Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
anders erwartet, fiel Daisys Miene in sich zusammen.
Er wusste, dass sie, wenn sie einmal eine Idee hatte, diese immer gleich voller Begeisterung und Tatendrang umsetzen wollte. Etwas so Ödes wie warten, bis sich ihre finanzielle Lage stabilisiert hätte, war ihr ein Gräuel. Aber Tom wusste, dass er seinen Job erst mal auf die Reihe kriegen musste, bevor er sich in ein Unternehmen stürzte, das nicht nur sündteuer, sondern obendrein eine emotionale Achterbahnfahrt zu werden versprach. Er konnte Daisy nicht die Stütze sein, die sie brauchte, wenn er sich gleichzeitig damit herumschlug, ob die Seniorpartner seiner Firma sich nicht auf ein Bierchen am Freitagabend trafen, um seinen bevorstehenden Rausschmiss zu diskutieren. Jeden Tag fürchtete er, die Frage, die ihm den Todesstoß versetzte, gestellt zu bekommen: »Haben Sie schon mal drüber nachgedacht, ob es Ihnen in unserer Filiale in Perth nicht besser gefallen würde?«
Daisy dachte, typisch Tom, sofort wieder die alte Leier mit der Arbeit aufs Tapet zu bringen, wo es ihr doch um etwas weit Größeres und Bedeutenderes ging, und das den Rest ihres Lebens beträfe. Gereizt griff sie nach der Teekanne und schenkte sich noch eine Tasse ein.
»Bei dir klingt es so, als läge es allein an dir, das zu entscheiden. Du bist nicht der einzige, der hier Geld ins Haus bringt. Es ist unser Geld, das wir ausgeben würden«, verwies sie ihn.
»Sicher. Aber vergiss nicht, dass ich einiges mehr verdiene als du. Also ist es nur vernünftig, vorsichtig zu sein, wenn zu befürchten steht, dass mein Einkommen kippt.«
Daisy merkte, dass sich ihr Gespräch wieder einmal auf das Thema ›Geld‹ zubewegt hatte. Auch wenn sie sich scheinbar über ganz andere Dinge stritten – wo sie ihren Urlaub verbringen wollten oder ob sie die Fleischosaurus-Pizza nehmen oder doch lieber bei der vegetarischen bleiben sollten – ging es doch oft im Grunde nur um Geld. Wahrscheinlich
gab es in jeder Ehe so einen ganz bestimmten wunden Punkt. Manche Paare stritten sich vielleicht andauernd um die richtige Ernährung für die Katze oder darum, wer was putzte, oder lagen sich wegen der lieben Schwiegereltern in den Haaren. Bei Tom und Daisy hakte es meistens am Geld – mit einer Prise Putzen und Schwiegereltern als Verzierung. Wenn er andeutete, sie müssten mehr sparen, fühlte sie sich sofort in der Defensive. Sie bekam schon einen Hass – und Schuldgefühle -, wenn sie nur sah, wie er dahockte und über ihren gemeinsamen Kontoauszügen brütete.
»Ich finde, das sollte wirklich keine Frage des Geldes sein«, sagte Daisy, um einen ruhigen, vernünftigen Ton bemüht. »Es geht hier darum, ob wir eine Familie gründen oder nicht. Und dafür wird es höchste Zeit, denn sonst bin ich zu alt, oder es ist zu spät, und wir können unser Geld bis zum jüngsten Tag horten – aber ein Kind haben wir dann immer noch nicht.«
»Ich hab nichts dagegen, zu einem Spezialisten zu gehen. Meiner Ansicht nach wäre es nur in diesem Jahr äußerst ungünstig – so wie die Dinge im Büro stehen und ja, mit dem Geld.«
»Ach, und nächstes Jahr wird’s besser? Bist du dir da auch sicher?«
Irritiert fuhr Tom sich mit der Hand durch die dichten dunklen Haare. Er hasste es, mit Daisy zu streiten. Ihm schien es, als führten sie eine gute Ehe. Schön, wie entspannt ihr gemeinsames Leben verlief, wie sie abends zusammen vor dem Fernseher relaxen konnten und nicht andauernd reden oder gar ausgehen mussten. Was Tom betraf, so gehörten kitschig-romantische Gesten und bedeutungsschwere Diskussionen eher in die Zeit der Brautwerbung. Das Tolle an der Ehe war ja gerade, dass man nicht auf den Putz hauen musste. Endlich, nach Jahren, in denen er versucht hatte,
all das zu sein, was Frauen sich von einem Mann wünschten – und das war, weiß der Himmel, sauschwer rauszukriegen – konnte er sich nun entspannen und einfach er selbst sein. Streit verabscheute er. Dabei kam es ihm immer so vor, als würden sie vollkommen aneinander vorbeireden. Und je mehr sie redeten, desto schlimmer wurden die Missverständnisse. Ein Streit war das Letzte, was er im Moment gebrauchen konnte. Wenn er nicht mal mehr Zuhause seine Ruhe hatte, wo sollte er dann hin?
»Wenn du natürlich unbedingt jetzt gleich mit dieser Sache losschießen willst, dann können wir das auch«, bot er schließlich widerstrebend an. »Ich finde nur, das alles kommt ein bisschen arg plötzlich. Im letzten Monat wolltest du noch überhaupt nichts von
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