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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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heidnisches Reich bekämpfen, um es einem weiteren christlichen König zu übergeben? Dann gäbe es zwei mächtige Christenreiche, und das kleine heidnische Gebilde wäre zwischen Hammer und Amboss gefangen – und würde nicht lange überleben.
    »Einen Gott über uns«, sagten die Christen, »und einen König für uns.« Sie würden die Verehrung anderer Götter nicht zulassen, nur ihren eigenen, und jeder christliche König wollte der eine König sein. Die kleineren Länder mit ihren eigenen Göttern, eigenen Bräuchen, eigenen Gesetzen, hatten kaum Hoffnung auf eine Zukunft.
    Ingvald war nicht stark genug, um sich auf die Seite des Elfenjünglings zu schlagen, der von der Göttin auserwählt war, und mit ihm die Christen zu besiegen. Aber vielleicht konnte er den Krieg hinauszögern oder die Anzahl der Krieger vermindern, die gegen den Elfen in den Kampf zogen. Und vielleicht gab es, wenn er nur vorsichtig und achtsam genug war, eine Chance, sein Land zu befreien.
    Als sie sich dem Festsaal näherten, fragte sich Ingvald, was im Fall eines Krieges mit Lovern geschehen würde. Auf wessen Seite würde Ingvi sich schlagen? Helles Licht strahlte aus den Fenstern und der großen Eingangstür hinaus in die Kälte.
    Auf seine Seite – auf welche denn sonst? Es war undenkbar, dass Ingvi gegen ihn kämpfte. Ingvald legte seinen Arm um Ingvis Schultern und erwiderte Ingvis Lächeln, als dieser sich zu ihm wandte. Ingvis dunkles Wesen leuchtete im Fackellicht düsterer als Pechkohle. Seine fremdländische Mutter bedeutete, dass die beiden Brüder sich so ähnlich waren wie ein grauer Hahn und ein Rabe. Ingvald konnte nur hoffen, dass ihr gemeinsamer Vater ausreichte.
    Helles, warmes gelbes Licht strahlte aus dem Saal, und lautes Stimmengewirr drang nach draußen. Die Wachen erkannten die beiden Jarls und wollten die Tür öffnen, doch ein weiterer Mann, groß und untersetzt, tauchte aus den Schatten an der Saalwand auf. Er war in einen Mantel gehüllt, der dort, wo ihn das Licht traf, blau schimmerte. Seine Kapuze hing ihm ins Gesicht und verdeckte es. In seinen Händen hielt er eine Harfentasche.
    »Nehmt Ihr mich mit hinein, edle Jarls?«
    Er sprach kein Walisisch, sondern ihre Sprache, das Dänische. Sie hielten inne, und Ingvald griff mit seiner Hand nach der Kapuze des Mannes, um sie zurückzuwerfen und sein Gesicht im Lichtschein zu betrachten. Sie erblickten einen Mann hohen Alters, doch gesund und kräftig, in dessen Gesicht und Haar die Zeit deutliche Spuren hinterlassen hatte. Sein Blick ruhte auf ihnen, und sein hellblaues Auge spiegelte den Feuerschein aus dem Festsaal. Das andere Auge jedoch lag im Schatten seiner Augenbraue verborgen.
    »Dein Name?«, verlangte Ingvald zu wissen.
    »Ud der Harfner. Ich reise umher, Jarl, bleibe nie lange an einem Ort. Ich bin nirgends zu Hause.«
    »Dein Vater?«, fragte Ingvald. »Deine Familie?«
    »Ud Udssen, Sohn des Ud, Sohn des Ud, Sohn des Ud.« Etwas in seiner Stimme deutete darauf hin, dass er sich über sie lustig machte. »Man nannte mich schon Ud den Schönen und Graubart und Langbart und Ud mit der dunklen Kapuze. Doch bin ich nur Ud mit der Harfe, und ich möchte für Euch heute aufspielen.«
    »Ich habe einen Harfner«, sagte Ingvald, »und König Lovern hat viele.« Er zweifelte an den Fähigkeiten eines Harfenspielers, der keinen Herrn hatte, und es widerstrebte ihm, der Gesellschaft einen schlechten Musiker aufzuzwingen.
    »Ich habe keinen«, sagte Ingvi. Er hielt es für kleinlich, den Mann abzulehnen. »Ich nehme dich mit, und solltest du gut spielen, so werde ich dich belohnen.« Dank Ingvald konnte er dem Mann einen der Ringe an seiner Hand geben.
    »Ich bin Euch zu Dank verpflichtet«, meinte Ud mit der Harfe, verbeugte sich vor ihnen und zog die Kapuze über seinen Kopf. Als er ihnen in den Saal folgte, war sein Gesicht wieder verborgen. Nachdem er die Tür durchschritten hatte, entwich er seitwärts in den Schatten, wo er sich auf einer der Bänke an der Wand niederließ, um darauf zu warten, spielen zu dürfen. Ingvald und Ingvi gingen weiter zum Ehrentisch.
    Im gesamten Saal waren so viele Kerzen und Fackeln angezündet worden, dass er hell erleuchtet und ungewöhnlich warm war. Die langen Bänke an den Tischen füllten sich langsam mit Männern in ihren teuersten Stoffen, deren Broschen, Armreifen, Halsketten, Gürtelschnallen und Ringe im flackernden Lichterschein aufblitzten. Ihre Ehefrauen und Töchter, die genauso herausgeputzt waren, saßen

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