gut gelaufen.“
„Einigermaßen. Ich will immer das Bestmögliche für Oliver, und die Schulverwaltung kann mir das nicht geben, ohne es auch den Kindern der anderen Eltern zu ermöglichen. Es ist alles eine Frage der finanziellen Mittel.“
„Es ist mir ein Rätsel, wie du das alles schaffst“, sagte Fiona. „Die vielen Kinder und deine Arbeit. Ich meine, ein oder zwei Kinder mit Behinderung gingen ja noch, aber es sind so viele. Alex zählt natürlich nicht dazu“, fügte sie hinzu. „Wenigstens er ist
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