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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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Kinn gereckt, und er spürte, wie sein Herz schneller schlug und seinem Körper Kraft und seinen Gedanken Klarheit verlieh – aber er schenkte dem Harfenspieler keine Aufmerksamkeit mehr, wer er war oder warum die Namen ihm so seltsam bekannt vorkamen. Stattdessen hörte er so gespannt zu, mit weit aufgerissenen Augen, dass er fast aufhörte, Ingvi zu sein. Dasselbe geschah mit jedem im Saal. Alle Anwesenden hatten aufgehört zu essen, zu trinken, zu reden. Sie saßen schweigend da und hielten den Atem an. Die Stühle unter sich spürten sie nicht mehr, auch nicht die Wärme des Feuers. Obwohl der gesamte Saal in hellem Licht erstrahlte, sahen sie nur den einäugigen Harfenspieler.
    Aus der Harfe ertönten weiche, wellenartige Noten, und der Harfenspieler begann zu singen.
    »Hier kommen meine Liebsten,
    Wunderschön,
    Gold auf ihren Brüsten,
    Und bringen Met für die Helden:
    Komm, Schildmaid,
    Komm, Wut,
    Süße Axtmaid, süße Speermaid,
    Komm, Schrei,
    Komm, Klage,
    Komm, Feindesfessler, komm, Donnerer, komm, Vernichter!«
    Dies waren die Namen der Kriegsmaiden, und mit jedem Namen spürten die Männer – und viele der Frauen – im Saal ihr Blut aufwallen. Sie atmeten lange zitternd ein, als ihre Herzen schneller schlugen und sich ihre Hände zu Fäusten ballten.
    »Kommt, meine Liebsten,
    Spielt mir ein Lied.
    Ruft uns zur Schlacht!
    Tragt den Krieg in die Herzen der Fürsten,
    Den Hass in die Herzen der Jarls.
    Schilde müssen zersplittern, Todesschreie erschallen,
    Das ist mein Lied.
    Äxte müssen fallen, Wut muss herrschen,
    Dies Lied ist mir das Liebste.
    Füllt meinen Krug mit dem Met der Schlacht!
    Speiset den Wolf, füttert die Raben!
    Nichts anderes begehre ich.«
    Jeder der anwesenden Männer spürte, wie er Mut fasste, wie sich jeder Muskel anspannte. Sie hörten den Schlachtruf. Die Harfenmusik wurde leiser und klang aus. Ingvi griff sich verwirrt mit der Hand an den Kopf. Er konnte sich an kein einziges Wort erinnern, aber das rauschende Blut in seinen Adern, die Erregung blieb.
    Ud mit der Harfe nahm sein Instrument unter den Arm und näherte sich dem Ehrentisch ein wenig. In seiner dunklen Kleidung schien er sich im Zwielicht zwischen Rauch und Schatten flackernder Flammen aufzulösen.
    Ingvald stand im hellen Kerzenschein am Ehrentisch und hielt Loverns goldene Harfe in der Hand. Ingvi erinnerte sich, wie die Finger seines Bruders über die Saiten strichen, erinnerte sich an die Stimme seines Bruders, als er sang: »Tragt den Hass in die Herzen der Jarls.«
    Der Applaus ließ die Halle in ihren Grundfesten erschüttern. Die Leute klatschten, johlten, schlugen mit Fäusten und Krügen auf die Tische und ließen die Flammen mit ihrem Gebrüll tanzen. Alle schauten zu Ingvald und preisten ihn für das Lied, das sie so bewegt hatte.
    König Lovern verlangte nach mehr Met, und die Damen der Königin beeilten sich, mit den Fässchen umherzugehen, um die Becher wieder zu füllen. Unwin stand auf und hielt sein Glas Ingvald entgegen, um einen Trinkspruch auf den Jarl auszubringen, der den Wolf speisen und die Raben füttern wollte.
    Ingvi sprang auf und rief: »König! Ich erbitte einen Gefallen von Euch!«
    »Was immer es ist«, sagte Ud mit der Harfe, »ich werde es dir gewähren.«
    Die Menschen im Saal waren überrascht, ihren König Lovern diese Worte sagen zu hören, denn er war ein schweigsamer Mann. Doch wenn ihr König ein solches Versprechen gab, musste er es auch halten.
    »Lasst mich mit meinem Bruder und Eadmundssohn in den Krieg ziehen«, bat Ingvi. »Was ich erringe, soll Euer sein, König, wenn ihr mich gehen lasst.«
    »Ich werde dir Pferde, Waffen und Rüstung schenken«, sagte Ud mit der Harfe. »Du hast meinen Segen, in den Krieg zu ziehen.« Ud hob seinen Arm, und jeder Mann und jede Frau im Saal brach in Applaus und Jubel aus.
    König Lovern beugte gnädig sein gekröntes Haupt und wunderte sich über die Worte, die er sich selbst hatte sagen hören – und die er nicht mehr zurücknehmen konnte. Er hatte seine wertvollste Geisel verloren.
    Ud mit der Harfe ging unbemerkt an den Tischen vorbei, um sich wieder zwischen den Dienern auf eine Wandbank zu setzen.
    Es war eine lange Nacht, und manches Lied wurde gesungen und noch mehr Bier getrunken. Als die Gäste die Halle verließen und im Schein der Fackeln zu ihren Unterkünften geleitet wurden, stand Ud auf und trat Unwin in den Weg.
    Unwin betrachtete ihn aus betrunkenen Augen und fragte sich, warum es dem Mann erlaubt worden

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