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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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Tausend-Watt-Strahlen.
    Natürlich bestand Lilli nachher darauf, dass Daisy zum Lunch blieb, und natürlich gab Daisy nach. Sie wusste, wenn sie ging, würde Lilli für den Rest des Tages allein sein, womöglich für den Rest der Woche. Auch wenn die Zusammenarbeit mit Lilli sie zumeist in den Wahnsinn trieb, empfand sie dennoch eine große Hochachtung vor der alten Dame, die so unbeirrbar an sich und ihre schäbige, sterbende kleine Karriere glaubte. Manchmal hatte Daisy das Gefühl, alles in ihren Kräften Stehende tun zu müssen, damit dieser Glaube angesichts einer kalten, mitleidlosen und desinteressierten Welt intakt blieb. Zu anderen Zeiten jedoch dachte sie, wenn sie Lilli noch ein einziges Mal am Telefon hätte, würde sie ihren Namen ändern und sich einen Job bei der Post suchen.
    »Sardinen auf Toast, in Ordnung?«, meinte Lilli einladend.
    »Wundervoll!«, sagte Daisy.
    Sie setzten sich zum Essen an einen winzigen runden Tisch. Lilli musste, um Platz für die zwei Teller zu schaffen, zunächst einen Stapel alter Theaterprogramme und Zeitungen beiseite schieben, dazu einen Haufen ungültiger Lotterielose, eine Blumenvase aus Muscheln und einen Aschenbecher mit einer nackten Frau, auf dem ›Viele Grüße aus Wagga!‹ stand. Auf den meisten Sachen waren Fettflecken, deren Anblick Daisy hätten schaudern lassen, wenn sie es gewagt hätte, näher hinzusehen. Aus dem Kassettenrecorder tönte noch immer Engelbert, diesmal mit einem Song, in
dem es darum ging, an einem Stern zu schaukeln oder so ähnlich.
    »Ja also, Daisy«, begann Lilli und biss herzhaft in ihren von Sardinenöl triefenden Toast. »Ich finde, das lief ganz ausgezeichnet.«
    »Fand ich auch. Ich habe den Mann gebeten, mir ein paar Abzüge für Sie zu schicken.«
    »Fabelhaft! Ich hätte noch die eine oder andere freie Stelle an der Wand übrig«, freute Lilli sich und ließ den Blick selbstgefällig durch ihr Kabäuschen schweifen. »Aber wir wollen von Ihnen reden. Was ist los?«
    »Wie meinen Sie das?« Daisy würgte einen Bissen Sardine hinunter.
    »Na, kommen Sie schon, Sie können mir doch nicht weismachen, dass nichts ist. Sie ziehen ein furchtbar trauriges Gesicht. Ihre Seidenstrümpfe haben hinten eine Laufmasche. Und Sie hocken in ihrem Auto, den Kopf auf dem Lenkrad. Also muss wohl was los sein. Erzählen Sie’s Ihrer guten Freundin Lilli ruhig!«
    Daisy wusste nicht, ob sie in Gekicher oder in Tränen ausbrechen sollte. Seit sie Lilli kannte, hatte sie kein einziges Mal Interesse an anderen gezeigt, immer nur an sich selbst und ihrer Karriere. Selbst als Daisy nach diesem Skiunfall auf zwei Krücken in ihr Büro gehumpelt kam – woher sollte sie wissen was ›Schneepflug!‹ bedeutete – hatte sich Lilli keineswegs nach ihrem Wohlergehen erkundigt. Viel wichtiger war ihr die Mitteilung gewesen, dass sie demnächst ins Krankenhaus müsse, um sich einen Wildwuchs am großen Zeh wegschneiden zu lassen. Doch jetzt beugte sich Lilli auf einmal über den Tisch, tätschelte Daisys Handrücken, und ihr Gesicht unter den dicken rosa Make-up-Schichten lag in besorgten Falten.
    Daisy, die gegen ihren Willen gerührt war, hörte sich selbst sagen: »Um ganz ehrlich zu sein, Lilli, es ist was Privates.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Dinge zwischen mir und Tom noch in Ordnung sind. Wir leben schon eine ganze Weile nebeneinander her und jetzt driften wir, fürchte ich, auseinander. Sie verstehen, was ich meine.«
    Lilli nickte nachdenklich. »Genau! Ich war ja auch mal verheiratet, wissen Sie. Obwohl Stephan natürlich viel zu jung gestorben ist. Das hat es sicherlich vereinfacht.«
    Sie hielt inne und schlürfte den Rest ihrer Sardinen geräuschvoll in den Mund. Ihr scharlachroter Lippenstift, den sie absichtlich über die Konturen ihrer kaum mehr existenten Lippen hinaus verschmiert hatte, war während dieser Prozedur vollkommen intakt geblieben. Sie lehnte sich zurück und tupfte sich vorsichtig mit einem Küchentuch, das sie von einer Rolle abriss, die sich ebenfalls in dem Durcheinander auf dem Tisch befand, den Mund ab.
    »Aber wissen Sie, am meisten zählt, dass Ihr Ehemann immer auf Ihrer Seite ist«, verkündete sie schließlich. »Darum geht es in erster Linie bei der Ehe, zwei gegen den Rest der Welt. Mein Stephan und ich, wir waren so. Zumindest, bis er viel zu früh starb. Aber wir wussten, dass wir beide es aufnehmen mit allen anderen. Deshalb heiraten die Menschen.«
    »Kann schon sein«, sagte Daisy. »Aber es ist schwer, das

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