Sushi Für Anfaenger
ertappte, wie sie während der Bürozeit den Preisausschreiben-Champagner süffelten.
Aber es war nicht Jack, sondern seine fingerbeißende Freundin. Sie hatte enorm hohe Absätze und winzig schmale Hüften. Noch schmaler jedoch war ihre Taille. Ashling wurde ganz elend vor Neid und Bewunderung.
Mai wusste anscheinend nicht, was sie von dem ausgedehnten Schweigen im Raum und den schuldbewussten Blicken halten sollte. »Ist Jack da?«
Das Schweigen hielt an.
»Nein«, murmelte Mrs. Morley und wischte sich über den Mund, falls sie einen Champagnerbart hatte. »Er ist im Fernsehstudio und ruft die Leute dort zur Ordnung.« Dann verschränkte sie triumphierend die Arme und zeigte mit ihrer Haltung, dass es Mai war, die von Jack zur Ordnung gerufen werden sollte.
»Oh.« Mais volle Lippen drückten schmollend Enttäuschung aus. Sie wirbelte herum, so dass ihr seidenes Haar in aufreizender Fülle hin und her schwang.
»Sie können ja warten, wenn Sie möchten«, sagte Ashling unvermittelt.
Mai wirbelte wieder herum. »Wäre das erlaubt?«
»Klar! Möchten Sie nicht auch etwas trinken?« Kaum hatte Ashling die Worte ausgesprochen, als sie sich auf Lisas Zorn gefasst machte. Schlechte Idee, die Freundin des Chefs aufzufordern, bei ihrem Gelage mitzumachen. Ashling nahm an, dass sie einen Schwips hatte.
Aber statt böse zu sein, bekräftigte Lisa den Vorschlag und sagte: »Ja, trinken Sie mit uns!«
Tatsache war, dass Lisa ebenso neugierig war wie die anderen, was Mai anging. Eher noch neugieriger, wenn man es genau betrachtete.
»Prost!« Als Mai den Becher von Lisa entgegennahm, forderte Ashling sie freundlich auf: »Kommen Sie, hier ist ein Stuhl.«
Sofort fühlten sich Trix und Lisa zu Ashlings Schreibtisch hingezogen, so faszinierend fanden sie die exotische Mai.
»Ihre Handtasche gefällt mir«, sagte Lisa. »Lulu Guinness?«
Mai lachte auf, und es klang erstaunlich deftig. »Dunnes.«
»Dunnes?«
»Eine Kaufhauskette«, erklärte Ashling ernsthaft und mit roten Wangen. »Wie Marks & Spencer.«
»Nur billiger«, fügte Mai mit einem erneuten kessen Lachen hinzu. Trotz ihres Lotusblüten-Gesichts schien sie plötzlich sehr gewöhnlich.
Als Lisa die Runde machte und Champagner nachfüllte, sagte Mai mit listigem Witz: »Das ist ja eine tolle Redaktion. Gibt es so was jeden Tag?«
Darauf folgte ein Ausbruch fast hysterischen Gelächters.
»Jeden Tag? Natürlich nicht! Überhaupt nicht! Bei besonderen Anlässen, vor langen Wochenenden, dann vielleicht.«
»Sie verraten Jack nichts, oder?«, fragte Trix.
Mais Augen flackerten hämisch. »Wie käme ich dazu?«
»Wo arbeiten Sie denn? Was machen Sie?«, getraute Trix sich zu fragen.
Mai warf ihre schweren Haare herum, ihre schrägen Augen nahmen einen tiefsinnigen Ausdruck an, und im Nu war sie wieder das geheimnisvolle, undurchschaubare Wesen. »Ich mache exotischen Tanz.«
Das verschlug allen Anwesenden momentan die Sprache, bevor sie obercool dazu Stellung nahmen. »Fantastisch!«, riefen sie im Chor. »Wie toll!«
»Genau das richtige Wetter dafür.« Der langweilige Bernard hatte keine Ahnung, wovon die Rede war.
»Das ist doch großartig«, brachte Lisa hervor. Sie stellte sich vor, dass Jack und Mai fantastischen Sex hatten, und war innerlich grün vor Neid.
»Was ist exotischer Tanz?«, flüsterte Mrs. Morley Kelvin zu.
»Ich glaube, dazu muss man sich, ehm, ausziehen«, flüsterte er taktvoll zurück, mit Rücksicht auf ihre Empfindlichkeit als ältere Frau.
»Ach, sie ist Bauchtänzerin! Dann schwimmt sie in Geld.« Mrs. Morley musterte Mai mit einem Anflug von Respekt.
»Nein, ich bin nicht Bauchtänzerin«, sagte Mai spöttisch und verwandelte sich wieder in einen normalen Menschen. »Das war ein Witz. Ich verkaufe Mobiltelefone, aber wegen meines Aussehens denken die Leute immer, ich bin eine Sexmieze.«
»Ist das nicht scheußlich?«, riefen sie wieder alle begeistert im Chor. »Wie gemein! Sind die Leute nicht furchtbar?«
»Habe ich das richtig verstanden, sie macht gar nicht Bauchtanz?«, fragte Mrs. Morley diskret, an Kelvin gewandt. Der schüttelte den wasserstoffblonden Kopf. Es war nicht leicht zu erkennen, wessen Enttäuschung größer war.
»Diese Tereostypisierung, ist das nicht schrecklich?«, sagte Ashling. Ich bin beschwipst, merkte sie.
»Finde ich auch«, sagte Mai, die sich von ihrem zweiten Becher Champagner mit Spülmittel ermuntert fühlte. »Ich bin in Dublin geboren und aufgewachsen, mein Vater ist Ire,
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