Susanne Barden 05 - Jung verheiratet
gleichgültig.
Susy lächelte. Im großen und ganzen war die Klasse recht brav. Mary sagte immer, jede Klasse habe eine bestimmte Wesensart - ähnlich wie ein einzelner Mensch. Manche Klassen waren ruhig und fleißig, andere laut und lärmend und wieder andere voller Widerspruchsgeist. Diese erste Klasse der Schule schien willig und gefügig zu sein. Susy vertraute ihr und glaubte nicht, daß der »Lustige Skihase« die Mädchen zu Dummheiten verleiten werde.
Das warme Wetter hielt zwei Wochen lang an. Der Schnee verschwand von den Berghängen, und Skilaufen war nicht mehr möglich. Das Krankenhaus füllte sich mit Grippekranken. Mitte Dezember setzte dann plötzlich große Kälte ein, und zwar gerade an einem Abend, als Susy und Bill zu den Todds fahren wollten. Es war zu einer feststehenden Gewohnheit geworden, daß sie einmal im Monat bei den Todds waren. Susy und Bill liebten diese Abende. Elias Todd hatte viel erlebt und konnte fesselnd erzählen. Er stammte aus Springdale, war ein Kind armer Eltern und hatte eine entbehrungsreiche Jugend durchlebt. Später war er dann nach New York gegangen und hatte dort als Hotelier sein Glück gemacht. Doch nach einigen Jahren hatte ihn das Heimweh nach den Bergen gepackt. Er war nach Springdale zurückgekommen und hatte das Hotel Kahlschlag erbaut. Natürlich kitzelte es auch seine Eitelkeit, daß er als reicher Mann in seine Heimat zurückkehrte; daraus machte er selber kein Hehl. Sein bleiches, etwas schwammiges Gesicht bekam Farbe, wenn er erzählte, und seine kleinen hellblauen Augen leuchteten auf. Er sprach völlig dialektfrei. Aber seine Frau, eine selbstbewußte Bäuerin aus New Hampshire, hatte ihren Dialekt beibehalten. Sie war eine wohlhabende Witwe gewesen, als er um sie angehalten hatte. Sein Reichtum bedeutete ihr nicht das geringste. Aber selbst wenn sie arm wie eine Kirchenmaus gewesen wäre, hätte sie sich nicht davon imponieren lassen.
Susy liebte die große energische Frau von Herzen. Martha hatte ihre und Bills Bestrebungen immer tatkräftig unterstützt und ihnen Mann dazu überredet, seinem Heimatort ein Krankenhaus zu stiften. Doch die Todds waren nicht nur Wohltäter für Susy und Bill, sondern echte Freunde - trotz des Altersunterschiedes. Susy freute sich schon immer lange vorher auf den Abend bei ihnen.
Diesmal jedoch hatte sie keine rechte Lust, das Haus zu verlassen, denn draußen herrschte dichter Nebel. Besorgt sah sie zum Fenster hinaus, während sie sich umzog. »Bill!«
»Ja?« Sie hörte an seiner Stimme, daß er sich rasierte.
»Hast du mal hinausgeschaut? Eine Nacht wie geschaffen, um gegen einen Baum zu fahren!«
Bill kam in ihr Zimmer. »Du bist ja recht vergnügungssüchtig!«
»Aber du mußt mir Zeit zum Schreien lassen, wenn es soweit ist. Ich kann sehr schön schreien. Willst du mal hören?«
»Nein, danke!«
»Du liebst mich nicht.«
»Warum sollte ich auch?«
»Na, es wäre doch ganz nett. Aber ernsthaft, Bill, wollen wir nicht lieber absagen?«
»Du willst wegen eines lächerlichen Nebels auf ein Essen bei Martha verzichten?«
»Na gut, fahren wir! Hol den Todeswagen heraus. Kein Mensch soll mir nachsagen, daß ich nicht bis zum bitteren Ende zu dir gehalten hätte.«
»Schreiend?«
»Selbstverständlich! Laut und lang und völlig kostenlos!«
Bill lachte. Aber als er aus dem Haus trat, verging ihm das Lachen. Das war ja wie in einer Waschküche! Maxi bellte aufgeregt in die unheimlich veränderte Welt, bis Bill ihn aufhob und in den Wagen setzte.
»Fahr bloß vorsichtig!« mahnte Susy.
Der Wagen schlich aus dem Tor und kroch dann durch eine formlose weiße Öde den Berg hinauf. Im Licht der Scheinwerfer sahen sie undeutlich ein kurzes Stück der Straße vor sich. Langsam, langsam ging es bergauf. Als sie die obere Straße erreicht hatten, war die Luft plötzlich klar.
Bill atmete erleichtert auf und drückte auf den Gashebel. »Was sagst du nun? Der herrlichste Mondschein!«
Wie von Furien gejagt, raste der Wagen zum Haus der Todds.
Martha und Elias waren ganz erstaunt, als sie von dem Nebel hörten. »Das wird die Eröffnungsfeier stören«, sagte Martha zufrieden, während sie Susy den Mantel abnahm.
»Was für eine Eröffnungsfeier?« fragte Susy.
»Na, die vom >Lustigen Skihasen<.«
»Ach so!« Susy beugte sich zu den drei Dackeln von Elias hinunter, die Maxi bereits begrüßt hatten, und streichelte sie.
Während die kleine Gesellschaft zum Eßzimmer ging, erzählte Martha, daß der Farmklub eine
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