Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
ungerührt und fügte leise hinzu, »und jetzt, wo das geklärt ist, lass uns mal die Runde machen, bevor diese arroganten Biester noch weiter rückwärts kippen vor lauter Graus vor uns Klatschzeitschriftentanten.«
Sie machten sich auf die Suche nach der Enklave der Zeitschriftenjournalistinnen. Denn trotz der Bemühungen der Organisatorinnen, die Leute dazu zu bringen, sich zu mischen, war die Veranstaltung bereits in Gruppen zerfallen: hier die ernsthaften Zeitungsjournalistinnen (Brille, schlecht sitzendes Kostüm), dort die Fernsehreporterinnen (blond, toupiert, viel Haarspray) und in jener Ecke die Zeitschriftenjournalistinnen (chic, weiße Bluse, Lippenstift).
Clare tauchte schon bald dort unter, hier ein »Hallo«, dort ein »Hi« rufend und ihre Wange an verschiedene andere Wangen pressend, um den Lippenstift nicht zu verwischen.
Der Markt der weiblichen Zeitschriftenjournalisten war so
begrenzt, dass sie sich ähnlich vorkam wie an Weihnachten, wenn die ganze Verwandtschaft zusammenströmte und man versuchen wollte, dort neue Bekanntschaften zu schließen.
Natürlich gab es Unterschiede zwischen den verschiedenen Zeitschriften . All Women beispielsweise war ein reines Modemagazin und brüstete sich damit, ihren Leserinnen das Neueste vom Neuen über die Kollektionen der Modezentren in Amerika und Europa sowie einen Ausblick auf die Herbst/ Winterkollektion in zwei Jahren geben zu können. Dann gab es Verve, eine Zeitschrift, die auf dreißig- bis vierzigjährige Leserinnen abzielte, die Cleo, Cosmopolitan und Marie Claire hinter sich gelassen hatten. Im Niveau darunter anzusiedeln waren all die so genannten »Frauenzeitschriften«, die wöchentlichen Revolverblätter, die sich wie Hyänen auf alle Skandale stürzten, die haarige Tennisspieler beiderlei Geschlechts und/oder die Royal Familie betrafen. Die Skandalblattjournalisten mischten sich gewöhnlich nicht mit den Modezeitschriftjournalisten, nicht mal auf einer Veranstaltung wie dieser. Letztere waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig davon zu überzeugen, dass es durchaus möglich war, Mode als ernsthaftes, soziokulturelles Phänomen zu behandeln. Erstere waren lauter, wichtigtuerischer, auffälliger gekleidet und entschlossen, sich nicht in die »unseriöse« Ecke schieben zu lassen. Und sie wussten immer das Neueste über Brad Pitt.
Clare las die Revolverblätter leidenschaftlich gern, graute sich jedoch davor, eines Tages für eins derselbigen arbeiten zu müssen. Wenn sie in einer ihrer pessimistischen Stimmungen war, stellte sie sich gelegentlich vor, wie es mit ihrer Karriere im zunehmenden Alter bergab ging: zuerst die Revolverblätter, dann Publicity, gefolgt von dem Verfassen von Presseerklärungen über neue Frühstücksflocken und schließlich, mit fünfundfünfzig, die Veranstaltungsspalte im Lokalblättchen und ein Verdienst, der gerade noch reichte, um sich die monatliche
Ausgabe von Verve leisten zu können und von der guten alten Zeit zu träumen. Das, wie gesagt, natürlich nur, wenn sie besonders pessimistisch in die Zukunft blickte. In der übrigen Zeit war sie davon überzeugt, für den Rest ihres Lebens kostenlose Exemplare von Verve lesen zu müssen, weil sie nach wie vor dort festhing.
Fiona winkte Clare zu der Gruppe der Modezeitschriftenjournalistinnen. Sie konnte sehen, dass sich die verschiedenen Make-up- und Schönheitsexpertinnen bereits versammelt hatten, um heimlich die Faltentiefe der anderen zu begutachten. Und die Modeschreiberinnen machten einander nette Komplimente über die neuesten Fotoshoots in New York oder auf Hawaii, während sie insgeheim froh waren, dass sie zumindest schon vor geraumer Zeit erkannt hatten, dass dieses spezielle Chloe-Kostüm für ihre Figur nicht geeignet war.
»Clare«, sagte Fiona, »hast du Toni Mawson von Me Myself schon kennen gelernt?«
»Nein, noch nicht.« Clare lächelte und streckte der ein wenig ängstlich dreinblickenden Frau neben Fiona die Hand hin. Me Myself war die neueste Frauenzeitschrift auf dem Markt, ein Zwitter, sowohl Modemagazin als auch Fachblatt für Schönheitsoperationen, wobei die Betonung natürlich auf modischen Schönheitsoperationen lag.
Toni Mawson hatte strähnige dunkle Haare und ein Gesicht, das aussah, als hätten sich sämtliche Züge in der Mitte versammelt. Ein Pony verbarg teilweise die enorme Stirn, doch nichts konnte die breiten Wangen und das ausladende Kinn retten. Ohne zu lächeln, reichte sie Clare ihre schlaffen
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