Susannah - Auch Geister koennen kuessen
fürchten. Ich finde, es wird Zeit, dem Ganzen ein für alle Mal ein Ende zu machen.«
Pater Dominic blinzelte mich an. »Was soll das heißen, Susannah? Wovon sprechen Sie?«
Ich holte tief Luft. »Ich spreche von dem allerletzten Mittel, das wir Mittler zur Verfügung haben.«
Das schien ihm auch nicht viel weiterzuhelfen. »Das allerletzte Mittel? Ich fürchte, ich verstehe immer noch nicht.«
»Ich spreche«, sagte ich, »von Exorzismus.«
KAPITEL
16
K ommt nicht infrage«, sagte Pater Dominic.
»Ich sehe aber keine andere Möglichkeit«, beharrte ich. »Freiwillig wird Heather nicht verschwinden, das wissen wir beide. Und sie ist zu gefährlich, als dass wir zulassen könnten, dass sie noch länger hier rumhängt. Ich glaube, wir müssen ihr einen Schubs geben.«
Pater Dominic wandte den Blick von mir ab und starrte auf einen weißen Fleck an der Decke. »Dafür sind wir aber nicht da, wir Mittler, Susannah«, sagte er mit der traurigsten Stimme, die ich je gehört hatte. »Wir sind die Wachposten an den Toren zum Leben nach dem Tod. Wir haben die Aufgabe, verirrte Seelen zu ihrem endgültigen Bestimmungsort zu geleiten. Und bisher ist noch jeder Geist, dem ich geholfen habe, freiwillig durch das Tor gegangen …«
Na klar. Und morgen kommt der Weihnachtsmann, dachte ich. Es musste bestimmt schön sein, die Welt durch Pater Dominics Augen zu sehen. Musste eine schöne Welt sein, die er da sah. Auf jeden Fall um Län gen schöner als die Welt, in der ich seit sechzehn Jahren lebte.
»Tja, ich sehe trotzdem keine andere Möglichkeit«, sagte ich.
»Exorzismus«, murmelte Pater Dominic, und es klang angeekelt, als hätte er »Schleim« oder so was gesagt.
So langsam tat es mir leid, dass ich überhaupt damit angefangen hatte. »Mir gefällt die Methode auch nicht, das können Sie mir glauben. Aber ich weiß nicht, was wir sonst tun könnten. Heather stellt jetzt nicht mehr nur für Bryce eine Gefahr dar.« Ich wollte ihm nicht erzählen, was sie über David gesagt hatte. Sonst wäre der Pater bestimmt gleich aus dem Bett gehüpft und hätte nach Krücken verlangt. Aber jetzt wo ich ihm schon meine Pläne verraten hatte, musste ich ihm doch klarmachen, warum ich sie für unausweichlich hielt. »Sie ist eine Gefahr für die ganze Schule«, sagte ich. »Wir müssen sie aufhalten.«
Er nickte. »Ja. Ja, natürlich, Sie haben recht. Aber bitte versprechen Sie mir, dass Sie nichts unternehmen, bevor ich nicht entlassen werde. Ich habe vorhin mit der Ärztin gesprochen, und sie meinte, ich dürfte frühestens am Freitag gehen. Dann haben wir immer noch genug Zeit, die richtige Methodik auszuarbeiten …« Er schielte zum Nachttisch hinüber. »Würden Sie mir bitte die Bibel da reichen, Susannah? Wenn wir den Text korrekt hinbekommen, könnten wir …«
Ich gab ihm die Bibel. »Ich bin mir ziemlich sicher«, sagte ich, »dass ich den Text auswendig kann.«
Er hob den Blick und durchbohrte mich regelrecht mit seinen babyblauen Augen. Bloß schade, dass er schon so alt war und zudem ein Mann Gottes. Wie viele Frauenherzen hatte er wohl gebrochen, bevor er sich ganz der Kirche gewidmet hatte? »Aber wie in aller Welt können Sie etwas so Kompliziertes wie den römisch-katholischen Exorzismus auswendig können?«
Ich trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Na ja, ich hatte ehrlich gesagt nicht die römisch-katholische Version im Sinn.«
»Gibt es denn noch eine andere?«
»Aber natürlich. Die meisten Religionen haben eine. Ich persönlich bevorzuge Mecumba. Die ist sehr geradeheraus und kommt schnell zur Sache. Ohne lange Beschwörungsformeln.«
Pater Dominic sah betroffen aus. »Mecumba?«
»Ja. Brasilianisches Voodoo. Hab ich aus dem Internet. Man braucht nur ein bisschen Hühnerblut und …«
»Heilige Mutter Gottes!«, unterbrach er mich. Dann holte er tief Luft, so als müsste er sich von dem Schock erholen, und fuhr fort: »Auf gar keinen Fall. Heather Chambers war eine getaufte Katholikin, und wenn sie schon aufgrund ihrer Todesart keine katholische Beerdigung bekommt, so hat sie doch wenigstens einen römisch-katholischen Exorzismus verdient. Ihre Chancen, in den Himmel eingelassen zu werden, sind zugegebenermaßen ohnehin nicht sehr groß, aber ich werde mein Möglichstes tun, damit sie Petrus am Himmelstor begrüßen darf.«
»Pater Dominic«, sagte ich. »Ich glaube kaum, dass es eine Rolle spielt, ob sie einen römisch-katholischen oder einen brasilianischen oder meinetwegen auch
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