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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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Lärm.

WODENS VERSPRECHEN

    Elfling wachte durch die Kälte und das laute Krächzen einer Krähe auf. Er befand sich im Freien in der kalten, grauen Morgendämmerung. Verwundert schaute er umher, sah aber weder Jarnseaxas Halle noch die vertrauten Bäume. Es wehte auch kein Wind in den Bäumen, ein Geräusch, an das er sich gewöhnt hatte. Er hörte auch nicht das Rauschen des Meeres um Jarnseaxas Insel. Nur die Krähe krächzte wieder.
    Er stand auf und stellte fest, dass er in einen sackartigen Kittel aus selbstgesponnener Wolle gekleidet war, der durch den langen Gebrauch weich geworden war. Außerdem war er barbeinig und barfüßig wie ein Sklave. Es war kalt. Er schlang die Arme um sich und rieb die kalten Zehen eines Fußes an der Wade des anderen Beins.
    Seine Waffen und seine Rüstung waren verschwunden. Er besaß nicht einmal ein Messer. Er suchte in dem Laubhaufen, in dem er gelegen hatte, fand jedoch nichts – keine Flasche, keinen Laib Brot, auch keinen Lederumhang, um den Regen abzuhalten.
    Zitternd wartete er, bis es heller wurde, und erforschte seine Umgebung. Aber die Sicht war in dem schwachen Licht unter den Bäumen so schlecht, dass ihn nur die Geschicklichkeit, welche Jarnseaxa ihn gelehrt hatte, davor bewahrte, sich den Kopf an Ästen zu stoßen oder in Dornendickichte zu laufen.
    Er befand sich in einem seltsamen Wald. Er kannte keinen Baum, auch keinen Pfad. Bei einem braunen Fluss blieb er stehen. Fingerhutstauden hingen über dem Wasser, von dem er trank. Dann zerbrach er sich den Kopf, wie er hierhergekommen war. Er vermochte sich nur zu erinnern, dass er neben Jarnseaxa eingeschlafen war, dass er sie im warmen Alkoven in den Armen gehalten hatte.
    Als das Tageslicht stärker wurde, sah er viele Bäume, umgeben von Laubhaufen und abgebrochenen Ästen, niedriges, dichtes Buschwerk, verrottete Baumstümpfe voller Pilze. Kaltes Wasser tropfte herab, und er stapfte durch glitschiges altes Laub. Vor Kälte zitternd fragte er sich: Hatte es je eine wunderschöne Walküre und ein warmes Bett gegeben? Oder war das nur der Traum eines hungrigen Sklaven gewesen?
    Dann blickte er an sich hinab und sah die starken Muskeln seiner nackten Beine. Er streckte die Arme aus und sah die Muskeln und die Schwielen an den Händen, welche vom Üben mit den Waffen herrührten. Und neben seinem Gesicht hingen die Heldenzöpfe, die Jarnseaxa ihm geflochten hatte.
    Offenbar war er verstoßen worden. Er war ins Land seiner Mutter gekommen, aber anscheinend hier nicht erwünschter, als er in der Welt seines Vaters war.
    Das Tageslicht wurde noch stärker, und die Blätter leuchteten grün. Um sich zu wärmen und seine Wut auszutoben, rannte Elfling, lief auf den Händen und schlug Saltos. Er rannte durch den Wald, mied jeden Ast und jede Ranke, die ihn zu Fall gebracht oder sich an ihm verhängt hätte. Er sprang so hoch wie sein Kopf und ging so tief wie seine Knie. Dabei merkte er, dass er diese Dinge tatsächlich gelernt und nicht nur geträumt hatte, sie zu lernen. Aber die edle Frau, die ihn diese Dinge gelehrt hatte, wollte ihn nicht länger bei sich.
    Warum? Warum war er verstoßen worden? Warum hatte man ihn mit nichts hinausgeworfen? Was hatte er getan? Er blieb stehen und setzte sich auf einen Laubhaufen neben einem Waldpfad. Ein Brombeerstrauch zeigte zarte grüne Blättchen und einen weißen Blütenteppich, auch eine Eberesche hatte prächtige rote Beeren an den grünen Zweigen. An einem Apfelbaum hingen rote Äpfel zwischen grünen Blättern und weißen Blüten. Aber er achtete auf nichts von alledem.
    Hufschlag schreckte ihn auf. Der Boden erbebte unter den Hufen. Durch die Bäume kam eine Schar junger Reiter. Alle trugen goldene Reife um den Hals und Goldbroschen auf den Schultern. Als sie Elfling neben dem Pfad sitzen sahen, zügelten sie die Pferde und betrachteten ihn neugierig, während ihre Hunde zu ihm liefen und ihre nassen Schnauzen kräftig gegen sein Gesicht und seine Brust drückten.
    Elfling musste aufstehen, ehe die Hunde ihn umwarfen. Sie sprangen um ihn herum und legten ihm die Pfoten auf die Schultern, gegen seine Brust und leckten ihm das Gesicht. Einer der jungen Reiter beugte sich aus dem Sattel und meinte: »Was für ein Sklave trägt Heldenzöpfe?«
    Ein anderer meinte: »Auf alle Fälle ein kräftiger Bursche! Von dem bekommt man ein gutes Tagewerk! Wer bietet für ihn?«
    »Der ist weggelaufen«, sagte ein dritter Reiter. »Ist in dem armseligen Kittel bis hierher

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