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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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hinunterbrachte.
    Wenn Rob sich nicht gerade mühte zu schlucken oder zu schlafen oder nur zu atmen, war er rastlos und unruhig. Er konnte nicht viel reden, entweder weil sein Hals zu wund war oder er seine ganze Kraft zum Luftholen brauchte. Daisy und Nell verbrachten viel Zeit damit, ihn höher oder tiefer zu betten und die Kissen für ihn zurechtzuschütteln. Oder sie mussten ihn zu seiner Sauerstoffmaske überreden, beziehungsweise riefen nach Bettpfannen oder Urinenten, die er dann doch nicht benutzen konnte. Schon bald tat Daisy der Rücken und Schulterbereich an Stellen weh, wo sie gar nicht gedacht hätte, dass dort Schmerzrezeptoren existierten.
    Auch Dr. Palmer schaute kurz herein. Daisy stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass alle Stifte an Ort und Stelle blieben.
Das war vielleicht ein gutes Zeichen. Immerhin griff er nicht gleich nach dem Schwarzen, sobald er Rob sah. Tatsächlich schien es gar nicht schlecht um ihn zu stehen.
    »Er hält sich«, sagte Dr. Palmer feierlich.
    Nell beugte sich vor und drückte Daisys Hand.
    »Wenn er so weitermacht …« schränkte der Doktor, über sein Klemmbrett gebeugt, ein.
     
    Noch eine Szene. Rob zupfte ängstlich an seiner Sauerstoffmaske.
    »Nein, nicht Dad, du musst sie aufbehalten«, flehte Daisy, wohl zum fünfzigsten Mal an diesem Tag.
    Rob lüftete die Maske und hob eine zittrige Hand an sein Gesicht. »Juckt«, röchelte er. »Rasieren.«
    »Du möchtest rasiert werden?«, fragte Daisy eifrig.
    Er nickte.
    »Das ist gut. Wird gemacht. Vielleicht kann Tom das ja übernehmen.«
    Während Daisy und Nell den ganzen Tag auf den beiden Besucherstühlen, die in jedem Zimmer vorhanden waren, verbrachten, kam Tom immer wieder still herein, um zu sehen, ob sie etwas brauchten. Er besorgte Tee oder saß im Besucherzimmer und las alte Ausgaben der Bobeda Gazette . Sie fand ihn am Fenster stehend und auf den Parkplatz hinunterblickend, die Hände tief in den Taschen seiner alten Jeans vergraben. Daisy fragte sich, was er da draußen wohl sah – ein asphaltierter Parkplatz hatte wenig Interessantes zu bieten, oder?
    »Tom?«, sagte sie zögernd.
    »Daisy.« Er kam sofort auf sie zu. »Wie fühlst du dich?«
    »Es geht. Nein, eigentlich nicht. Könntest du mir einen Gefallen tun und Dad rasieren? Er sagt, sein Gesicht juckt.«
    Sie sah, dass Tom vor dieser Aufgabe zurückschreckte. Natürlich hatte er nie jemanden außer sich selbst rasiert,
und das bei seinem Schwiegervater zu erledigen, erschien ihm schrecklich intim. Aber eindeutig gab er sich jetzt einen Ruck und nickte ein paar Sekunden später. »Selbstverständlich.«
    So blieb auch dieses Bild in Daisys Gedächtnis haften: Rob, in seinem weißen Flügelhemd, aus dem ein knochiges Schlüsselbein hervorragte, weil das Hemd am Rücken immer wieder aufging; Tom, der sich mit Robs altem Elektrorasierer über ihn beugte und versuchte, die rauen Stoppeln von den eingesunkenen Wangen des alten Mannes zu entfernen.
    Zuerst stellte er sich recht ungeschickt an und musste sich dauernd bei Rob entschuldigen, weil er entweder zu fest drückte oder nicht fest genug.
    »Da hab ich was übersehen, ich muss noch mal drüber«, erklärte Tom und legte vorsichtig die andere Hand an Robs Gesicht, um die Haut zu spannen.
    »Danke«, stieß Rob hervor.
    Allmählich jedoch wurde Tom sicherer. Bald glitt der Rasierer sanft und behutsam über Robs Wangen, Mund und Hals. Daisy schaute wie gebannt zu. Das zu sehen, wie Tom ihrem Vater diesen Dienst erwies – dafür könnte sie ihn bis an ihr Lebensende lieben. Aber wie sollte sie ihm das sagen?
    »Danke«, keuchte Rob, als Tom fertig war. »Fühlt sich …«, er rang nach Luft, »… schon besser an.«
    Tom trat zurück. »Ich gehe nur rasch und mach ihn gleich sauber, dann können wir ihn morgen wieder benutzen.« Anschließend wandte er sich zu Daisy um. »Und dann sollte ich, glaube ich, etwas zu essen für euch besorgen. Ihr müsst auch bei Kräften bleiben.«
    Daisy nickte stumm, die Augen voller Tränen.
    Weitere endlose Stunden vergingen, in denen sie auf beiden Seiten seines Betts saßen, darauf wartend, dass er den kleinsten Wunsch äußerte und sie springen konnten. Als er
verkündete, dass er sich einen egg nog wünschte, hechtete Tom in den Wagen und sauste zum nächsten Spirituosenladen, um eine Flasche Brandy zu kaufen, den Daisy mit Milch und Zucker mischte und in dem kleinen Mikrowellengerät im Besucherzimmer erhitzte.
    Noch eine Szene. Nell hielt ängstlich an der Tür

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