Susannah Bd.3 - Auch Engel sind gefährlich
tauchten die Geister neben mir auf.
Unsere Köpfe wippten auf gleicher Höhe nebeneinander auf dem Wasser: meiner, der von Josh, Felicia, Mark und Carrie - Letzterer war extrem bleichgesichtig.
»Oh Gott«, sagte sie, und im Gegensatz zu mir klapperte sie dabei nicht mit den Zähnen. »Das ist dieses Mädchen aus dem Jimmy’s . Ich hab euch doch gesagt, dass sie uns sehen kann.«
Josh, dessen gebrochene Nase wie in einem Zeichentrickfilm
längst wieder in ihre Ursprungsposition zurückgeschnellt war, beäugte mich argwöhnisch. Die Nase gebrochen zu kriegen, tut auch dann höllisch weh, wenn man tot ist.
»Hey«, sagte er. »Das hier ist nicht deine Baustelle, okay? Also halt dich da raus.«
Ich trat Wasser. Ach ja?, wollte ich sagen. Jetzt hört mir mal gut zu. Ich bin eine Mittlerin, und ihr habt die Wahl, ob ihr mit oder ohne Vorderzähne auf eure endgültige Parkposition im Jenseits abwandern wollt. Und, wofür entscheidet ihr euch?
Nur klapperten meine Zähne so heftig, dass aus meinem Mund nur unzusammenhängende Laute drangen, die sich eher anhörten wie Achjo Betz hömümabutzu …
Klare Sache, oder?
Da Pater Dominics Methode - die Geister zu überzeugen - in diesem Fall eindeutig nicht zu funktionieren schien, beschloss ich augenblicklich, sie aufzugeben. Stattdessen griff ich nach dem Strang Seegras, mit dem sie Michael hatten erdrosseln wollen, und schlang ihn um die Hälse der beiden Mädchen, die im Wasser nebeneinander - und neben mir - strampelten. Sie wirkten sehr verblüfft darüber, dass sie wie zwei Seekühe mit dem Lasso eingefangen worden waren.
Was ich selber dachte, hätte ich gar nicht genau sagen können. Auf jeden Fall gehörte es zum - wenngleich nur sehr schlecht durchdachten - Plan, die beiden im Schlepptau an Land zu ziehen und sie dort grün und blau zu prügeln.
Während die Mädchen sich verzweifelt an den Hals griffen und sich zu befreien versuchten, stürzten sich die Jungs auf mich. Zorn flammte in mir auf. Diese vier Gestalten hatten mir den schönen Tag am Strand vermasselt und den Typen zu ertränken versucht, mit dem ich ein Date hatte. Auch wenn ich nicht gerade Hals über Kopf in Michael verliebt war, hatte ich trotzdem keine Lust, mit anzusehen, wie er vor meinen Augen ertränkt wurde - vor allem nicht, seit ich wusste, dass unter seinem Pullunder ein göttlicher Body steckte.
Meine Seetang-Gefangenen in der einen Hand, ruderte ich mit dem anderen Arm und packte dann Josh bei den - na klar - kleinen Härchen in seinem Nacken.
Zwar erwies sich diese Methode wie immer als sehr effektiv - Josh begann sofort unter Schmerzgeheule um sich zu schlagen -, aber ich hatte dabei zwei Dinge nicht bedacht. Erstens mal Mark, der weiterhin frei umherschwamm. Und zweitens den Ozean, der mir weiterhin hohe Wellen entgegenschleuderte. Jeder vernünftige Mensch hätte diese beiden Faktoren bedacht, bevor er es mit gleich vier Gegnern aufnahm. Ich hatte sie in meinem Zorn jedoch völlig außer Acht gelassen.
Das hatte zur Folge, dass ich eine Sekunde später wieder unter Wasser gezerrt wurde.
Es gibt bestimmt eine Menge angenehmerer Arten zu sterben als mit der Lunge voller Salzwasser. Das brennt nämlich wie Hölle. Ist ja schließlich auch Salz.
Und ich schluckte einen Haufen davon, erst dank der Welle, die mich in die Tiefe zog, und dann noch mehr
dank der Klammergriffs, mit dem Mark meinen Fußknöchel packte und weiter nach unten zerrte.
Eines muss man dem Meer lassen: Es ist wirklich still da unten. Ehrlich. Unter Wasser kreischen keine Möwen, brechen sich keine Wellen, schreien keine Surfer durch die Gegend. Da unten gibt es nur dich und das Wasser und die Geister, die dich umzubringen versuchen.
Ich hatte bei meinem Tauchgang nämlich weder den Strang losgelassen, mit dem ich die Mädchen eingefangen hatte, noch Joshs Nackenhaare.
Irgendwie war es echt schön da unten. Nur die Kälte machte mir zu schaffen und das Salz und der entsetzliche Gedanke, dass jederzeit ein zehn Meter langer Hai aufkreuzen und mir ein Bein abbeißen konnte. Aber ansonsten war es echt schön.
Ich muss kurzfristig das Bewusstsein verloren haben. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich, die Hände fest um den Seetang und Joshs Haare gekrallt, die Unterwasserwelt als schön empfinden konnte.
Als Nächstes spürte ich, wie jemand an mir zerrte, und diesmal war es keiner der Geister. Ich wurde nämlich nach oben gezogen, Richtung Wasseroberfläche, wo die letzten Sonnenstrahlen über
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