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Susanne Barden 04 - Weite Wege

Susanne Barden 04 - Weite Wege

Titel: Susanne Barden 04 - Weite Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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sie morgens aufwachte, fiel ihr erster Blick auf die Berge. Sie beobachtete, wie die blauen Schatten sich langsam nach oben zurückzogen, sobald die Wintersonne heraufkam. In der Frühe schliefen fast immer Wolken in den Schluchten. Auch sie verflüchtigten sich vor der Sonne und erschienen Susy wie lebendige Wesen, die sich reckten und streckten, bevor sie langsam davonkrochen. Sie brachte es niemals fertig aufzustehen, ehe sie nicht verschwunden waren.
    Mittags aß sie mit Frau Cooney in der warmen, sonnigen Küche mit dem uralten gemauerten Backofen, mit dem bemalten Holzkasten und der Handpumpe über dem eisernen Ausguß. Hier lernte Susy die Lebensgeschichte sämtlicher Einwohner von Springdale kennen. Während sie Anne Cooney zuhörte, wanderten ihre Augen immer wieder zu den Bergen hinaus, die blendend weiß in der Sonne glänzten oder drohend hinter dem fallenden Schnee aufragten. Jetzt hätte sie Zeit und Gelegenheit genug gehabt, nach den geheimnisvollen Angriffen auf Bill zu fragen. Aber jetzt interessierte sie dieses Thema nicht mehr; seit ihrer Ankunft hatte man Bill in Ruhe gelassen.
    Wenn es dämmerte, stand Susy am Fenster und beobachtete die wechselnde Beleuchtung, bis die Berge sich nur noch wie schwarze Schattenrisse gegen den dunkelblauen Himmel abhoben und es Zeit für Bills Abendbesuch wurde. Sie und Bill kamen sich in dieser Zeit
    sehr nah und verstanden sich immer besser.
    »Weißt du eigentlich, daß du dich verändert hast?« fragte Susy ihn eines Abends. »Du wirst jetzt nicht mehr so schnell wütend auf mich wie früher.«
    Bill antwortete nicht gleich. Ein wenig verwirrt fuhr er sich mit dem Mittelfinger der linken Hand über seinen Schnurrbart. Diese Geste war ihm in letzter Zeit zur Gewohnheit geworden. Susy konnte sie jedesmal beobachten, wenn er nachdachte oder mit einer Sache nicht recht fertig wurde. Er saß bequem zurückgelehnt in einem Lehnstuhl, die langen Beine weit von sich gestreckt, und sein Blick wanderte etwas verlegen zu seinen Schuhspitzen.
    »Ich war eifersüchtig«, bekannte er schließlich. »Du bist verdammt hübsch, und andere Männer sahen das auch. Und dann hast du mich dauernd um deines Berufes willen hingehalten. Es ist die Unsicherheit, die die Menschen eifersüchtig macht.«
    »Ja, das stimmt. Ich erinnere mich noch gut an die schlimme Zeit, als ich dachte, du liebtest eine andere.«
    »Telefon, Doktor!« rief Frau Cooney, in der Tür auftauchend. »Sie werden wohl fort müssen. Larry Crowells Junge hat Fieber, und zwar schlimm.«
    »Wenn ich doch mitfahren könnte!« Susy hatte vorgehabt, Bill auf seinen Fahrten über Land zu begleiten, solange sie auf Elias Todd warten mußte, denn dabei hätte sie eine Menge über die Lebensbedingungen der ländlichen Bevölkerung lernen können. Aber Frau Cooney hatte ihr davon abgeraten.
    »Nicht bevor Sie regelrecht angestellt sind! Wenn Sie nicht mit dem Doktor verlobt wären, wär es was anderes. Aber so würden die Leute tratschen. Es genügt, wenn er herkommt und Sie besucht.«
    Susy beugte sich dem weisen Ratschlag der erfahrenen Frau, und so hatte sie sehr wenig zu tun. Die Zeit wurde ihr bald unerträglich lang - trotz ausführlicher Briefe an die Freundinnen, trotz ausgedehnter Spaziergänge durch die verschneite Landschaft und trotz der anregenden Abende mit Bill. Sie war es gewohnt, tätig zu sein; ohne Arbeit fühlte sie sich unausgefüllt und leer. Auch vermißte sie die Gesellschaft von Kit und Marianna. Eines Tages hatte sie einen Einfall.
    »Wenn es mir gelingt, hier angestellt zu werden, kann Marianna doch zu mir kommen. Sie kann hier ebensogut zur Schule gehen wie in New York. Kit wird es bestimmt nichts ausmachen. Vielleicht ist sie sogar froh, wenn sie das Haus aufgeben kann und nicht mehr so viel Miete zu zahlen braucht. Und Anne Cooney würde sich auch freuen. Sie hat gern Menschen um sich.«
    Wirklich war Frau Cooney sofort mit Susys Vorschlag einverstanden. »Natürlich kann sie herkommen! Dann mieten Sie beide das Haus und überlassen mir ein Zimmer - und ich sorge für Sie. Aber seien Sie nicht zu voreilig. Noch ist alles in der Schwebe, und man kann nie wissen, wie es kommt.«
    Am nächsten Tag hatte Susy eine Begegnung mit der Schul- schwester. Sie schlenderte auf ihrem täglichen Spaziergang durch die stillen Straßen, als sie das Zeichen der Fürsorgeschwester an einer Autotür entdeckte. Auf dem Dach waren ein Paar Ski festgeschnallt.
    Susy blieb stehen. Ach, du lieber Himmel! Als

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