Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
Platz, auf dem zuvor Isobel gesessen hatte. »Und wie erging’s Ihnen so? Arbeiten Sie noch immer für dieses – wie war’s noch gleich – ›verblödete‹ Magazin? Und wurde Ihre Story gedruckt?«
»Ich glaube, Sie haben ›oberflächlich‹ vergessen«, erinnerte ihn Clare. »Und nein, noch nicht. Sie erscheint irgendwann
nächstes Jahr. Ich werde Ihnen ein Exemplar zukommen lassen. Obwohl ich fürchte, dass Sie darin keine Erwähnung finden werden. Ich sollte Ihnen am besten gleich gestehen, dass ich nie die Absicht hatte, mir Hintergrundmaterial von Ihnen und Jess zu besorgen, ich fand Sie einfach nur nett und wollte einen Kaffee mit Ihnen trinken.«
Rory feixte. »Das hatte ich gehofft, denn das war auch der Grund, warum ich Sie überhaupt eingeladen habe. Meine Tochter, ich gesteh’s mit Schande, war nur ein Vorwand.«
Clare registrierte, dass er älter aussah als das letzte Mal. Wie üblich trug er Jeans, diesmal mit einem blauen Poloshirt, doch sie konnte die leichten Schatten unter seinen Augen erkennen. Vielleicht nagte ja der Krankenhausaufenthalt von Jessie noch immer an ihm. Es musste eine schlimme Zeit für ihn gewesen sein. Vielleicht hatte er sogar befürchten müssen, seine Tochter zu verlieren.
»Tut mir Leid, wegen dieser Nachricht auf dem Anrufbeantworter«, sagte Clare schlicht. »Rückblickend muss ich sagen, dass das blöde und gefühllos von mir war. Ich meine, Ihre Tochter lag im Krankenhaus. Das Wenigste wäre gewesen, ich hätte einmal persönlich vorbeigeschaut und Ihnen eine Pastete oder so was vorbeigebracht.«
»Gott bewahre! Ihre Kokosnussplätzchen haben mich haarscharf überleben lassen«, schüttelte Rory sich mit gespieltem Schauder.
Clare prustete und dachte wieder einmal, wie gut ihr diese eigenartige Mischung aus Frechheit und Wärme an diesem Mann gefiel. Es tat ihr plötzlich Leid, dass ihre Wege so unterschiedliche Richtungen angenommen hatten. Clare war momentan so beschäftigt mit der außergewöhnlichen Richtung, die ihr eigenes Leben eingeschlagen hatte, dass es ihr schwer fiel zu glauben, es überhaupt je wieder unter Kontrolle bringen zu können.
»Schauen Sie«, sagte Rory und ergriff ihre Hand.
Komisch, dachte Clare, wie viele Menschen heute ihre Hand ergriffen. Aber der Anblick ihrer Hand, die fast in Rorys großen, umsichtigen Pranken verschwand, gefiel ihr. Es vermittelte ihr ein Gefühl von Sicherheit.
»Um die Wahrheit zu sagen, ich war ein Feigling«, fuhr Rory fort. »Zuerst hab ich mich hinter Jess versteckt, um Sie zu einem Date zu bewegen, und dann habe ich mich hinter ihrer Krankheit versteckt, um da wieder rauszukommen, weil ich Angst hatte, wie etwas so Entscheidendes sich auf den Rest meines Leben auswirken würde. Aber jetzt werde ich mutig sein. Ich würde Sie unheimlich gerne wieder sehen. Vielleicht könnten Sie mal zum Abendessen vorbeikommen? Ich bin ein sehr guter Koch, auch wenn ich mir das nur selbst sage, denn für Jess ist das selbstverständlich. Ich würde liebend gerne etwas für Sie kochen.«
Ein Mann, der kochen kann, dachte Clare. Sie fragte sich, was Der Traummann dazu wohl zu sagen hätte. Aber das würde sie nie erfahren. Sie hatte das Buch etwa um die gleiche Zeit, als sie sich einen Schwangerschaftstest im Supermarkt besorgte, in den Müll geworfen.
»Das klingt sehr verlockend«, antwortete sie und meinte es auch so. Tatsächlich überlegte sie gerade, wie herrlich es doch wäre, sich einfach neben Rory zusammenrollen zu können, den Kopf auf sein Kissen zu betten und ein paar Jahre lang zu schlafen. Dann entzog sie ihm resolut ihre Hand. »Aber ich fürchte, ich bin im Moment zu beschäftigt. Tatsächlich werde ich noch fast ein Jahr lang ziemlich beschäftigt sein. Es gibt Dinge, die ich einfach vorher noch erledigen muss. Wäre es in Ordnung, wenn ich Sie irgendwann nächstes Jahr anrufe und frage, ob die Einladung zum Abendessen noch steht?«
Er blickte sie verdattert an. »Ist das Ihr Ernst?«
»O ja, das ist es. Es ist wichtig, dass ich diese Dinge allein erledige.«
Er lächelte sie an. »Also gut, Sie können mich gerne anrufen.
Obwohl ich dann nicht garantieren kann, dass der Küchenchef noch am Herd steht …«
»Nun, das Risiko muss ich wohl eingehen«, sagte Clare. »Aber ich werde auf jeden Fall anrufen«, versprach sie.
Als sie zu ihrem Auto hinausging, fühlte sie die wärmende Sonne auf ihren bloßen Armen.
Clare, die sich einen Augenblick lang gegen die Fahrertür lehnte, dachte, wenn
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