Susannah Bd.3 - Auch Engel sind gefährlich
auf und starrten mich feindselig an.
Ich sah sie beide im Spiegel an. »Also, wenn es um eure heiß ersehnte Klassenreise ins Weingebiet geht - die könnt ihr vergessen. Ich habe schon mit Mr Walden darüber gesprochen, und er sagte, so was Lächerliches hätte er noch nie gehört. Einen Ausflug in den Freizeitpark könnt ihr vielleicht haben, aber Napa Valley ist definitiv nicht drin. Weinverkostungen sind teuer.«
Kelly kräuselte die Oberlippe. »Darum geht’s doch überhaupt nicht«, sagte sie angewidert.
»Genau«, setzte Debbie nach. »Es geht um deinen Umgang .«
»Meinen Umgang?« Ich hatte meine Haarbürste aus dem Rucksack geholt und fuhr mir nun damit betont lässig durch die Haare. Kellys und Debbies Attacke bereitete mir wirklich keinerlei Sorgen. Die beiden waren kleine Fischlein. Ich hatte nur keine Lust, mich mit solchem Zeug jetzt auch noch beschäftigen zu müssen - dafür war in der letzten Zeit einfach zu viel passiert. »Meint ihr Michael Meducci?«
Kelly verdrehte die Augen. »Blödsinn. Ich kann mir zwar beim besten Willen nicht vorstellen, warum du dich mit so was abgibst, aber das ist dein Problem. Nein, wir reden von dieser Gina.«
»Genau«, bestätigte Debbie und kniff die Augen zu wütenden Schlitzen zusammen.
Gina? Oh, Gina! Gina, die Kelly und Debbie ihre Verehrer abspenstig gemacht hatte. Auf einmal wurde mir alles klar.
»Wann fährt sie wieder nach New York zurück?«, wollte Kelly wissen.
»Genau«, echote Debbie. »Und wo schläft sie überhaupt? In deinem Zimmer?«
Kelly rammte ihrer Freundin einen Ellbogen in die Seite, aber Debbie sagte: »Hey, jetzt tu doch nicht so, als würdest du das nicht auch wissen wollen, Kelly.«
Kelly warf ihr einen fiesen Blick zu. »Es hat doch kein … Bettenhüpfen stattgefunden, oder?«
Bettenhüpfen???
»Nicht dass ich wüsste«, sagte ich. »Ein bisschen Gefüßel unterm Tisch vielleicht, aber Bettenhüpfen hat meines Wissens keines stattgefunden.«
Debbie und Kelly wechselten einen erleichterten Blick.
»Und wann ist sie dann wieder weg?«, fragte Kelly.
Als ich »Sonntag« sagte, entschlüpfte den beiden ein Seufzer.
»Gut«, sagte Debbie.
Jetzt, wo sie wussten, dass sie sich nicht mehr lange mit ihr würden herumschlagen müssen, war Kelly offenbar sogar gnädig aufgelegt. »Es ist ja nicht so, dass wir sie nicht mögen würden«, sagte sie.
»Genau«, bestätigte Debbie. »Es ist nur, sie … du weißt schon.«
»Ja, ich weiß schon«, sagte ich und hoffte, sie damit endgültig beruhigt zu haben.
»Es liegt nur daran, dass sie neu ist«, erklärte Kelly. Anscheinend hatte sie jetzt beschlossen, in die Verteidigungsposition
zu gehen. »Nur deswegen fahren die auf sie ab. Weil sie anders ist.«
»Klar.« Ich steckte die Haarbürste wieder in meinen Rucksack.
»Ich meine, okay, sie ist aus New York - na und?«, ereiferte sich Kelly weiter. »Ich war auch schon mal in New York. So super war das gar nicht. Da liegt so viel Dreck auf den Straßen und dann diese ganzen Tauben und Penner und so.«
»Genau«, fügte Debbie hinzu. »Und weißt du, was ich noch gehört hab? Angeblich haben die in New York nicht mal Fisch-Tacos.«
Fast tat sie mir leid, die arme Debbie.
»So«, sagte ich und schwang mir den Rucksack über die Schulter. »Es war mir ein Vergnügen, mit euch zu plaudern, Ladys, aber jetzt muss ich los.«
Als ich rausging, tauchten sie schon ihren kleinen Finger in winzige Lipgloss-Gläschen und beugten sich zum Spiegel, um es aufzutragen.
Michael wartete genau an der vereinbarten Stelle auf mich. Anscheinend tat mein Make-up seine Wirkung, denn er fing sofort an zu stottern. »Hi, ähm … möchtest du … ähm … soll ich deinen Rucksack tragen?«
»Oh, das wäre echt nett von dir«, flötete ich und ließ mir das Ding abnehmen. Nun hatte er seinen und meinen Rucksack über den Schultern hängen und sah damit etwas merkwürdig aus. Aber das tat er schließlich immer, zumindest solange er angezogen war. Wir gingen durch den kühlen, schattigen Bogengang, der nun
menschenleer war, und traten dann auf den in warmes gelbes Sonnenlicht getauchten Parkplatz. Dahinter zwinkerte das Meer uns glitzernd zu. Der Himmel über uns war wolkenlos.
»Mein Auto steht da drüben.« Michael zeigte auf eine smaragdgrüne Limousine. »Na ja, ist ja nicht wirklich meins, sondern das, das die Autovermietung mir gestellt hat. Aber gar nicht so übel. Da steckt einiges an Wumm unter der Motorhaube.«
Ich lächelte ihn an und er
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