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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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Büro zurückkommen könnte, weil sie etwas Dringendes zu erledigen hatte. Dann stieg sie aufs Gas und jagte mit achtzig Sachen zu Doris’ kleinem Haus in Glebe.
    Kaum dass Doris die Tür aufgemacht hatte, sah Daisy das blaue Auge. Es war auch schwer zu übersehen, vor allem nicht in der Gesellschaft von fettigen Haaren, einem alten schwarzen Rolli und einer an den Knien ausgebeulten schwarzen Hose, die auch noch voller Fussel war. Daisy wurde ganz schlecht. Ihre schlimmsten Albträume hatten Gestalt angenommen: Doris war an den Falschen geraten, und der hatte sie prompt verprügelt. Wahrscheinlich konnte sie von Glück reden, überhaupt noch den Kopf auf den Schultern zu haben.
    »Großer Gott, was ist passiert?«, fragte sie erschrocken und drehte Doris’ Auge ins Licht, das zur Haustür hereinfiel.
    Doris zuckte nur die Schultern und machte sich sanft los. »Nix. Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit. Hat mich mit dem Ellbogen erwischt, aber es war nur ein Versehen. Der Typ war genauso erschrocken wie ich.«
    »Eine Meinungsverschiedenheit worüber? Mit wem?« Hektische Fragen ausstoßend, folgte Daisy Doris nach drinnen, die schon auf dem Weg anfing, alle möglichen Sachen in ihre Schultertasche zu stopfen. Dann setzte sie sich eine
dunkle Sonnenbrille auf, schlang sich ein Tuch um den Kopf und drehte sich um.
    »Na, wie sehe ich aus? Im Audrey-Look müsste es doch gehen, oder?«
    »Doris! Jetzt mach keine Witze. Bist du geschlagen worden?«
    »Nein, ich hab’s dir doch gesagt«, meinte Doris gereizt. »Komm, lass uns zum Broadway bummeln.«
    Während sie sich an den voll besetzten Coffee-Shops von Glebe vorbeizwängten, die sich fleißig mühten, dem Geschmack ihrer Klientel nach vegetarischen Gerichten und jeder Menge koffeinfreiem Sojamilchkaffee nachzukommen, erzählte Doris, dass es wirklich nur ein Versehen gewesen sei. Sie hatte versucht, einen Kerl loszuwerden, um rechtzeitig in die Arbeit zu kommen, doch der Typ wollte unbedingt noch auf eine letzte ›Nummer‹, wie er sich ausdrückte, bleiben, und als sie versuchte, ihn mit Gewalt aus dem Bett zu zerren, da war er mit dem Ellbogen an ihren Kopf gestoßen.
    »Was soll’s! Ist nun mal passiert«, winkte Doris ab und trat auf die Straße, weil der Gehsteig vor ihnen mit Kaffeetischen und Stühlen voll gestellt war.
    Daisy folgte ihr und packte sie am Arm. Sie hatte das Gefühl, teilweise mit schuld an dieser Sache zu sein. Sie hätte Doris rechtzeitig dazu bringen müssen, mit ihrer verantwortungslosen, gefährlichen Lebensweise Schluss zu machen. »Blödsinn, Doris. Du hast dich mit einem Kerl gestritten, der deine Wohnung nicht verlassen wollte, weil er geil war auf Sex, und er hat dich dabei verletzt. Das ist kein Versehen. Wer war der Mann?«
    »Hab ihn im Laden kennen gelernt. Ist dort mit seiner Freundin aufgekreuzt.«
    »Mit seiner Freundin ?«, fragte Daisy fassungslos.
    »Ja, genau. Aber ich konnte sehen, wie er mir Stielaugen machte – also hab ich ihm heimlich’ne Visitenkarte mit meiner
Privatnummer hinten drauf zugesteckt. Wir waren gestern Abend beim Essen und anschließend ist er mit zu mir gekommen.«
    Als sie wieder auf dem Gehsteig waren, zwang Daisy Doris, stehen zu bleiben. Der Arm ihrer Freundin fühlte sich so zerbrechlich und dünn an wie ein Hühnerflügel. Sie wusste nicht genau, was sie sagen sollte; aber irgendwie musste es ihr gelingen, zur alten Doris, der wirklichen Doris durchzudringen. Der Doris, die sie von der Uni her kannte, eine füllige Griechisch-Australierin mit einem voll tönenden, kehligen Lachen, die in den Chemiestunden immer in bunten, selbst genähten Schürzen auftauchte anstatt in dem üblichen weißen Laborkittel.
    Dann, als sie sich in Nick verliebte – Nick, der aalglatte Süßholzraspler, der irgendwas im Import-Export-Bereich machte oder Unternehmensberatung oder seine eigene Kette von Bräunungsstudios betrieb -, da schien Doris vollkommen glücklich und zufrieden zu sein. Andauernd lud sie Leute zu großen, üppigen Abendessen ein – mit jeder Menge Knoblauch und Rotwein, den, wie sie insgeheim scherzten, Nick wohl direkt aus dem Weinfass zapfte. Eines Abends, nach so einem Essen, hatte Doris sich nicht davon abhalten lassen, alle noch in den Park zum Kinderspielplatz zu schleppen. Daisy erinnerte sich genau daran, dass Doris höher als jeder andere geschaukelt war, das unglaublich lange, schwarze Lockenhaar wie eine Wolke hinter sich herziehend und ihr betörendes Lachen in die Nachtluft

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