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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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unbedingt – aber Sie sollten auch auf so einen Ausgang vorbereitet sein«, murmelte der Arzt und warf einen sehnsüchtigen Blick zur Tür.
    »Ernst, aber nicht lebensbedrohlich«, bemerkte Daisy bitter.
    »Äh – wie bitte?«
    »Ernst, aber nicht lebensbedrohlich!«, kreischte Daisy. »Das haben die Ärzte damals gesagt. Und jetzt bringt ihn dieses beschissene Krankenhaus um!«
    »Daisy! Nicht solche Ausdrücke!«, unterbrach Nell und rieb sich die Augen. »Wir wissen doch gar nicht, wie es um Rob steht. Sie deuten an, dass er noch Chancen hat, Dr. Palmer?«
    »Ja, sicher. Es gibt immer eine Chance. Und er ist ein Kämpfer – wirklich!«
    »Dann wird sicher alles gut. Wir lassen ihn nicht sterben. Nicht wahr, Daisy?«
    Daisy starrte ihre Füße an, registrierte jedes Detail ihrer Turnschuhe, als würden sie mittels einer Riesenleinwand in
ihr Gehirn projiziert. Sie sah, dass sich auf einer Seite ihres rechten Schuhs die Naht öffnete und wie ausgefranst die Schnürsenkel waren. Auf dem linken Schuh befand sich ein Dreckfleck und ihr fiel ein, dass sie diese Schuhe auch an dem Tag getragen hatte, als sie und Tom zur Mülldeponie gefahren und ihre Ehe auf einen Abfallhaufen geworfen hatten.
    Nell schüttelte Daisys Arm. »Wir lassen ihn nicht sterben, nicht wahr?«
    Trübe blickte Daisy auf. »Nein, Mama. Wir lassen ihn nicht sterben.«
    »Trotzdem danke, dass Sie so ehrlich zu uns waren, Dr. Palmer«, sagte Nell jetzt mit großer Würde. »Mir scheint, dass das nicht jeder getan hätte. Wir gehen wieder zurück zu Rob. Er wird sich schon fragen, was die ganze Aufregung soll. Werden Sie sofort anfangen, ihn künstlich zu ernähren?«
    »Gewiss, gewiss«, stellte Dr. Palmer in Aussicht und bewegte sich seitlich in Richtung Tür, offenbar froh, mit heiler Haut davonzukommen. Er steckte den schwarzen Stift genau an die Stelle, wo er ihn herausgenommen hatte. Daisy fragte sich absurderweise, ob die Stifte eine Art kodiertes Farbsystem darstellten. Fummelte er immer am Schwarzen herum, wenn er schlechte Nachrichten hatte? Vielleicht zog er ja den Grünen raus, wenn ein Patient gehen durfte und den Roten, wenn er operiert werden musste. Was aber der blaue bedeuten sollte, konnte sie sich beim besten Willen nicht zusammenreimen.
    »Ach so, da wäre noch was«, druckste er herum, und blieb im Türrahmen stehen. »Wir müssen wissen, was wir tun sollen, wenn sein Herz aufhört zu schlagen. Möchten Sie, dass wir es wieder in Gang setzen?«
    Nell blickte ihn verwirrt an. »Selbstverständlich! Wenn er dadurch nicht – stirbt.«
    Der Doktor scharrte mit den Füßen. »Nun, wahrscheinlich
wird ihm das nicht mehr sehr viel helfen. Wenn es einmal so weit gekommen ist, dann können wir ihn höchstens für eine kleine Weile reanimieren – er liegt dann wahrscheinlich bereits im Koma und würde Sie gar nicht mehr wahrnehmen.«
    »Also sollten Sie ihn nicht wiederbeleben – Rob würde es verabscheuen«, sagte Nell fest. »Aber so weit wird es nicht kommen.«
    »Ich hoffe nicht«, nuschelte er und machte sich aus dem Staub.
    Nell zog Daisy auf die Füße und führte sie wie eine Schlafwandlerin zur Station zurück.
    Vor der Tür blieb sie kurz stehen und fragte: »Wie sehe ich aus?«
    Daisy zögerte. »Ganz gut, Mama. Ein bisschen müde vielleicht, aber das lässt sich alles mit etwas Schminke deichseln.«
    »Nein«, sagte Nell ungehalten. »Ich meine, sieht man, dass ich geweint habe?«
    Nochmals musterte Daisy ihr Gesicht. »Ich glaube nicht.«
    »Gut. Und du sagst kein Wort, kein Wort , hörst du? Wenn er glaubt, dass er sterben muss, wird er die Flinte ins Korn werfen. Wir müssen dafür sorgen, dass er weiterkämpft.«
    »Einverstanden, Mama. Ich werde nichts sagen. Aber – ich muss Tom anrufen.«
    »Sicher musst du das.«
    »Ich glaube, er sollte herkommen.«
    Nell zögerte. Daisy wusste, dass sie liebend gerne gesagt hätte, das sei unnötig … zu viel Wirbel um nichts. Aber dafür war die Situation zu ernst.
    »Ja, Liebes. Er sollte kommen.«
    Dann straffte sie ihre zerbrechlichen Schultern, setzte ein strahlendes Lächeln für Rob auf und ging hinein.

14
    Wenn Daisy in späteren Jahren auf die folgenden Tage zurückblickte, dann erinnerte sie sich ihrer wie an eine lange, dunkle Straße, gelegentlich erhellt durch eine einsame Straßenlaterne. Im Schein dieser Laternen flackerte jeweils eine bestimmte Szene auf, die sich aus irgendeinem Grund fest in ihr Gedächtnis geprägt hatte. Doch dazwischen lag nur schmerzliche

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