Susannah Bd.3 - Auch Engel sind gefährlich
stolperte über ein loses Stück Beton am Boden. Hätte er sich nicht in letzter Sekunde gefangen, wäre er auf die Nase gefallen. Mein Lippenstift funktionierte offenbar genauso gut wie der Rest des Make-ups.
»Ich muss nur erst … ähm … den Schlüssel finden«, stammelte Michael und fummelte in seinen Taschen herum.
Ich sagte, er solle sich ruhig Zeit lassen. Dann setzte ich meine Sonnenbrille auf, lehnte mich an seinen Mietwagen und wandte mein Gesicht der Sonne zu. Wie sollte ich das Thema am geschicktesten anschneiden? Vielleicht am besten vorschlagen, dass wir beim Krankenhaus vorbeifuhren, um seine kleine Schwester zu besuchen? Nein, ich wollte so schnell wie möglich zu ihm nach Hause, damit ich seine E-Mails lesen konnte. Aber würde ich überhaupt in seinen Account reinkommen? Wahrscheinlich eher nicht. Hm, ich konnte immer noch CeeCee anrufen, die würde mir bestimmt helfen. Ob man telefonieren und sich gleichzeitig in ein
Mail-Account einloggen konnte? Oh Mann, wieso erlaubte mir Mom nicht, ein Handy zu kaufen? Ich war so ziemlich die Einzige im Abschlussjahrgang, die keins hatte - wenn man von Hatschi absah, natürlich.
Während ich noch über all diese Dinge nachdachte, verdunkelte plötzlich ein Schatten mein Gesicht und blockierte die Wärme der Sonne. Ich machte die Augen auf - und blickte direkt in die von Schlafmütz.
»Was bitte hast du eigentlich vor?«, fragte er auf seine typisch schlafwandlerische Art.
Ich spürte, wie ich rot anlief. Was eindeutig nicht an der Sonne lag.
»Ich fahre mit zu Michael«, sagte ich. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass Michael, der drüben auf der Fahrerseite stand, endlich den Schlüssel gefunden und die Tür aufgesperrt hatte. Nun stand er erstarrt da, den Schlüssel in der Hand.
»Nein, das wirst du nicht«, entgegnete Schlafmütz.
Ich konnte es nicht fassen! Ich konnte es einfach nicht fassen, dass er mir so was antat! Vor Scham wäre ich am liebsten im Boden versunken.
»Schla …«, sagte ich, brach aber sofort ab und raunte dann leise: » Jake, hör jetzt auf damit!«
»Nein, du hörst jetzt auf. Du weißt doch, was Mom gesagt hat.«
Mom. Er hatte meine Mutter Mom genannt. Was zum Teufel ging hier eigentlich vor sich?
Ich nahm die Sonnenbrille ab und sah an Jake vorbei zu Gina hinüber, die mit Hatschi und Schweinchen
Schlau auf der anderen Seite des Parkplatzes stand, am Rambler lehnte und mich beobachtete.
Gina. Sie hatte mich bei meinen Stiefbrüdern verpetzt. Bei Schlafmütz! Ich konnte es nicht fassen.
»Schlaf … ich meine, Jake«, sagte ich. »Danke, dass du so um mich besorgt bist. Wirklich. Aber ich kann sehr gut auf mich selber aufpassen …«
»Nein.« Zu meiner Überraschung packte er mich am Oberarm und begann, mich wegzuzerren. Für jemanden, der die meiste Zeit wie im Halbschlaf vegetierte, war er verblüffend stark. »Du kommst jetzt mit nach Hause.« Dann wandte er sich an Michael. »Tut mir leid, Mann. Es war abgemacht, dass ich sie heute nach Hause fahre.«
Aber Michael schien sich mit der Entschuldigung nicht zufriedenzugeben. Er stellte unsere Rucksäcke ab, steckte die Wagenschlüssel wieder in die Tasche und machte einen Schritt auf Schlafmütz zu.
»Ich glaube, die Lady möchte aber nicht bei dir mitfahren«, sagte er mit einer eisigen Stimme, die ich an ihm noch nie gehört hatte.
Die Lady? Welche Lady? Oh Gott, er meinte mich ! Michael nannte mich Lady!
»Ist mir egal, was sie möchte«, sagte Schlafmütz. Seine Stimme war ganz und gar nicht eisig, sondern nur nüchtern. »Sie wird nicht in dein Auto steigen, und damit basta.«
»Das sehe ich aber anders.« Michael machte einen weiteren Schritt auf Schlafmütz zu, und da sah ich, dass er seine Fäuste geballt hatte.
Fäuste! Er wollte sich mit Schlafmütz prügeln! Wegen mir!
Wow, das war jetzt aber echt aufregend. Noch nie hatten sich zwei Typen wegen mir geschlagen. Dass der eine mein Stiefbruder war und für mich ungefähr genauso viel Sexappeal besaß wie unser Hund Max, schmälerte meine Begeisterung dann leider doch ein bisschen.
Und Michael war auch nicht gerade mein Traumprinz - vor allem als mutmaßlicher Vierfachmörder.
Oh Mann, wieso mussten sich ausgerechnet zwei solche Loser um mich prügeln? Wieso nicht Matt Damon und Ben Affleck? Das wäre doch mal eine Show gewesen!
»Hör zu, Freundchen«, sagte Schlafmütz, dem Michaels Fäuste ebenfalls nicht entgangen waren. »Leg dich nicht mit mir an, okay? Ich will einfach nur meine
Weitere Kostenlose Bücher