Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
mechanisch zu erledigen, was nötig war, doch seine Gedanken weilten woanders. »Weißt du«, sagte sie, »ich glaube, das hat überhaupt nichts mit Rob zu tun. Es läuft doch nur darauf hinaus, dass du die künstliche Befruchtung nicht machen lassen wolltest, stimmt’s?«
»Ich mach’s aber, oder?«, sagte Tom schulterzuckend. »Bloß, meiner Ansicht nach hätten wir das Ganze nicht so überstürzen müssen. Du bist doch erst fünfunddreißig.«
Er hatte manchmal das Gefühl, dass Daisy sich einredete, die Menopause säße ihr bereits im Nacken, und sie sich deshalb
in eine richtige Panik reinsteigerte. Dagegen war er der Meinung, dass ihnen leicht sechs, vielleicht sogar sieben Jahre blieben, um Kinder zu bekommen. Und wenn es nicht sein sollte, nun dann wäre da ja immer noch die Jacht …
»Wie oft soll ich dir noch sagen, dass es umso schwieriger wird, je länger man wartet?«, fauchte Daisy und hatte dabei all die Statistiken vor Augen, die sie gelesen hatte über das nach dem fünfunddreißigsten Lebensjahr rasant ansteigende Risiko von Chromosomenanomalien. Irgendjemand hatte den blöden Einfall gehabt, weibliche Eier mit einem Verfallsdatum zu versehen, was furchtbar unfair war, wenn man bedachte, wie viele Jahre Männern zur Zeugung blieben. Tom konnte noch mit siebzig Vater werden, während sie, Daisy, sich in diesem Alter sicher schon ihre erste künstliche Hüfte würde einsetzen lassen müssen. Was für eine Frauenverachtung seitens der Natur!
Sie ergriffen jeder das Ende einer Tür, die irgendwann einmal rot gestrichen worden war, nun jedoch zu einem Orange verblasst war, das in schäbigen Locken abblätterte.
»Von Anfang an habe ich dir gesagt, dass sich dieses Jahr nicht besonders eignet dafür, angesichts meiner beruflichen Situation. Vielleicht ist Robs Krankheit ja eine zusätzliche Bestätigung«, sagte Tom.
Daisy ging rückwärts, über ihre Schulter blickend, um zu sehen, wo sie hintrat, doch nun fuhr ihr Kopf zu ihm herum. »O bitte, benutz doch Rob nicht als Vorwand, um wieder mit der alten Leier über deine berufliche Situation anzufangen! Ich weiß, dass das mit der Datumsumstellung eine Riesenenttäuschung für dich war. Immerhin hast du gehofft, dass die Welt im Dunkeln versinkt und wir draußen im Garten Plumpsklos graben müssten und auf unsere Nachbarn schießen, weil sie versuchen, uns die Blockschokolade zu klauen. Aber so kam’s nun mal nicht. Gott sei Dank! Du solltest erleichtert sein. Also lass es endlich gut sein, ja?«
Sie hatten den Müllberg erreicht, und Tom ließ sein Ende abrupt fallen, was Daisy fast die Arme aus den Gelenken riss. »Genau darum geht’s doch im Grunde, oder nicht, Daisy?« Tom verschränkte die Arme. »Du hältst mich für einen Versager. Der gute alte Tom hat die größte Chance seiner Karriere vermasselt und jetzt kann er nicht mal mehr ein Kind zeugen. Du bist sauer auf mich und das versuchst du zu kompensieren. Bloß gut, dass der blöde Bovis da ist, um meinen Platz einzunehmen.«
Während er sprach, erkannte Tom, wie zornig es ihn insgeheim machte, dass sein Platz bei der Zeugung eines Kindes von einem medizinischen Prozess übernommen worden war. Am Ende bestünde sein Beitrag nur in einem unwichtigen kleinen Getröpfel. Das eigentliche Drama spielte sich bei den Medikamenten ab, die Daisy in den letzten Wochen injiziert bekommen und inhaliert hatte, ganz zu schweigen von der Arbeit, die das Labor übernähme, um das Kind zu erzeugen. Sogar die Implantation bliebe Bill Bovis überlassen, während er, Tom, hilflos am Rande stehen und zusehen durfte. Typisch für das ganze vergangene Jahr, dachte er bitter.
Daisy war bass erstaunt. »Das ist doch keine Frage von deiner Virilität, um Himmels willen. Es geht darum, wie wir schwanger werden. Bill Bovis ist lediglich ein Mittel zum Zweck. Außerdem hast du doch alle Tests gemacht. Dein kostbares Sperma ist völlig in Ordnung. Ich fasse es nicht, wie du das alles wieder so drehst und wendest, dass es nur um dich geht. Du bist furchtbar egozentrisch!«
»Ich kann nun mal nicht ›Juhu‹ schreien bei der Vorstellung, dass dir ein Embryo eingepflanzt wird, den ein anderer Mann gemacht hat. Verklag mich doch, wenn du die Nase voll hast«, tobte Tom.
Daisy bereute es bereits, ihn egozentrisch genannt zu haben. Selbst wenn es stimmte, so hatte ihnen ein Eheberater vor ihrer Heirat eingeschärft, dass man immer nur das Verhalten
und nie den Mann – oder die Frau – kritisieren sollte. Jetzt
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