Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
erinnerte sie sich daran, dass sie sich der kritischen Phase ihrer IVF-Behandlung näherten. Nächste Woche würden die Eier entnommen werden, und kurz darauf könnten ihr die Embryos wieder eingepflanzt werden. Aber das wusste Nell nicht, also fühlte sie sich töchterlich verpflichtet. »Soll ich noch mal kommen, Mama? Ich werd’s schon irgendwie mit der Arbeit deichseln.«
»Bis dahin ist er längst wieder daheim, keine Sorge. Ich dachte bloß, vielleicht könntest du ihn im Krankenhaus anrufen. Er würde sich sicher unheimlich freuen, deine Stimme zu hören.«
»Klar, mache ich.«
Daisy legte auf und berichtete Carmen, die gerade dabei war, Biskuits und heiße Schokolade auszuteilen, die neuesten Entwicklungen.
»Ich hasse Krankenhäuser«, sagte Carmen.
»Wer nicht?«
»Obwohl, das nächste Mal, wenn du in einem bist, dann wahrscheinlich, um dein Baby zu bekommen.«
Ally hob interessiert den Kopf. »Willst du ins Krankenhaus gehen und dir ein Baby kaufen, Daisy?«, erkundigte sie sich.
Daisy lächelte. »Nein, Süße, ich gehe ins Krankenhaus, um mir ein winzig kleines Baby in den Bauch einpflanzen zu lassen. Und dann hoffen wir, dass es wächst und groß wird; neun Monate später gehe ich noch mal rein und bringe das Baby zur Welt. Auf diese Weise haben wir ein kleines Mädchen wie du oder einen kleinen Jungen wie Ben.«
Ally dachte ein wenig darüber nach. »Ich hoffe, ihr kriegt ein kleines Mädchen. Ich bin viel netter als Ben. Und ich mach auch nicht so viele Sachen kaputt!«
Carmen zischte ›tsts‹. »Ach was, ihr seid beide gleich toll!«
Jetzt blickte Ally ernst drein. »Aber wenn du eine Mami bist, Daisy, dann mach dir ja nicht die Haare rot.«
Daisy blickte Carmen an. »Ich werd’s mir merken. Aber manchmal müssen Mamis so was machen.«
»Wieso?«, fragte Ally und leckte den Kakaoschaum vom Rand ihres Bechers.
»Um nicht zu vergessen, wie glücklich sie sind«, erklärte Daisy.
12
»Weiter, noch weiter zurückstoßen.«
»Was?«, brüllte Tom.
»Noch ein Stück zurück!«, brüllte Daisy. »Und streck deine Rübe aus dem Auto, wenn du was hören willst«, fügte sie leise hinzu.
Vorsichtig lenkte Tom den Anhänger rückwärts durchs Tor in die Auffahrt, inständig hoffend, dass Daisy ausnahmsweise einmal wusste, was sie tat, und er nicht den Hibiskus, der nun endlich richtig blühte, niederwalzen oder, auf der anderen Seite, die fast volle Mülltonne umnieten würde.
»Bin ich drin?«, brüllte er.
»Noch ein Stück. Perfekt. Halt. HALT!«, kreischte Daisy und sprang hurtig beiseite.
Umständlich kletterte Tom aus dem Wagen und stellte sich hin, um den Anhänger zu begutachten, wobei er die verschwitzten Hände an seinen Jeans abrieb.
»Na schön«, sagte er. »Jetzt müssen wir das verdammte Ding nur noch voll packen.«
Daisy nickte verdrossen.
Kürzlich hatte ihnen ein Mann von der Termiteninspektion einen Besuch abgestattet. Leider gehörte er zu der Sorte rechthaberischer Pessimisten, die immer gleich den Kopf schütteln und befürchten, dass der Himmel einstürzt. Er erklärte das alte Holz und den Sperrmüll, der sich unter der Veranda angesammelt hatte, zu einem höchst gefährlichen
Termitenherd. Der Schrott müsse sofort entsorgt werden, am besten gestern. Daraufhin war Tom heute früh gewissenhaft losgezogen und hatte einen Anhänger gemietet. Nun mussten sie unter die Veranda zu all den Spinnen und Ratten kriechen und das ganze Zeugs herausholen: alte Bretter und Holzteile, die Generationen von Vorbesitzern dort deponiert hatten. Und dann weg damit zur Müllkippe! Daisy konnte es kaum abwarten.
Offenbar war das Dasein als Hausbesitzer doch nicht so paradiesisch, wie sie sich das vorgestellt hatte. Alles klang immer so herrlich, bevor man sich dann tatsächlich ein Eigenheim zulegte. Kein Hauswirt mehr, der einem vorschrieb, welche Haustiere erlaubt und welche verboten waren oder wie viele Bilder man an die Wand hängen durfte. Man konnte mit seinem Garten machen, was man wollte, und die Türen in jeder Farbe streichen, die einem, verdammt noch mal, in den Sinn kam. Man konnte jeden Abend durch die Räume wandern und sich diebisch freuen, dass das alles jetzt einem selbst gehörte und keinem andern. Aber in Wahrheit hatte man als Hausbesitzer ständig was am Hals. Jedes Wochenende gab es irgendwas zu erledigen – die Regenrinnen säubern, Unkraut jäten, Wege fegen. Tom erinnerte sie dauernd daran, dass das Haus ihr größtes Kapital war. Und jetzt steckte
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