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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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man alles in Betracht zog, dann würde die Zukunft wohl so gut werden, wie sie selbst es zuließ.
    Dann kletterte sie in ihren Wagen und machte sich auf den Weg in die Redaktion.

Ticktack

    Für Don Freeman, einen wahren gentleman.

1
    An dem Tag, als Daisy Change versehentlich ihren Verlobungsring von Tom im Klo runterspülte, erkannte sie, dass ihre Ehe in ernsten Schwierigkeiten steckte.
    Nun ja, um ehrlich zu sein, hatte sie schon seit geraumer Zeit so ein Gefühl, aber es irgendwie zu wissen und es sich dann tatsächlich einzugestehen, sind zwei Paar Stiefel, oder nicht? Doch eine Scheidung kam nicht in die Tüte. Daisy war in ihrem Leben schon auf so einigen »Scheidungspartys« gewesen, und die künstliche Fröhlichkeit, die bei solchen Anlässen an den Tag gelegt wurde, hatte ihrer Meinung nach etwas Erbarmungswürdiges. All dieses Gerede über die Aufteilung der weißen Gerätschaften! »Hah, ihm gehört jetzt zwar die Waschmaschine, aber da hat die Schleuder ohnehin nie richtig funktioniert. Und der Kühlschrank ist so gut wie neu!« Nein, das war nicht ihre Tasse Tee.
    Bis zu der Sache mit dem Ring jedenfalls. Es passierte am Mittwoch, an einem dieser kalten, klaren, sonnigen Wintertage, wo man sich – bei voll aufgedrehter Heizung natürlich – vormachen kann, dass der Frühling vor der Tür steht. Daisy war heute zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein wenig glücklich. Nicht nur, dass sie sich mitten in der Woche einen freien Tag stibitzt hatte, ihr war außerdem fast der ganze Text zu dem Song ›Don’t You Want Me Baby?‹ von Human League eingefallen. Sie liebte es, sich von Zeit zu Zeit dieser Art intellektueller Herausforderung zu stellen.

    »I was working as a waitress in a cocktail bar«, schmetterte sie gerade und schmiedete dabei Pläne für die nächsten Stunden: mit dem Hund einen Spaziergang machen, dann kurz – sehr kurz – ein bisschen durchs Haus putzen; anschließend in ein Strandcafé auf ein Käffchen und einen kurzen – nicht zu kurzen – Blick in die Zeitung. Den Rest des Nachmittags könnte sie es sich ja vor dem Fernseher gemütlich machen. Im Spielfilmkanal kamen zur Zeit so schöne alte Schwarz-Weiß-Schnulzen, wo die Schauspieler Sachen sagten wie ›Ach, ich kann es einfach nicht ertragen, dich zu verlassen, Darling‹; in den Filmen vor dem Zweiten Weltkrieg drückten sie sich oft so geschwollen aus.
    Oben schaltete sie das Radio ein und erwischte Simon and Garfunkel, die ›Feelin’ Groovy‹ sangen – was Daisy entzückte. Mit ungefähr dreizehn hatte sie nämlich festgestellt, dass sie die unheimliche und absolut verblüffende Fähigkeit besaß, immer das zu ihrer aktuellen Lebenssituation passende Lied im Radio zu erwischen. Sie hatte es nie jemandem erzählt, da sie glaubte, man würde sie dann nur für verrückt halten. Nicht mal Tom, ihrem Mann, verriet sie etwas – obwohl an ihrem Hochzeitstag, als sie auf den entsprechenden Knopf drückte, gerade ›Going to the Chapel‹ gespielt wurde. Es war ein Geheimnis, das sie für sich behielt und das ihr ein Siegerlächeln entlockte, wann immer es funktionierte. Jetzt sang sie also ›Kickin’ down the cobblestones‹ und fühlte sich pudelwohl in ihrer Haut.
    Jedenfalls bis sie den Ring runterspülte und dachte, uff, das war hundertprozentig das Ende. Es ging gar nicht so sehr darum, dass Tom außer sich sein würde. Natürlich würde er – sie hatten damals ein Schweinegeld für den Ring ausgegeben, mehr, als sie sich leisten konnten. Tom hätte die Hälfte davon lieber in irgendwelche New-Economy-Aktien oder einen gebrauchten Honda Accord investiert. Daisy wurde seinerzeit vom Verlobungsfieber gepackt. Sie war diejenige,
die auf einmal feuchte Augen kriegte, wenn sie an Dinge wie funkelnde Diamantringe und zartrosa Nagellack an makellos gepflegten weißen Händen dachte. Klar, Tom bekam sicher einen Tobsuchtsanfall, dass der Ring futsch war. Daisy konnte sich richtig vorstellen, wie sie ihn nur mit Mühe daran hinderte, in die Kloschüssel abzutauchen.
    Nein, der Grund, warum Daisy das Gefühl hatte, ihre Ehe sei so gut wie im Eimer, hatte mehr mit dem Runterspülen des Rings an sich zu tun, als mit Toms wahrscheinlicher Reaktion darauf. Es konnte nur ein schlechtes Omen sein. Schließlich war dieser Ring das Symbol gewesen für ihren Entschluss zu heiraten – und das im absurd jugendlichen Alter von vierundzwanzigeinhalb, beide zusammen nicht mal fünfzig. Daisy hatte etwas am Hut mit Aberglauben.

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