Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
reden.«
»Da gibt’s nicht viel zu sagen«, meinte Daisy traurig. »Ich
muss das einfach irgendwie durchstehen. Wir hoffen immer noch …«
»Oh, das wird schon wieder! Und halte mich weiter auf dem Laufenden. Falls ich irgendwas tun kann, du weißt ja …«
»Ja, danke.«
Dann kam Doris dran.
»Ach, Daisy!«, schmetterte Doris. »War gerade auf dem Weg zur Arbeit … bin wieder mal spät dran. Aber ich wollte mich längst bei dir bedanken, dass du diese Kurse für mich rausgesucht hast. Diesmal werde ich ganz sicher was unternehmen.«
»Ich will dich nicht aufhalten, nur schnell sagen, dass mein Vater wieder im Krankenhaus liegt und …« Daisy holte zittrig Luft, »sie glauben, dass er es vielleicht nicht schafft.«
»O mein Gott, o mein Gott«, murmelte Doris. »Das ist ja schrecklich.«
Daisy hörte eine Männerstimme im Hintergrund, die wahrscheinlich fragte, was so schrecklich war.
»Wer ist das?«, wollte Daisy wissen.
Auf einmal wurde sie furchtbar wütend, wütend auf Doris, die so unvorsichtig war, ihr Leben einfach wegzuwerfen, vielleicht sogar buchstäblich. Sie merkte, wie ihr heftige Worte über die Lippen kamen und machte keinen Versuch, sie zurückzuhalten. »Ich fasse es nicht, dass du schon wieder jemanden aufgegabelt hast«, brüllte sie beinahe. »Ist es nicht allmählich Zeit, dass du erwachsen wirst und die Augen öffnest? Mit allem zu schlafen, was zwei Beine und einen Schwanz hat, ist nicht schick oder modern oder auch nur amüsant, sondern schlicht und einfach dumm. Kein Schwein kümmert’s, ob du nun Modedesignerin wirst oder bis an dein Lebensende hässliche Sackkleider an fette Hausfrauen verkaufst. Es geht darum, dass du dich endlich mal
anschaust und anfängst, dich wieder ein bisschen zu mögen. Und glaub mir, jeden Versager in Sydney zu bumsen wird dir nicht dabei helfen!«
Am anderen Ende der Leitung wurde es still. Daisy wusste, dass sie zu weit gegangen war. Wahrscheinlich hätte Doris jetzt am liebsten den Hörer auf die Gabel geknallt, traute sich aber nicht wegen der Sache mit Rob.
Schließlich setzte Doris an: »Weißt du, es ist Harry, erinnerst du dich noch, der Typ, den ich zu deinem Grillfest mitgebracht hab? Er hat mich vor ein paar Tagen angerufen und seitdem sehen wir uns.«
Daisy merkte, wie sie rot wurde. »Ach so! Trotz des Jogginganzugs …«
»Ja, trotzdem. Scheint, als würde daraus so was wie, na ja,’ne Beziehung.«
Daisy hörte, wie Harry im Hintergrund rief: »So was wie? So was wie?«
»Das finde ich toll«, freute sie sich für die Freundin.
»Ach vergiss es, es ist unwichtig«, sagte Doris. »Das Einzige, was jetzt zählt, bist du und dein Dad. Das sind ja ganz schlimme Nachrichten.«
»Das Schlimmste ist, sie sagen, er hätte sich einen von diesen ganz bösen Keimen eingefangen, wie sie heutzutage in den Krankenhäusern rumschwirren, du weißt schon, diese Staphylokokken oder so ähnlich. Wenn also was passiert, dann bloß, weil er wegen der Lungenentzündung da rein musste. Das macht alles so absurd und sinnlos. Obwohl das wahrscheinlich in der Natur der Dinge liegt.«
»Ich verstehe, was du meinst«, bestätigte Doris. »Pass auf, Schätzchen, du hast ja meine Nummer. Kannst jederzeit anrufen, Tag oder Nacht und ich bin sofort da, wenn du mich brauchst. Ich hatte ohnehin schon überlegt, ob ich nicht demnächst mal wieder nach Melbourne zu meinen Alten runterfahren soll. Wenn ich es schaffe, mich aus dem Geschäft
loszueisen, dann besuche ich dich in den nächsten Tagen auf der Farm. Das Mindeste, was ich tun könnte, wäre ein bisschen dableiben und euch mit Lasagne oder so was verwöhnen.«
»Klingt gut. Ich rufe dich an, wenn ich dich brauche«, sagte Daisy. Sie blickte auf und sah Tom in der Tür stehen, die Haare noch feucht von der Dusche.
»Ich muss los, Doris, aber ich melde mich bald wieder!«
Die nächste Szene, die ihr lebhaft im Gedächtnis stand, war die Fahrt zum Krankenhaus. Tom und Daisy sprachen zwar kaum, doch Tom streckte den Arm aus, ergriff ihre Hand und ließ sie bis zu ihrem Ziel nicht mehr los.
Dieser Tag im Krankenhaus war der längste in Daisys Leben. Rob wurde nun über einen Nasenschlauch flüssige Nahrung zugeführt; aber Nell und Daisy mühten sich trotzdem nach Kräften, ihm auch etwas anderes schmackhaft zu machen. Jeder einzelne Löffel Joghurt war ein kleiner Sieg. Daisy wechselte sich mit Nell ab und schob Rob das süße weiße Zeug zwischen die Lippen, von dem er jedoch nur sehr wenig
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