Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
aber man hört, sie soll was ganz Besonderes sein.«
Vielsagend blinzelte Dimmy Daisy mit einem Schweinsäuglein zu. »Sagen Sie nicht, ich hätte nie was für Sie getan.«
Daisy nickte und fragte sich gleichzeitig, was ›Ocean Street‹ mit ihr zu tun haben sollte. »Interessant«, murmelte sie.
Es musste wohl an der zweiten Flasche Wein liegen … aber plötzlich merkte Daisy zu ihrem Schrecken, wie sie Dimmy von der Sache mit dem Verlobungsring erzählte. An ihrem Kaffee nippend spulte sie die ganze traurige Geschichte herunter, vom Saubermachen des Rings bis hin zu Toms unglaublich verständnisvoller Reaktion, die sie allerdings wahnsinnig gemacht hatte.
Als Dimmy daraufhin in dröhnendes Gelächter ausbrach, war Daisy halbwegs beruhigt – wenn sie sich auch ein wenig blöd vorkam.
»Ins Klo! Herrlich!«, keuchte die Lady und tupfte ihren Puppenmund mit der Serviette ab. »Menschenskind! Und jetzt zerbrechen Sie sich den Kopf darüber, dass Ihr Kerl zu
nett war. Weiber! Bin zwar eine davon, aber verstehen werde ich sie nie.«
»Nicht direkt deswegen«, brummte Daisy. »Ich dachte nur, jetzt kommt der große Knall. Aber der kam nicht und jetzt, ja, jetzt fühle ich mich irgendwie betrogen, weil die Sache einfach so im Sand verlaufen ist.«
»Hätten Sie lieber’ne Kriegserklärung gehabt?«, fragte Dimmy.
»Nein, natürlich nicht. Oder vielleicht doch. Alles ist irgendwie so festgefahren, schon seit einer ganzen Weile, und als das mit dem Ring passierte, hab ich das für eine Art Omen oder so gehalten. Und ich dachte, endlich wird mal Tacheles geredet. Vielleicht ändert sich ja was.«
Dimmy lächelte. »Krisenmanagement als Lösung für Eheprobleme. Der große reinigende Krach hält die Beziehung frisch! Erinnert einen an die gute alte Anfangszeit. Außer, man kriegt sich wirklich in die Haare und sagt Dinge, die einem der andere nicht verzeihen kann – oder man hat schlichtweg keinen Bock mehr auf Streit. Lausige Taktik …«
»So habe ich das nicht gemeint«, protestierte Daisy, die sich irgendwie blamiert fühlte.
»Hören Sie, ich hatte drei Ehemänner und konnte keinen davon halten, also was weiß ich schon? Hab keine Ahnung von einer Dauerbeziehung und was sie angeblich wert sein soll. Alte Ehepaare, die ihren sechzigsten Hochzeitstag feiern, finden das jedenfalls. Weiß nicht, ob sie Recht haben oder einfach bloß senil sind.«
»Romantik ist nicht alles, so viel steht fest«, erklärte Daisy salbungsvoll. »Tom und ich, wir lieben uns. Unsere Ehe ist zwar nicht das Aufregendste von der Welt, und ich bin mir seiner Fehler und Schwächen durchaus bewusst – aber wir lieben uns. Das muss doch was wert sein.«
»Hm.« Dimmy schob noch eins von den kleinen Bitterschokoladetäfelchen in den Mund, die ihr zum Kaffee serviert
worden waren, und schnitt eine Grimasse, obwohl es ihr drittes war. »Bis es einen erwischt und man wegen eines andern feuchte Höschen kriegt. So war’s immerhin bei mir. Jedes Mal. Aber Schluss jetzt damit. Allein leben ist das Beste. Fantastisch. Besonders, wenn man Eiscreme hat. Wirklich teure Eiscreme, versteht sich.« Dimmy grinste. »Schätze, Ihre kleine Agentur legt besser’nen Zahn zu, damit Sie sich das auch mal leisten können«, ergänzte sie scherzhaft.
Daisy nahm ihr die Bemerkung nicht übel. In einschlägigen Kreisen war es wohl bekannt, dass ihre Klientel nicht gerade in der Oberliga spielte. Und somit auch keine entsprechenden Prozente an PR-Berater zahlte.
Fingerschnalzend bestellte Dimmy sich noch einen extrastarken Mokka.
»Eiscreme«, schnurrte sie, »enttäuscht einen nie.«
Auf der Rückfahrt zum Büro – im Autoradio lief ›Another One Bites the Dust‹ von Queen -, fragte sich Daisy grimmig, ob sie nicht eine Eisorgie ganz für sich allein veranstalten sollte. Etwas, das sie nicht enttäuschte, wäre zur Abwechslung bestimmt nicht schlecht.
Sie musste daran denken, wie lässig Dimmy über ihre drei Ehen gesprochen hatte, als wäre es vollkommen normal, die Gatten wie Hemden zu wechseln – um sie am Schluss ganz aufzugeben und sich stattdessen einem wohl gefüllten Eisschrank zuzuwenden. Daisy fragte sich, ob es wohl je so weit mit ihr kommen würde oder ob sie eine Scheidung ihr Leben lang als ein Versagen ihrerseits und ein Fehlen von moralischem Rückgrat empfände.
Schon komisch, überlegte sie, wie man sich einerseits ein Kind von seinem Mann wünschen kann, aber andererseits von einem Leben ohne diesen Mann und Kinder träumt.
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