Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
tatsächlich zu spät war.
Derweil krallte Patricia sich an ihre protzige Perlenkette und schnappte nach Luft, wie ein Goldfisch auf dem Trockenen. Sie stotterte irgendetwas, doch Daisy unterbrach sie rücksichtslos. »Nein, keine Ahnung hast du, weil du viel zu beschäftigt damit bist, die richtigen Nüsse für eine Lammfüllung auszusuchen oder zu überlegen, ob die lila Schuhe zum grauen Hosenanzug passen. Und wie kannst du es wagen, vorzuschlagen, Barry und Angela sollen dieses Baby abtreiben, bloß weil du Angela nicht für gut genug hältst und weil es dir gegen den Strich geht, dass sie ihr Frühstücksbrot mit dem Messer isst!«
»Das reicht, Daisy. Ich glaube, es ist jetzt besser zu gehen. Wir sind wohl alle ein bisschen müde.« Tom zerrte Daisy auf die Füße und schob sie vom Tisch weg. Patricia gab ein ersticktes Stöhnen von sich. Ihr Gatte sprang auf, und Barry tätschelte unbeholfen Angelas Rücken, die nun endgültig in Tränen ausgebrochen war.
»Tut mir Leid«, brummelte Tom. »Äh – noch mal herzlichen Glückwunsch, Barry! Das sind wirklich tolle Neuigkeiten. Gratuliere, Angela! Wir freuen uns sehr für euch.«
Entschlossen bugsierte er Daisy zur Tür. »Aber«, keuchte Patricia, »ihr könnt uns doch nicht einfach sitzen lassen!«
Sie stieß ein herzzerreißendes Schluchzen aus. »Ich habe als Nachspeise doch extra mein Kiwi-Passionsfrucht-Souffle gemacht!«, heulte sie auf.
3
»So – und zwar versuchen wir es jetzt mit künstlicher Befruchtung«, verkündete Daisy.
Tom, der gerade einen Löffel Corn-Flakes hatte nehmen wollen, erstarrte auf halbem Wege zum Mund. Daisy musste selbst zugeben, dass dies wahrscheinlich nicht gerade der taktvollste Zeitpunkt war, um das Thema aufs Tapet zu bringen. Aber gestern Abend auf der Heimfahrt war sie viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich einerseits in selbstgerechter Empörung, andererseits in übertrieben devoten Entschuldigungen zu ergehen, um überhaupt noch daran zu denken. Dann hatte Tom das Radio eingeschaltet, und Daisy hätte in den Boden versinken mögen, als ausgerechnet Bonnie Raitt lief, die ihren Titel ›Let’s Give Them Something to Talk About‹ sang. Doch jetzt musste ihr Anliegen auf den Tisch, koste es, was es wolle. Tom hatte ja noch ein paar Minuten Zeit, um den 7:45er Jetcat in die Stadt zu erwischen.
»Woher kommt das denn plötzlich?«, erkundigte er sich verblüfft.
»Es ›kommt‹ von nirgendwoher«, antwortete Daisy ein wenig irritiert. »Ich finde bloß, dass wir alles andere ja schon probiert haben. Oder vielleicht sollte ich lieber sagen, ich hab alles andere probiert. Ich möchte, dass wir einen Spezialisten aufsuchen, um uns zu informieren.«
Vorsichtig legte Tom den Löffel in die Müslischüssel zurück.
»Aber du sagst doch immer, dass du dir eine künstliche Befruchtung überhaupt nicht vorstellen kannst. Du sagst, du willst nicht auf Gedeih und Verderb den Ärzten ausgeliefert sein. Und du hast einen Horror vor Spritzen und fürchtest außerdem, von all dem Hormonzeugs fett und depressiv und launisch zu werden. Und der Erfolg ist auch nicht garantiert.«
Daisy wischte das alles beiseite, als würde sie ein paar Brösel vom Tisch fegen. »Ja, richtig, das habe ich alles gesagt. Aber man darf doch wohl seine Meinung ändern, oder? Jetzt wäre es eben an der Zeit, es mal damit zu versuchen. Bevor wir es ganz aufgeben, meine ich.«
Tom begann nachdenklich mit den Fingern der einen Hand in die Handfläche der andern zu trommeln. Daisy schaute weg.
»Geht’s dabei um gestern Abend?«, erkundigte er sich schließlich. »Ich weiß, wie schwer es für dich war, die Sache mit Barry und Angie zu erfahren. Und leider schaffte es meine Mutter mal wieder, sich wie die größte Ziege zu benehmen. Aber das hat doch nichts mit unserem Leben zu tun und dem, was wir damit anfangen. Oder sollte es zumindest nicht.«
»Der gestrige Abend spielte da keine Rolle«, entgegnete Daisy heftig, und das war nicht einmal gelogen. Nicht komplett, jedenfalls. Möglicherweise hatte es durchaus was mit gestern zu tun, doch das Hauptmotiv war es nicht. Nein, bestimmt nicht.
»Ich glaube nicht, dass der jetzige Zeitpunkt passt«, sagte Tom. »Natürlich möchtest du es versuchen, klar. Hab es selbst ja schon ein-, zweimal vorgeschlagen, wie du weißt. Aber ich finde, wir sollten noch ein bisschen damit warten, bis ich beruflich wieder festen Boden unter den Füßen hab. Es geht dabei nur um ein paar Monate oder so.«
Wie nicht
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