Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
gebracht. Ein bisschen Joghurt und so ein rotes Geleezeugs.«
Daisy schüttelte den Kopf. »Keinen Hunger«, krächzte sie heiser. »Aber Wasser gern.«
Vorsichtig stemmte sie sich im Bett auf und nippte durstig an dem Glas, das er ihr reichte.
»Hast du Bill gesehen?«, fragte sie.
»Keine Spur. Dauernd kommen irgendwelche Leute rein und bieten mir Cappuccinos oder Macchiatos an, aber einen Arzt hab ich noch nicht zu Gesicht gekriegt. Sie sagen, er schaut noch mal vorbei, bevor wir gehen. Wie geht’s dem armen Bäuchlein?«
Daisy tastete ihre Vorderseite ab. »Ziemlich wund, aber es scheint noch alles da zu sein, wo’s hingehört.«
Schweigend schauten sie die Abendnachrichten an, als Bill einen seiner Blitzauftritte hinlegte.
»Na, wie geht’s uns denn?«, schmetterte er und kam mit federnden Schritten hereingeweht.
»Ganz gut«, meinte Daisy. »Glaube ich zumindest. Oder soll es das nicht?«
Bill schenkte ihr sein Strahlelächeln. »Ausgezeichnet sogar, Daisy! Ausgezeichnet! In der nächsten Sprechstunde reden wir natürlich noch ausführlicher, aber ich kann schon jetzt sagen, dass wir nichts Nachteiliges bei Ihnen gefunden haben. Eileiter glöckerlsauber, Uterus tipptopp, keine Geschwüre oder Gewächse, alles primissima!«
Daisy war im ersten Moment ganz schwummrig vor Erleichterung – aber auch Enttäuschung. Es ist wundervoll, wenn man erfährt, dass mit einem alles in Ordnung ist. Sie war beinahe neidisch auf Tom gewesen, dass seine Spermienanzahl im Normalbereich lag; immerhin konnten die Tests nun ergeben, dass die Kinderlosigkeit ihre Schuld war. Doch jetzt wurde ihr hier ihre Intaktheit bestätigt. Andererseits, wenn nichts los war, gab es auch nichts, das sich reparieren ließ, oder?
Bill hatte sich einen Stuhl ans Bett gezogen und lehnte sich nun zurück, die langen Stelzen von sich gestreckt, die Hände hinter dem Kopf verschränkt.
»Was bedeutet das jetzt für uns?«, erkundigte sich Tom.
»Ausgezeichnete Frage, Tom. Das bedeutet, wir haben keine blasse Ahnung, woran es liegt. Aber machen Sie sich keine Sorgen! Ist alles ganz normal. Tatsächlich kommt bei zehn Prozent aller Paare das vor, was wir ›unerklärliche Unfruchtbarkeit‹ nennen. Alles funktioniert, alles ist am richtigen Platz, die biologische Uhr tickt. Aber aus irgendeinem Grund will es nicht tack machen. Nun, uns stehen noch immer jede Menge Möglichkeiten offen. Der nächste Schritt ist das, was wir eine Hysterosalpingografie nennen, Daisy. Oder kurz HSG. Das ist im Grunde eine Art Röntgen des Unterleibsbereichs, wobei ein Kontrastmittel verwendet wird, um auch das zu erfassen, was wir bei der Laparoskopie möglicherweise übersehen haben. Könnte ein bisschen schmerzhaft werden, aber nichts, womit Sie nicht fertig werden, Daisy. Und das Tolle dabei ist: Wenn wir ein ganz bestimmtes Kontrastmittel verwenden, erhöht sich Ihre Fruchtbarkeit danach für kurze Zeit. Und wir wissen nicht, wieso! Aber wen schert’s? Wenn beim HSG alles klar läuft, können wir uns an die IVF machen, was, glaube ich, das beste für euch Leutchen wäre.«
»Ist diese Röntgenuntersuchung denn wirklich nötig?«, fragte Daisy zögernd. Bei all dem Gerede von Kontrastmitteln, die in ihren Unterleib gespritzt wurden, kam sie sich allmählich vor wie ein wandelndes Gemälde.
»O doch«, erläuterte Bill vergnügt. »Man muss alle Eventualitäten abdecken. Aber wir würden das rasch ansetzen, damit Sie diese Tests so schnell wie möglich hinter sich haben und endlich richtig anfangen können. Ich verstehe ja, dass Sie ungeduldig sind, mit Ihrem ersten IVF-Zyklus anzufangen. Nichts geht über das Gefühl, ein paar richtige Embryos eingepflanzt zu bekommen.«
»Ein paar?«, fragte Tom.
»Besser auf Nummer sicher gehen. Manchmal wird nur
aus einem was, manchmal aus keinem und manchmal, wenn man richtig Glück hat, wird’s sogar ein Pärchen. Da hat man dann gleich seine ganze kleine Familie perfekt! Ist das nicht fantastisch?«
Tom fiel es schon schwer, sich vorzustellen, wie sie mit einem Baby zurechtkommen sollten. Der Gedanke, es mit zweien gleichzeitig aufnehmen zu müssen, erschreckte ihn. Er versuchte, im Geiste nachzurechnen, wie um alles in der Welt sie das finanzieren sollten. Daisy würde nicht nur eine Zeit lang nicht mehr arbeiten können, sie müssten obendrein eine Art Kinderschwester anstellen. Und Daisy überlegte, wie sie Zwillinge stillen sollte. An jeder Brust eins? Oder abwechselnd, sodass sie ihre Brustwarzen in den
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