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Susanne Barden 04 - Weite Wege

Susanne Barden 04 - Weite Wege

Titel: Susanne Barden 04 - Weite Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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schlanken Finger spielten nervös mit dem Kaffeelöffel, und ihre Füße hoben sich sprungbereit auf die Zehenspitzen. Frau Cooney entging nichts von alledem. »Erbarmung, Kindchen!« rief sie. »Sie sehen ja wie ein Sperber aus, der sich im nächsten Moment auf sein Opfer stürzen will. Sie haben wahrhaftig Courage, und das ist gut. Ich sag immer, wenn man sein Ziel nicht aus den Augen läßt und ordentlich hinterher ist, erreicht man es auch - besonders wenn man es mit Menschen zu tun hat. Sie sträuben sich lange, bis es ihnen schließlich zuviel wird. Dann geben sie plötzlich nach - und du hast sie ‘rumgekriegt.«
    »Ja, ja, Sie haben recht. Ich habe gehofft, daß Sie so denken. Bill war so pessimistisch, daß ich fast .«
    »Unsinn! Ein Mann, der liebt, denkt immer, sein Mädchen könnte nicht allein vom Stuhl aufstehen, ohne sich was zu brechen. Wie geschmiert wird es natürlich nicht gehen, darin hat er schon recht. Das Glück wird sich nicht gerade zu Ihnen drängen. Aber im Leben geht’s immer auf und ab. Nach Regen folgt Sonnenschein.«
    Frau Barden hatte mit runden Kinderaugen zugehört. Nun mischte sie sich ein. »Glauben Sie nicht, daß Susy ihren Plan lieber aufgeben sollte?«
    »Aber warum denn? Ihre Tochter kann es doch wenigstens versuchen. Sie explodiert ja, wenn sie nicht irgend etwas tut.«
    Susy warf ihr einen dankbaren Blick zu. »Wen soll ich aufsuchen?«
    »Am besten Lot Phinney, einen der Gemeindevorsteher. Er ist ein vernünftiger Mann, und wenn die Gemeinde nichts tun kann, weiß er vielleicht einen Rat.«
    »Was für ein Mensch ist Herr Phinney? Wie soll ich mich .« »Wie Sie sich geben sollen? Seien Sie ganz natürlich! Und lassen Sie sich nicht abschrecken. Er brummt gern, meint es aber nicht so schlimm. Im Grunde ist er schrecklich gutmütig, wenn er auch immer so tut, als hätte er Bauchgrimmen. Und er hält viel vom Doktor. Erzählen Sie ihm einfach alles genauso, wie Sie es mir erzählt haben.«
    Susy wurde immer zuversichtlicher. Frau Cooneys Überzeugung, daß sie ihr Ziel erreichen würde, wenn sie es nur entschlossen und zäh verfolgte, wirkte ansteckend. Bald hatte Susy das Gefühl, daß alles gut werden würde. Ihre Zuversicht steigerte sich noch, als Bill kam und sie froh in seine Arme schloß.
    Nach dem Essen, während Frau Cooney das Geschirr abwusch und Frau Barden abtrocknete, machten Bill und Susy einen Spaziergang. Wie auf Verabredung erwähnte keiner von ihnen weder den Tod von Bills Vater noch die verschobene Hochzeit. Sie waren beisammen; das war im Augenblick genug.
    Die kalte Luft war wie dünnes Kristall, auf dem sich ihr Atem als weißer Hauch niederschlug. Der Schnee knirschte unter ihren Füßen, und über ihnen funkelten zwischen den kahlen Zweigen der Ulmen grüne Sterne. Hinter den aufblitzenden Lichtern im Tal ragten die Berge tintenschwarz zum schiefergrauen Himmel empor.
    Bill hielt Susys linke Hand von seiner Rechten umschlossen in seiner Manteltasche. Er paßte seinen Schritt dem ihren an. Im Sternenlicht sah sie seine magere Wange, die Umrisse seines Kopfes und seine breite Schulter neben sich. Sie fühlte die Wärme seines Blickes, wenn er zu ihr hinuntersah.
    Sie sprachen wenig; sie wollten das beruhigende Gefühl, beieinander zu sein, nicht durch Worte stören. Als die Kälte durch ihre Kleider zu dringen begann, kehrten sie um und wanderten in beglückendem Gleichschritt zurück.
    Susy schlief tief und fest in dieser Nacht, denn sie war jung, gesund und sehr müde. Aber ihre Mutter lag noch lange wach in dem fremden Bett, horchte auf die ungewohnten Geräusche im Gasthaus und dachte besorgt an Susys Zukunft. Erst gegen Morgen schlief sie endlich ein. Als sie dann erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel, und Susys Bett war leer.
    Fest entschlossen, sich nicht abschrecken zu lassen, brachte Susy den Wagen vor Lot Phinneys weitläufigem alten Haus zum Stehen. Auf ihr Klingeln öffnete er ihr selber die Tür. Sie erkannte ihn sofort nach Frau Cooneys Beschreibung. »Ein kleines Männchen, bißchen gebeugt, mit grauem Haar, watschelt wie ein Truthahn und hat rötlichbraune Augen, die nicht so böse sind, wie sie aussehen.«
    Er sah Susy jedoch böse genug an. »Ich kaufe nichts«, knurrte er, ehe sie etwas sagen konnte.
    »Ich auch nicht«, antwortete sie schlagfertig. »Ich heiße Barden und ...«
    »Das Mädel vom Doktor! Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Ah, ja, ich hab gehört, daß Sie ein Rotkopf sind. Kommen Sie rein, Kindchen!

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